Kommentar
16:10 Uhr, 16.06.2014

Die Vorhersagekraft der Märkte

Den Märkten wird unterstellt ca. 8 von 5 Rezessionen vorherzusagen. Das stimmt nicht. Es ist sogar noch viel schlimmer.

Seit 1900 gab es in den USA 21 Rezessionen. Alle fünfeinhalb Jahre sollte es also ungefähr zu einer Rezession und einer entsprechenden Korrektur kommen. Tatsächlich gab es aber 21 Korrekturen während einer Rezession und 21 Korrekturen ohne Rezession. Alle 2,3 Jahre stürzt der Markt im Durchschnitt ab.

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Wenn das passiert, dann dauern Korrekturen während einer Rezession in etwa 15 Monate. Bei Korrekturen ohne Rezession ist die Dauer sehr viel kürzer mit lediglich 10 Monaten. In diesen Korrekturen scheint der Markt darauf zu warten, dass das dicke Ende noch kommt. Meist kommt es nicht. Wenn nach Korrekturbeginn innerhalb von 3 Monaten kein negatives Wirtschaftswachstum zu verzeichnen ist, dann kommt es für gewöhnlich auch nicht. Im Durchschnitt fangen Märkte, wenn sie Recht haben (also wenn wirklich eine Rezession folgt), 2,3 Monate vor Rezessionsbeginn an zu korrigieren.

Die Vorhersagekraft der Börse ist damit nicht besonders gut. Weder werden Rezessionen korrekt vorhergesagt (eine Trefferquote von 50 % ist nicht besser als ein Münzwurf und daher eher beliebig) noch erkennen die Märkte innerhalb einer angemessenen Zeit, ob es tatsächlich zu einer Rezession kommt oder nicht.

Gleiches gilt übrigens auch für das Ende von Rezessionen. Märkte beginnen für gewöhnlich nicht mehr als 3 Monate vor Ende der wirtschaftlichen Kontraktion wieder zu steigen.

Interessant ist auch das Ausmaß des Irrtums. Während einer Rezession korrigieren Märkte im Durchschnitt 26 %. Korrekturen ohne Rezession sind mit 22 % nur knapp dahinter. Dadurch, dass die Korrekturen ohne wirtschaftlichen Abschwung kürzer andauern, ist der Verlust pro Monat allerdings deutlich höher. Die Angst vor einer möglichen Rezession scheint größer zu sein als die tatsächlichen Auswirkungen - ganz nach dem Motto sell the rumor, buy the fact. Ist der Markt unsicher, verkauft er lieber en masse. Ist klar, was wirklich passiert (z.B. 1 % Kontraktion), ist das Markt weitaus gelassener.

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Eine Rezession muss nicht notwendigerweise zu einer Korrektur führen (Bild 3). 1918, 1926 und 1953 stiegen die Kurse sogar während des Abschwungs. Der Markt scheint damit so eine Art Gedächtnis zu haben. Je heftiger die Korrektur in einer Rezession, desto wahrscheinlicher sind in der Folge Korrekturen ohne Abschwung. In den 30er Jahren war das ziemlich offensichtlich. Investoren waren noch so in Angst und Schrecken, dass sie sich von einer Korrektur zur nächsten hangelten. Ähnlich war es 2010 und 2011. Waren Rezessionen hingegen nicht so dramatisch wie befürchtet, dann ist die Korrektur danach auch meist kleiner. Es gibt also schon eine gewisse, wenn auch schwache, Autokorrelation.

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Vergleicht man schlussendlich Korrekturen ohne Abschwung, Rezessionen und den Dow Jones, dann ergibt sich eine interessante Erkenntnis: "es ist wurscht." Der Konjunkturzyklus hat natürlich einen Einfluss auf die Kurse, allerdings macht es fast keinen Sinn danach zu handeln. Zwischen Rezessionen kommen so viele Korrekturen und signifikante Rückgänge an den Märkten sind letztlich Münzwürfe. Nach der wirtschaftlichen Lage zu handeln bringt keinen Vorteil. Man sollte daher als Anleger neben dem Big Picture vielmehr die kurzfristige Dynamik im Auge behalten, also Stimmung der Marktteilnehmer. Das ist wesentlich zuverlässiger als nach der Konjunkturzu investieren bzw. zu traden.

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Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • Protheus
    Protheus

    8 von 5 Rezessionen? Nicht schlecht, das ist mehr als 100 Prozent! Daran hätte ich auch so meine Zweifel =)

    22:04 Uhr, 16.06.2014
    1 Antwort anzeigen
  • schimpanse69
    schimpanse69

    wer hätte das gedacht ;-)

    16:51 Uhr, 16.06.2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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