Kommentar
08:37 Uhr, 28.02.2017

Dieses Versprechen wird Trump nicht einlösen!

Manchmal weiß der Markt mehr als die Entscheidungsträger selbst. Das war in der Vergangenheit schon bei der Notenbank der Fall. Nun folgt die Politik.

Es ist schon fast ein wenig unheimlich, wie viel der Markt weiß. Der Markt wusste zum Beispiel, dass es 2016 nur einen Zinsschritt geben würde, obwohl die Fed selbst lange von 2 Schritten sprach. Man könnte auch sagen: der Markt wusste besser als die Notenbank selbst, was die Notenbank tun würde.

So viel Weisheit ist ein wenig erschreckend, immerhin ist der Markt eine Ansammlung von Einzelmeinungen. Der Konsens scheint die Realität jedoch gut widerzuspiegeln. Es ist wohl doch etwas an dem Begriff Schwarmintelligenz dran.

Wie dem auch sei, die kollektive Intelligenz schlägt wieder zu, diesmal bei der Grenzsteuer. Auf der Agenda der Republikaner steht schon lange die Vision einer Grenzübertrittssteuer. Bei dieser Steuer sollen Importe besteuert werden, Exporte hingegen nicht.

Das Vorhaben schien nach der Wahl Trumps realistischer zu werden. Trump selbst hat mit dieser Art der Steuer zwar wenig zu tun (erfunden haben sie andere), doch er will ja die Exportindustrie stärken. Eine Möglichkeit, um dies zu tun, wäre diese Grenzsteuer. Der Markt bildet sich dazu so langsam seine Meinung und kommt aktuell zu dem Schluss: die Steuer wird nicht kommen.

Wie kommt der Markt zu so einer Schlussfolgerung? – Dazu muss man ein wenig ausholen. Der Indikator der Wahl beruht nämlich auf den Ölpreisen. Das wirkt auf den ersten Blick etwas skurril, macht aber tatsächlich Sinn.

Das Wall Street Journal hat diesen Fall vergangene Woche ausführlich behandelt. Dabei lässt sich anhand der Ölpreise ablesen, wie wahrscheinlich die Einführung der Steuer ist. Konkret geht es dabei um den Preisunterschied zwischen WTI und Brent. Letzteres ist der globale Benchmark.

WTI war lange Zeit teurer als Brent. Grafik 1 zeigt die Historie. Der Spread zwischen WTI und Brent war über Jahrzehnte positiv und erreichte teils an die 10 Dollar. Dann kam der Ölboom in den USA. WTI, obwohl es sich von Raffinerien besser verarbeiten lässt und somit als höherwertig gilt, verlor stärker als Brent. Der Spread wurde negativ.

In den letzten Monaten hat sich der Spread etwas normalisiert. Dies war unter anderem dem Rückgang der US-Ölproduktion zu verdanken. Insgesamt hat die Produktion in den USA über einen längeren Zeitraum gesehen jedoch wenig Einfluss auf den Preis. Grafik 2 zeigt den Vergleich.

Je mehr WTI gefördert wird, desto weniger wahrscheinlich ist ein Preisaufschlag. So viel lässt sich immerhin sagen. Nun steigt die WTI Produktion in den USA seit einigen Monaten wieder rasant an. Eigentlich sollte der WTI Preis entsprechend geringer sein als der Brent Preis. Das war auch bis zur Wahl des neuen Präsidenten so.

Grafik 3 zeigt um wie viel teurer Brent gegenüber WTI in den letzten 12 Monaten war. Brent handelte zu einem Aufschlag von 2-3 Dollar. Nach der Wahl Trumps reduzierte sich der Spread schnell auf 0. Das macht überhaupt keinen Sinn, denn die Produktion stieg in diesem Zeitraum weiter an.

Eine Grenzsteuer würde Ölimporte verteuern und der heimischen Ölproduktion einen erheblichen Preisvorteil verschaffen. Die Nachfrage nach WTI würde entsprechend steigen und dafür sorgen, dass der WTI Preis steigt. Wichtiger als dieser Faktor ist die Steuer selbst. Sind Importe teurer als die Exporte, so ließe sich ohne eine Preisanpassung von WTI nach oben massive Arbitrage betreiben.

Unterm Strich bedeutet die Grenzsteuer, dass der WTI Preis steigen muss. Der Spread nahm das für Ölfutures mit Lieferung Ende 2019 vorweg (die Steuer würde ja nicht sofort eingeführt, sondern wohl frühestens 2018, wenn nicht sogar später). Inzwischen weiter sich der Spread wieder aus. Der Markt räumt der Steuer eine immer kleinere Umsetzungschance ein. So wie es aussieht, kommt die Steuer nicht. Zumindest denkt der Markt gerade so.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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