Kommentar
14:14 Uhr, 12.09.2018

Die USA sind viel zu reich

Reich zu sein ist eigentlich etwas Gutes. Es ist eines von den Dingen, von denen man nicht genug haben kann. Genau das ist in den USA aber der Fall. Das Land ist zu reich.

Der Reichtum der USA ist per se nichts Schlechtes. Das Problem ist eher, woher der Reichtum kommt. Ein Großteil hat nichts mit realen Werten zu tun. Von dem Vermögen von 116 Billionen USD steckt ein Viertel in Immobilien. Weitere 10 Billionen USD stecken in anderen greifbaren Gütern wie Autos usw.

Der Rest teilt sich auf Aktien und Anleihen auf, sowie etwas schwammige Vermögenswerte wie Pensionsansprüche. Letztere belaufen sich auf 23,5 Billionen USD. In Aktien stecken fast 18 Billionen USD und in Anleihen etwa 10 Billionen USD. Direkt auf dem Konto und in Geldmarktfonds liegen 11 Billionen USD. Der Rest entfällt auf Ansprüche aus Lebensversicherungen.

Das Finanzvermögen macht 2/3 des Gesamtvermögens aus. Vom Aktienmarkt hängen vermutlich 25-30 Billionen USD ab und vom Anleihemarkt 10-15 Billionen USD. Ein Bärenmarkt bei Aktien und ein Zinsanstieg bei Anleihen würde richtig wehtun.

Ein Großteil des Vermögens kann sich fast über Nacht in Luft auflösen. Insbesondere der Aktienmarkt sollte hier im Fokus stehen. Dieser ist nach so ziemlich allen Maßstäben hoch bewertet. Grafik 1 zeigt dazu das klassische KGV. Sieht man von der Internetblase ab, war das KGV in der Historie selten höher.

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Manche bevorzugen das Shiller KGV. Es ist das inflationsbereinigte 10-Jahres KGV (Grafik 2). Hier gab es bisher nur einen Fall, die Technologieblase, der das KGV höher hat ausfallen lassen. Mehrere Billionen USD an Vermögen sind also nur vorhanden, weil der Aktienmarkt geradezu wahnwitzig bewertet ist.

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So kommt es, dass das Nettovermögen der Haushalte gegenüber der Wirtschaftsleistung inzwischen bei mehr als 500 % liegt (Grafik 3). Das Fünffache der Wirtschaftsleistung ist als Vermögen vorhanden. Es konzentriert sich allerdings auf Finanzvermögen.

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Das Vermögen ist heute höher als vor dem letzten Bärenmarkt und der Internetblase. Es ist 60 Prozentpunkte höher als vor 20 Jahren und über 30 Prozentpunkte höher als 2006. Auf den ersten Blick ist das eigentlich schön. Auf den zweiten Blick muss man sich fragen, wie viel Reichtum gerechtfertigt ist.

Über 50 Jahre lang schwankte das Vermögen zwischen 300 % und 400 % der Wirtschaftsleistung. Erst seit kurzem ist es explosionsartig am Steigen. Das Vermögen ist sehr viel schneller gewachsen als die Wirtschaft und sämtliches Greifbares wie Immobilien und Infrastruktur.

Die Wirtschaft wächst immer langsamer und Staat und Unternehmen verschulden sich immer mehr. Die Schulden des einen sind natürlich das Vermögen des anderen. Die Rechnung geht trotzdem nicht auf. Der Großteil des Vermögenszuwachs lässt sich allein durch Bewertung erklären, also z.B. einen Aktienmarkt, der historisch gesehen stark überbewertet ist.

Wäre der Aktienmarkt normal bewertet, sähe die Vermögenslage ganz anders aus. Es vermittelt den Eindruck, dass Unmengen an Vermögen vorhanden ist. Das kann sich aber von heute auf morgen ändern. Das ist ein Problem, denn der Konsum ist stark vom Vermögen abhängig (Grafik 4).

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Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Bewertungen wieder normalisieren und dem Konsum und damit der Wirtschaft einen herben Schlag versetzen. Der Eindruck von Vermögen ermuntert zu hohe Ausgaben. Kommt das Erwachen, wird es bitter. Es wäre besser und gesünder, wenn die Bewertung normal geblieben wäre. So aber wird zu viel konsumiert – man hat ja Vermögen – als es unter anderen Umständen der Fall gewesen wäre. Am Ende fehlt jedoch die Substanz. Das Fundament ist ziemlich brüchig.

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7 Kommentare

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  • Gruf
    Gruf

    Ja eh, und wenn wir die Einwohnerzahl Europas durch 40 dividieren, bekommen wir genau die Anzahl der Bergbauernhöfe, die nötig sind um Messner's Modell umzusetzen :-)

    11:02 Uhr, 13.09.2018
  • wolp
    wolp

    Messner ist ein Optimist, ein Positivdenker. Und er hat keine Angst im Gegensatz zu nahezu Allen die hier kommentieren....

    20:23 Uhr, 12.09.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Zum Thema Konsum und Reichtum hat der Bergsteiger Reinhold Messner vor einiger Zeit gegenüber Euro am Sonntag folgendes gesagt:

    Man muss den Leuten einfach klarmachen, dass das Leben genauso spannend und großartig sein kann, wenn man auf vieles verzichtet. Damit könnten wir die Krise teilweise überwinden. Einige junge Leute greifen diese Idee auf, sie werden die Welt umgestalten. Der Konsum als Gott — das ist vorbei.

    Konsum stützt aber die Wirtschaft.

    So denken Ökonomen. In Wahrheit bringt uns der Verzicht viel weiter. Heute sagt man nur „Effizienz“ dazu. Um erfolgreich zu sein, schränken Firmen ihren Energieverbrauch ein. Was ist das anderes als Verzicht? Er war auch der Schlüssel zu meinem Erfolg. Ich habe die Ausrüstung minimiert, sonst hätte ich nie meine Acht­tausender-Expeditionen finanzieren können. In den 70er-Jahren kostete das eine halbe Million Euro, ich drückte die Kosten auf 10.000 Euro. So übernahm ich die Führung im Höhenbergsteigen, weil ich mehr Ex­peditionen durchführen konnte. Mein Trick: der Verzichtsalpinismus.

    Hatten Sie nie Angst, als Berg­steiger finanziell abzustürzen?

    Nein. Mein Grundsatz lautet: Wenn jemand seine Ideen mit Begeisterung umsetzt, dann finanziert das auch sein Leben. Ich habe sehr gut von den Abfallprodukten meiner Expeditionen gelebt: Vorträge halten, Bücher schreiben. Davon lebe ich immer noch.

    Ganz ohne Altersvorsorge?

    Ich habe die sicherste Altersvorsorge, die es gibt: drei Bergbauernhöfe. Die Pächter produzieren alles, was man zum Leben braucht: Gemüse, Obst, Fleisch, Brot, Holz, Wein und so weiter. Und ich erhalte die Pacht in Naturalien. Klar, wenn es einen Bürgerkrieg gibt und jemand mit einem Maschinengewehr meine Schweine holt, bin auch ich geliefert. Aber wenn der Euro von heute auf morgen nichts mehr wert ist, ziehe ich mich mit meiner Familie auf meine Höfe zurück. Wir könnten zu vierzigst dort leben. Einer kümmert sich um die Kühe, einer hütet die Gänse, einer holt das Holz aus dem Wald ...

    Sehr vorausschauend. Heute investieren viele Reiche in Ackerland.

    Das habe ich nie getan. Ich will kein Geld bunkern. Ich investiere nur in Ideen. Nach der Lehman-Pleite habe ich vor 1.000 Bankern einen Vortrag gehalten. Ich sagte: „Meine Damen und Herren, an Sie und Ihre Papiere habe ich nie geglaubt. Wenn alles zusammenkracht, ziehe ich auf meinen Hof.“

    Und? Hat man Sie ausgepfiffen?

    Nein, es gab Standing Ovations.

    https://www.finanzen.net/nachr...

    14:55 Uhr, 12.09.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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