Kommentar
16:06 Uhr, 18.12.2017

Die wahren Risiken für 2018

Das Jahresende ist immer ein guter Anlass für Prognosen. Diese fokussieren sich für gewöhnlich auf Risiken, aber es gibt auch Chancen.

Zu Jahresende übertreffen sich Banken und sonstige Finanzinstitute mit Prognosen, Risiken, Kurszielen und Untergangsfantasien. Vor einigen Tagen machte eine Liste von 30 Risiken für 2018 die Runde. Gesponsert wurde diese von der Deutschen Bank.

Wieso diese Liste so große Aufmerksamkeit erhielt, erschließt sich mir nicht ganz. Ein Großteil wirkt recht hingeklatscht. Erklärungen, weshalb es Risiken sind und was sie bedeuten, gibt es kaum. Da ist zum Beispiel das erste Risiko zu nennen: höhere Inflation in den USA ab Q2 2018. Mag sein, dass die Inflation dann steigt, mag aber auch nicht sein. Wenn es passiert, was bedeutet das? Wieso ist das überhaupt ein Risiko? Die Antwort bleibt uns die Bank schuldig.

Persönlich habe ich mehr Sympathie für gehaltvollere Aussagen und Darstellung von Risiken, die ein Fundament haben. So wird auch Nordkorea als Risiko gelistet. Ebenso könnte man einen Meteoriteneinschlag als Gefahr auflisten. Der Gehalt wäre ähnlich gut.

Wie dem auch sei, handfeste Risiken liegen vermutlich andernorts. Das US Office of Financial Research (OFR) misst die Risiken in den USA. US-Risiken sind auch Risiken für die Welt. Der Zustand der USA könnte schlimmer sein. Einige Gefahren lauern aber unter der Oberfläche.

Das OFR sieht die größten Risiken in der hohen Staatsverschuldung, in hohem Verbrauchervertrauen, welches euphorische Züge annimmt, Inflation und in der hohen Verschuldung von Unternehmen (Grafik 1). Die Grafik ist dabei so zu lesen: je höher ein Wert ist, desto höher ist auch das Risiko. Die Skala geht von 1 bis 6.

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Das OFR liefert keine ausführliche Interpretation mit. Darum muss man sich selbst kümmern, doch die meisten Aspekte erschließen sich relativ schnell. Eine hohe Staatsverschuldung, die in den kommenden Jahren dank sinkender Steuern weiter steigen wird, schränkt den Spielraum des Staates immer weiter ein. Die Handlungsfähigkeit ist gerade in einem Abschwung stark beeinträchtigt. Das ist ein Risiko, welches sich jedoch nicht sofort bemerkbar macht.

Es wird dann relevant, wenn es eben nicht mehr so gut läuft wie jetzt. Dass es nicht ewig so weitergeht wie derzeit, liegt ebenfalls auf der Hand. Dafür sorgen die Konsumenten, die nicht nur euphorisch sind, sondern auch wieder so langsam an die Grenzen des Möglichen stoßen. Die Verschuldung steigt, die Einkommen reichen nicht, um den Konsum zu finanzieren und die Sparquote ist ebenfalls mickrig.

Verschuldung ist auch bei Unternehmen ein Problem. Kommt ein Abschwung, weil Konsumenten einfach nicht mehr mehr konsumieren können, wird es ungewöhnlich viele Insolvenzen geben. Das kann ein Staat durch Konjunkturhilfen verhindern, doch wie einfach das sein wird, wenn die Verschuldung schon in guten Zeiten durch die Decke geht, kann man sich vorstellen.

Höhere Inflation führt ganz nebenbei zu höheren Zinsen, die den Weg in einen Abschwung ebnen können. Spätestens dann wird auch der Markt aufwachen. Der Anleihemarkt ist ebenso hoch bewertet wie der Aktienmarkt. Auch Hauspreise, die oftmals der wichtigste Vermögensbaustein der Haushalte sind, sind wieder gefährlich hoch. Ein Rückgang der Preise würde weiter auf dem Konsum lasten.

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An Risiken mangelt es nicht. Es gibt aber auch gute Nachrichten, denn all die Risiken müssen nicht gleich zu einer Krise führen. Das Risiko im Finanzsystem selbst (Grafik 3) ist überschaubar. Wenn der nächste Abschwung kommt, dann wird er eher mit dem ab 2000 vergleichbar. Das Finanzsystem war schon lange nicht mehr so gesund wie jetzt.

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Ob es 2018 zu einem Abschwung kommt, werden wir abwarten müssen. Ich kann mir das zwar vorstellen, aber ausgemachte Sache ist das noch lange nicht. Es kann auch noch 2-3 Jahre so weitergehen wie bisher. Die wichtigste Aussage ist aber: man muss vor diesem Abschwung keine Angst haben. Aktien können stark verlieren. Das ist in Bärenmärkten nun einmal so. Einen Zusammenbruch wie 2008 sehe ich allerdings einfach nicht. Dazu ist das Finanzsystem zumindest in den USA zu solide.

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    2008 war für das Finanzsystem die Ouvertüre zu "Spiel mir das Lied vom Tod". Die Vorführung wurde allerdings von den Notenbanken durch den Einsatz höchst "unkonventioneller" Methoden unterbrochen. Das System war damals, im Herbst 2008 nur noch einen Wimpernschlag von der Kernschmelze entfernt und seit dort, handeln die Notenbanken frei nach dem Motto "mit vollen Hosen läßt sich gut stinken" und sie haben die Hosen mächtig voll, die Herren des Geldes, also wurde aus der Not eine Tugend gemacht und die Flucht nach vorne angetreten. Draghi, Yellen & Co. reiten seit 2008 den Schuldentsunami, der um die Welt rast und wenn sie abgeworfen werden, ist das Spiel aus, rien ne va plus.

    Nahezu 10 Jahre wurde somit der Dreck unter den Teppich gekehrt und die Verschuldung der Industriestaaten auf einen völlig durchgeknallten Level hochgefahren. Auf unglaubliche 215 Billionen USD belaufen sich heute die Gesamtschulden der Welt, das entspricht mehr als der dreifachen jährlichen Weltwirtschaftsleistung und vor diesem Hintergrund, ist die Story einer prosperierenden Welt lediglich ein potemkinsches Dorf. Die Starökonomen der Gegenwart versuchen jedoch alles, um diese total aus dem Ruder gelaufene Schuldenspirale schön zu reden, Euphemismus in Reinkultur und ein Verbrechen an den Steuerzahlern. Ähnlich wie sich ein Alkoholiker seine Welt regelmäßig schön saufen muß, um sie noch zu ertragen, verfahren auch die Notenbanken, die Dosis muß unterm Strich über die Jahre ständig erhöht werden, denn käme der kalte Schulden-Entzug, dann würde das Finanzsystem auf der Stelle tot umfallen. Homöopathische Minizinsschritte wie sie seit zwei Jahren die FED zelebriert, dienen nur dazu, den schönen Schein zu wahren.

    Inzwischen bewirkt jeder neue Schuldendollar nur noch eine minimale Steigerung der Wirtschaftsleistung und im Angesicht einer vehement abflachenden Zinskurve, die nicht mehr weit davon entfernt ist, invers zu werden, könnten die Notenbankzauberer in den nächsten 24 Monaten ernsthaft auf die Probe gestellt werden. Eine Rezession, eventuell eine gar garstige Rezession, könnte dafür sorgen, das sich der Dreck nicht mehr unter den Teppich kehren läßt und sich auch der gemeine Bürge(r) ernsthaft die Frage stellt, wessen Wohl die Damen und Herren Gelddrucker tatsächlich im Sinn haben, seines jedenfalls nicht, denn bei den Notenbankern und in der Politik wird gerne nach dem Grundsatz gehandelt, "den Bürgen sollst du würgen".

    Fazit:

    Das gegenwärtige Finanzsystem ist die Mücke, auf der Suche nach der Windschutzscheibe. 87, 2000 und 2008 konnte die Mücke den Aufprall jeweils verhindern. Irgendwann jedoch wird es einen häßlichen, roten Fleck auf der Frontscheibe geben, dann hat auch die Mutter aller Blasen ihre Nadel gefunden.

    23:37 Uhr, 18.12. 2017
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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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