Kommentar
10:10 Uhr, 15.03.2022

Die Notenbanken gießen Öl ins Feuer

Die Notenbanken wollen etwas gegen die hohe Inflation tun und dabei das Wachstum nicht abwürgen. Das wird schiefgehen.

Bei Inflationsraten, die auf 10 % zusteuern, kann man verstehen, wenn Notenbanker nervös werden. Einige europäische Länder haben zweistellige Inflationsraten bereits erreicht. In den baltischen Ländern und Tschechien liegen die Teuerungsraten zwischen 11 % und 14,5 %. In Polen dürften im laufenden Monat zweistellige Werte erreicht werden. In den USA und Belgien liegen die Raten bereits bei 8 %. Angesichts des Preisschocks bei Rohstoffen ist absehbar, dass sich zweistellige Inflationsraten kaum vermeiden lassen.

Notenbanken können das Angebot nur bedingt beeinflussen. Sie können jedoch die Nachfrage durch höhere Zinsen dämpfen. Höhere Zinsen wirken nicht unbedingt, indem Unternehmen und Haushalte plötzlich die Zinssätze auf dem Sparbuch attraktiv finden. Der Hebel funktioniert über Kredite.

Werden Kredite teurer, überlegt man sich genauer, ob man für den Hausbau hunderttausende EUR aufnehmen will. Gleiches gilt für Unternehmen, die investieren wollen. Kredit ist auf Umwegen Nachfrage. Je weniger Kredit aufgrund höherer Kosten vergeben wird, desto mehr dämpft es die Nachfrage.

Diesen Hebel wollen Notenbanken mit Zinserhöhungen bedienen. Da ihr Mandat Preisstabilität lautet, ist das nachvollziehbar. Es ist allerdings auch unsinnig, wenn man gleichzeitig einen Abschwung vermeiden will. Genau das ist das erklärte Ziel. Es soll gebremst werden, ohne eine Rezession zu provozieren.

Aller Voraussicht nach wird das schiefgehen. Hohe Inflation selbst dämpft das Wachstum. Produzentenpreise gehen der wirtschaftlichen Entwicklung um ungefähr 16 Monate voraus (Grafik 1). In den USA ist ab jetzt bis ins kommende Jahr hinein auf natürliche Art mit einer deutlichen Verlangsamung zu rechnen.

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Gemessen am Anstieg der Produzentenpreise sollte der Einkaufsmanagerindex auf 40 Punkte fallen. Das ist weit unter der Wachstumsgrenze von 50. Es braucht keine Zinserhöhung, um das Wachstum auszubremsen. Zusätzlich zu der Bremswirkung der hohen Inflation die Zinsen anzuheben ist Öl ins Feuer des Abschwungs zu gießen.

Das gilt nicht nur für die Industrie, sondern auch für den Konsum. Hohe und schnell ansteigende Inflation führt zu niedrigem Realwachstum bei Konsumausgaben (Grafik 2). In den 70er Jahren schrumpften die realen Konsumausgaben zeitweise mit mehr als 5 % auf Jahressicht. Da der Konsum die wichtigste Stütze des Wachstums ist, bremst Inflation die Wirtschaft gehörig aus.

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Der rasante Anstieg der Teuerungsraten in den vergangenen Monaten bremst die Wirtschaft automatisch. Kommen nun zusätzlich Zinserhöhungen hinzu, ist eine Rezession fast greifbar. Genauso wie Notenbanken zu spät auf den Preisanstieg reagiert haben, werden sie auch das zu spät realisieren und werden dann wieder in die andere Richtung überreagieren.

Zinspolitik kann nur produktiv wirken, wenn sie Inflation dämpft, bevor sie außer Kontrolle gerät. Dieser Zeitpunkt wurde verpasst. Was jetzt folgt, ist hohe wirtschaftliche Volatilität mit viel Unsicherheit für die Börse.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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