Kommentar
09:05 Uhr, 01.03.2005

Die Rentenmärkte kommen zur Ruhe

Die Rentenmärkte sind in der vergangenen Woche wieder etwas zur Ruhe gekommen, nachdem in der Woche zuvor die Renditen vergleichsweise stark gestiegen waren. Die 10-jährige Bundesanleihe rentierte am Freitag um fünf Basispunkte höher, die 10-jährige US-Treasury um einen Basispunkt tiefer. Der Euro gewann gegenüber dem US-Dollar weiter an Wert und hat sich damit über 1,30 US-Dollar etabliert.

Die Entwicklung in den USA war vor allem durch die im Januar nur schwach gestiegenen US-Verbraucherpreise geprägt. Die Inflationssorgen, die zur Monatsmitte durch kräftig gestiegene Erzeugerpreise aufgekommen waren, traten daraufhin zunächst wieder in den Hintergrund. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass der maßvolle Verbraucherpreisanstieg Folge der im Januar relativ günstigen Energiepreise war. Diese gehören jedoch aufgrund der zuletzt frostigen Temperaturen der Vergangenheit an. Der Ölpreis kratzt derzeit wieder an der 50-Dollar-Marke. Zu Jahresbeginn mussten lediglich etwas mehr als 40 US-Dollar bezahlt werden.

Die vom Ölpreis ausgehende preissteigernde Wirkung wird in der Eurozone durch den wieder erstarkten Euro etwas in Zaum gehalten. Erste Inflationsraten aus sechs deutschen Bundesländern deuten für Februar eine Teuerung in Deutschland um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat an. Im Jahr 2004 betrug die Inflationsrate 1,6 Prozent. Mehr als um die Verbraucherpreise sorgen sich die Zentralbanker derzeit aber um die Vermögenspreise, insbesondere um die Anleihe- und Immobilienmärkte. Dort lässt die reichliche Liquidität die Preise steigen. Entgegen den Erwartungen unterstützten die schwachen Konjunktursignale die Renditen in der Eurozone nicht nennenswert. Nachdem zuvor bereits das schwache BIP-Wachstum im vierten Quartal 2004 die Hoffnungen auf einen Konjunkturaufschwung dämpfte, drückten jüngst die schwachen Geschäftsklimaindizes aus Deutschland, Italien und Belgien die Stimmung.

Die Euro-Aufwertung der vergangenen Woche wurde auch durch die Aussage der Bank of Korea begünstigt, künftig eine breitere Streuung ihrer Währungsreserven in Erwägung zu ziehen. Schon die Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts drückte den US-Dollar deutlich und deutete an, wie sich entsprechende Transaktionen dann tatsächlich niederschlagen könnten. Denn die Bank of Korea gehört zu jenen asiatischen Zentralbanken, die umfangreich US-Anleihen kaufen und damit ihren Volkswirtschaften Währungsvorteile auf dem Weltmarkt verschaffen. Zugleich trug diese asiatische Nachfrage bislang auch zum niedrigen Renditeniveau im langen Laufzeitenbereich der US-Treasuries bei.

Die vergangene Woche hat unsere Einschätzungen im Rentenbereich nicht verändert. Dies- und jenseits des Atlantiks sind steigende Renditen in den längeren Laufzeiten zu befürchten. Wir raten deshalb zu kürzer laufenden Papieren. Auch bevorzugen wir europäische Anleihen.

Das beherrschende Thema an den Rentenmärkten war in der abgelaufenen Woche die erste 50jährige Staatsanleihe. Die längste Laufzeit war bis dato 30 Jahre. Die Nachfrage nach dem französischen Bond überstieg das ursprünglich geplante Angebot deutlich, sodass das Emissionsvolumen auf sechs Mrd. Euro aufgestockt werden konnte. Attraktiv war die Anleihe indes nicht wegen ihrer Rendite. Die lag mit 4,21 Prozent zum Emissionszeitpunkt lediglich drei Basispunkte über der 30jährigen französischen Staatsanleihe. Vielmehr machte die lange Laufzeit den Bond attraktiv. Denn damit können Investoren wie z. B. Versicherungen und Pensionsfonds ihre besonders langen Verpflichtungen nun besser abdecken und so den regulatorischen Anforderungen leichter genügen. Der französische Staat wiederum hat sich mit dieser Innovation zu historisch sehr niedrigen Zinsen langfristig finanziert. Es wird nun davon ausgegangen, dass diese Anleihe in absehbarer Zeit aufgestockt wird und auch andere Länder solche Laufzeiten künftig auflegen werden. Die USA werden allerdings nach jüngsten Verlautbarungen bei ihrer maximalen Bondlaufzeit von zehn Jahren bleiben. Die Emission 30jähriger Anleihen hatten sie 2001 in Zeiten großer Haushaltsüberschüsse eingestellt.

Ausblick: Mit großer Spannung erwarten die Akteure am kommenden Freitag die Zahlen zur Beschäftigung in den USA, die Aufschluss über das weitere Wirtschaftswachstum geben werden. Zuvor wird allerdings in der Eurozone über die Entwicklung der Verbraucherpreise im Januar und Februar berichtet. Der Einzelhandelsumsatz der Eurozone wird ferner Aufschluss über die hiesige Konsumlust geben.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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