Kommentar
06:30 Uhr, 01.03.2016

Die Überraschungs-Wachstumsstory 2016?

Die japanische Wirtschaft beginnt das Jahr 2016 mit einem Knall. Die Industrieproduktion steigt im Januar um 3,7%. Das ist ein starkes Signal. Trotzdem lässt sich die Frage, ob Japan eine Wachstumsstory wird, ganz klar beantworten: Nein.

Der Anstieg der Industrieproduktion im Januar war hoch und lag 0,5 Prozentpunkte über den Erwartungen. Die Erwartungen waren also mit 3,2 % schon ziemlich hoch und wurden sogar noch einmal übertroffen. Trotzdem ist die Produktionssteigerung im Januar kaum etwas wert. Wieso?

Zum einen ist die Produktion im Januar traditionell stark. Grafik 1 zeigt die japanische Industrieproduktion seit 2008 mit ihren Wachstumswerten immer im Vergleich zum Vormonat. Die letzten Jahre zeigten im Januar immer einen großen Sprung nach oben. Das ist weder außergewöhnlich, noch ist es ein Signal für den Rest des Jahres.

Vergleicht man die Produktion nicht zum Vormonat, sondern zum Vorjahr, dann ist die japanische Industrie nach wie vor auf Schrumpfkurs. Das Minus auf Jahressicht beträgt 2,3 % (Grafik 2). Besonders ernüchternd ist dabei auch der Rückgang der Einzelhandelsumsätze. Im Vergleich zum Vorjahr sanken sie um 0,3 % und im Vergleich zum Vormonat Dezember fielen sie um 1,1 %.

Die Industrieproduktion hat einen Anteil an der Wirtschaftsleistung von knapp 20 %. Der Anstieg in diesem Bereich kann einen Rückgang im Konsum, der 60 % ausmacht, nicht auffangen. Zudem erwartet das METI (Ministry of Economy, Trade and Industry - Wirtschafts- und Handelsministerium) einen Rückgang der Industrieproduktion von 0,3 % im ersten Quartal. An dieser Erwartung ändern die heute veröffentlichten Zahlen nichts.
Der Konsum dürfte bestenfalls stagnieren. Man kann also mit einer gewissen Zuversicht vorhersagen, dass die Wirtschaft Japans im ersten Quartal 2016 wieder schrumpfen wird. Mit viel Glück und Sonderfaktoren wäre ein minimales Plus von 0,1 bis 0,2 % denkbar. Ein negatives Quartal hat jedoch die höhere Wahrscheinlichkeit.

Um sich die Dramatik der Lage noch einmal vor Augen zu führen, zeigt Grafik 3 den Produktions- und Einzelhandelsumsatz. Es zeigt das Niveau von Produktion und Einzelhandel an. Die Industrie weist in dieser Darstellung einen Abwärtstrend aus. Der Konsum fällt ebenfalls stark zurück. Das alles, auch in Zusammenhang mit einer wieder zurückgehenden Inflation, unterstützt die Vermutung, dass die Notenbank noch mehr tun wird.

In zwei Wochen tagt die japanische Notenbank wieder. Unternimmt sie nichts, dann gesteht sie indirekt ein, dass die Reflationierung und die Abenomics gescheitert sind. Ehrlicherweise muss man als Beobachtet sagen: Ob die Notenbank nun weitere Maßnahmen einleitet oder nicht, die Abenomics sind ohnehin schon gescheitert. Ein Eingeständnis würde Sinn machen, doch das politisch zu verkaufen dürfte schwierig werden, zumal im Sommer die Hälfte des Oberhauses (eine Parlamentskammer) gewählt wird.
Die Notenbank und Premierminister Abe müssen in diesen Wochen eigentlich noch einmal richtig Gas geben. Tun sie es nicht, dann dürften die Wahlen ein Denkzettel werden. Was danach geschieht ist dann vollkommen offen. Verliert Abe die Wahl, verliert er den Rückhalt für seine Politik. Hört die Notenbank dann auf so expansiv zu sein?

Für ein Zurück ist es zu spät. Hört die Notenbank auf zu lockern, dann wertet der Yen stark auf. Das gibt der Wirtschaft dann den Rest. Abe und die Notenbank müssen die Flucht nach vorne antreten. Es wird die Lage nicht wesentlich ändern, geschweige denn verbessern, doch politisch ist es das einzige, was sie tun können. Zusammen mit der EZB, die ebenfalls Mitte März ihre Entscheidung bekannt gibt, könnte eine neue Geldflut auf den Markt zukommen. Das wiederum wird die Aktienmärkte stark unterstützen und eine letzte Rallye auslösen. Persönlich kann ich mir vorstellen, dass diese Rallye bis zum Sommer läuft, bevor der Markt endgültig und nachhaltig wieder nach unten dreht.

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  • Löwe30
    Löwe30

    Ja, möglich ist es, dass die Geldflut eine letzte Rallye an den Aktienmärkten auslöst. Möglich ist aber auch, dass immer mehr Investoren und vor allem die Großspekulanten erkennen, dass sie einen etwas sichereren Hafen für ihr Geld ansteuern sollten, bevor der große Sturm kommt.

    Fazit: Die Notenbanken und die Marktteilnehmer können nie im voraus wissen, wohin ihre Geldflut strömt.

    10:07 Uhr, 01.03.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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