Fundamentale Nachricht
08:54 Uhr, 06.09.2016

Die Notenbanken werden die Geister, die sie riefen, nicht mehr los

Die Notenbanken haben sich nach Meinung von GECAM-Finanzexperte Daniel Zindstein seit der Finanzkrise 2008 in eine zentrale und gewichtige Rolle hineinmanövriert, aus der sie sich kaum mehr befreien können.

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Wangen im Allgäu (GodmodeTrader.de) - Wie das Kaninchen auf die Schlange blicken derzeit wieder die Marktteilnehmer auf die Notenbanken. Aktuell steht erneut die US-Notenbank Fed im Blickpunkt. Erhöht sie die Zinsen im September oder doch erst im Dezember? Vielleicht gibt es aber auch zwei Zinserhöhungen noch in diesem Jahr oder überhaupt keine? Als geneigter Beobachter der Nachrichtenlage und interessierter Leser der einschlägigen Presse, könnte man zu dem Schluss kommen, dass es keine anderen relevanten Fakten oder Ereignisse gäbe, als die Entscheidungen der Notenbanken. Dabei wird der US-Währungshüterin eine Bedeutung zugesprochen, die nahezu gottgleich zu sein scheint, wie Daniel Zindstein, Leiter des Portfoliomanagements beim Vermögensverwalter GECAM AG in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Zentralbank-Mitglieder hätten nicht mehr oder weniger Ahnung von der Zukunft, als andere Analysten oder interessierte Marktteilnehmer. Woher sollte dieses geheime Wissen denn auch kommen? Die bald zweijährige Ankündigungs-Kaskade der „Zinswende“ oder der vermeintlich demnächst bevorstehenden Zinserhöhungen in den USA gäben hierfür ein wunderbares Beispiel ab. Verfolgte man die Aussagen diverser US-Notenbank-Gouverneure der letzten beiden Jahre, so hätte es bereits mindestens zehn Zinserhöhungen geben müssen. Und jedes Mal würden Erwartungen geschürt, Märkte verunsichert und im Nachgang enttäuscht. Die Motivationen dieses permanenten Palavers seien ein Rätsel. Wahrscheinlich handle es sich um Selbstdarstellungszwang oder die künstliche Zurschaustellung von vermeintlicher Kompetenz und Handlungsfähigkeit. Nach wie vor wünsche man sich ein öffentliches Redeverbot von stimmberechtigten Mitgliedern der Notenbank-Räte. Den Märkten bliebe erhebliche und sinnlose Volatilität erspart, heißt es weiter.

„Gut, dass es auch an den Kapitalmärkten einige unumstößliche Gesetzmäßigkeiten gibt, die immer gelten, mal früher oder mal später, je nachdem wie stark die Hand des Staates oder der Notenbanken ‚regulierend‘ eingreifen… Zu diesen Gesetzmäßigkeiten gehört aus unserer Sicht, dass Aktienkurse von Unternehmen steigen, wenn deren Gewinne nachhaltig zulegen. In einer Welt, in der die Zinsen massiv fallen und bei null oder negativ liegen, reicht es schon aus, dass Unternehmensgewinne stabil bleiben, damit die Kurse steigen, da die relative Attraktivität im Vergleich zum Zinsmarkt zunimmt“, so Zindstein.

Um Rohstoffpreise geistere immer der Mythos, dass wenige große, mit finsteren Absichten ausgestattete Spekulanten die Preise bestimmten. Doch die Finanzspekulationen sorgten lediglich für ein Mehr an Liquidität in einem ansonsten von realwirtschaftlichen Produzenten und Nachfragern bestimmten Marktsegment, heißt es weiter.

„Notenbanken sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Das mag unterhaltsam sein für Leute, die nichts anderes zu tun haben, als dieses Treiben, wie eine Soap im Fernsehen, zu verfolgen. Auch kurzfristig orientierte Trader können aus den daraus folgenden Marktschwankungen möglicherweise Nutzen ziehen. Für langfristig orientierte Investoren bringen solcherlei Spekulationen in erster Linie Verunsicherung und führen zur Belastung von Risikobudgets. Wichtig ist deshalb die Erkenntnis, dass Preise für Vermögensgüter in erster Linie immer von Angebot und Nachfrage abhängen… Die Notenbanken haben sich seit der Finanzkrise 2008 in eine zentrale und so gewichtige Rolle hineinmanövriert, aus der sie sich kaum mehr befreien können. Sie werden die Geister, die sie als ‚allmächtiger Marktakteur‘ riefen, nun nicht mehr los“, so Zindstein.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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