Kommentar
07:42 Uhr, 14.11.2017

Dieses Warnsignal ernst nehmen?

Wir befinden uns mitten in der Zeit der Jahresendrally. Nun fallen die Kurse, in Deutschland sogar recht dynamisch. Was steckt dahinter?

Im Nachhinein ist man natürlich immer klüger. Deswegen mangelt es nicht an Erklärungen, weshalb der Markt gerade fällt. Kaum wird einmal nicht täglich ein neues Allzeithoch erreicht, wird schon wieder der Teufel an die Wand gemalt und ein Schuldiger gesucht. Angeblich ist es die US-Steuersenkung, die Anlegern derzeit nicht schmeckt.

Die Steuersenkung könnte später kommen als gedacht. Das hat tatsächlich eine handfeste Relevanz für Anleger. Je später die Steuern sinken, desto später steigen auch die Gewinne der Unternehmen aufgrund niedrigerer Belastung. Die Steuersenkungen sind aber US-spezifisch. Es erklärt nicht, weshalb der Dax einknickt.

Dafür gibt es nun auch eine andere Erklärung. Ein Warnsignal hat sich eingestellt. Grafik 1 zeigt, worum es geht. Seit drei Wochen knicken die Preise von Ramschanleihen ein. Das ist ein wichtiges Warnsignal. Für gewöhnlich fallen die Kurse von Ramschanleihen bevor Aktienkurse fallen. Sie sind ein guter Vorlaufindikator.

Die Vorlaufzeit beträgt für gewöhnlich mehrere Wochen. Streng genommen haben Ramschanleihen schon seit Ende Juli kein neues Hoch mehr erreicht. Die Divergenz zwischen Anleihen und Aktien besteht also schon eine ganze Weile. Sie ist also durchaus ernst zu nehmen.

Ramschanleihen sind ein guter Indikator, weil sie die Risikobereitschaft von Anlegern widerspiegeln. Werden hochverzinsliche Anleihen verkauft, ist der Risikoappetit nicht mehr so groß. Aktien sind ebenfalls riskante Assets, doch der Kreditmarkt reagiert für gewöhnlich vor dem Aktienmarkt.

Nun gibt es allerdings einen Haken. Die Korrektur auf dem Anleihemarkt ist durch einen Sonderfaktor bedingt. US-Unternehmen platzieren derzeit Anleihen in nie dagewesenen Ausmaß. Sie tun das wegen der erwarteten Steuerreform. Diese soll die Abzugsfähigkeit von Zinsen begrenzen. Daher werden nun noch schnell Anleihen platziert, um von der aktuellen Regelung profitieren zu können.

Die Rendite steigt daher nicht nur bei Ramschanleihen, sondern auch bei Investment Grade Papieren. Das Warnsignal relativiert sich also. Betrachtet man eine längere Historie von Ramschanleihepreisen (Grafik 2), so ist das Warnsignal kaum zu erkennen. Die Relevanz darf man also durchaus hinterfragen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass nicht jeder Rückgang der Preise großes Unheil für Aktien bedeutet. 1994 fielen die Preise von Ramschanleihen. Den Aktienmarkt kümmerte das kaum. Auch wenn Hochzinsanleihen ein sehr guter Indikator sind, so liegt die Trefferquote von Signalen bei weitem nicht bei 100 %.

Ich bin skeptisch, was die Erklärungsversuche anbelangt. Die Steuerreform macht wenig Sinn. Wäre dies der Grund, ist etwas schleierhaft, weshalb auch Aktien in Deutschland und Japan fallen sollten. Auch die Risikobereitschaft ist nur ein mäßig guter Erklärungsversuch, da Sonderfaktoren einen Sell-off bedingt haben.

Für mich wirkt es eher so, dass Anleger nun einfach ein paar Gewinne mitnehmen. Es ist ja nicht so, dass die Performance der letzten Wochen nicht gut gewesen wäre. Schwerwiegende Ursachen für den Sell-off kann ich derzeit noch nicht ausmachen.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Bigdogg
    Bigdogg

    Welcher Indikator hat denn bitte eine Treffergenauigkeit von 100%?? Das es hier nicht zu 100% reicht als Negativpunkt zu transportieren ist schon ne Leistung!

    08:53 Uhr, 14.11. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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