Kommentar
07:09 Uhr, 20.05.2016

Die Mutter aller Verkaufssignale - was hat es damit auf sich?

Wer will, der findet immer einen Grund, weshalb der Markt drehen sollte. Doch dieses Mal scheint es anders zu sein. Das langfristige Verkaufssignal entstand zuletzt kurz bevor die Börsen im Jahr 2001 und 2008 crashten.

Das große Verkaufssignal ist seit Anfang Mai aktiv

Seitdem wird es in internationalen Finanzmedien immer wieder diskutiert. Es wird angeführt, um zu argumentieren, dass der Markt nun nach unten durchbrechen müsste. Betrachtet man dieses Verkaufssignal im längerfristigen S&P 500 Chart (Grafik 1), dann kann einem tatsächlich angst und bange werden. Der Chart ist dem Chart nachempfunden, der gerade in den Medien herumgereicht wird.

Die Grafik zeigt den S&P 500 sowie den 50- und 100-Wochendurchschnitt.

Das Verkaufssignal entsteht dann, wenn die 50-Wochenlinie unter die 100-Wochenline fällt. 2001 und 2008 kam das Signal gerade rechtzeitig, um Anleger vor dem Großteil der Abwärtsbewegung zu bewahren.

Der Markt läuft nun schon seit zwei Jahren seitwärts. Von der Aufwärtsdynamik der Jahre 2009 bis 2013 ist nicht mehr viel geblieben. Seitdem die US-Notenbank ihren Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik verkündet hat, kommen Aktien nicht mehr vom Fleck. Als wäre das nicht schon Warnung genug, gibt es auch eine ganze Reihe an weiteren Signalen, die zu denken geben.

Die Renditen für Staatsanleihen sind nach wie vor nahe ihrer historischen Tiefstände. Würden Anleger eine boomende Wirtschaft erwarten, dann machen so niedrige Renditen keinen Sinn. Anlegern fehlt ganz offensichtlich der Glaube an einen Aufschwung.

Der Markt wird zudem nur von wenigen Aktien getragen

Es sind nicht immer die gleichen Aktien, die den Markt tragen. Die Sektoren, die die Indizes oben halten, wechseln sich ab. Derzeit sind defensive Sektoren gefragt. Unterstützt wurde das zuletzt von einer Rally bei Rohstoffwerten. Im vergangenen Jahr drückten Rohstoffwerte den Markt. Dafür liefen Technologieaktien hervorragend.

Die einzelnen Sektoren wechseln sich mit Bärenmärkten ab. Im vergangenen Jahr befanden sich der Versorger-, Immobilien-, Banken-, Gesundheits- und Rohstoffsektor im Bärenmarkt oder an der Grenze dazu. In diesem Jahr laufen diese Sektoren bisher gut. Dafür ziehen die Technologieschwergewichte die Indizes nach unten.

Man kann sich nicht vorstellen, dass das ewig so weitergeht. Irgendwann muss doch eine Entscheidung fallen!

Das langfristige Verkaufssignal deutet eine solche Entscheidung an. Bevor man nun aber sein Depot leerräumt, lohnt ein Blick auf die lange Historie der US-Aktien. Grafik 2 zeigt alle Verkaufssignale, die US-Aktien seit 1885 produziert haben. In den vergangenen 130 Jahren gab es mehr als 30 solcher Verkaufssignale. Das sind deutlich mehr Verkaufssignale als es Bärenmärkte gab.


Die wirklich langfristige Betrachtung ist in vielerlei Hinsicht wichtig. Einerseits zeigt sie, dass viele Verkaufssignale entstanden und dann an den Märkten wenig passierte. Andererseits wird in den Medien ein Chart herumgereicht, der nur die zwei Verkaufssignale zeigt, die (zufällig) hervorragend funktioniert haben. Charts werden oft so getrimmt, dass sie zeigen, was gezeigt werden soll. Betrachtet man dann einen anderen Zeithorizont sieht die Lage anders aus. Man soll eben keiner Statistik oder in diesem Fall keinem Chart trauen, den man nicht selbst gefälscht hat.

Das Verkaufssignal ist durch sein häufiges Auftreten in früheren Jahrzehnten nicht gleich wertlos, es rückt die Aussagekraft aber in die richtige Perspektive

Die Verkaufssignale funktionieren vor allem dann, wenn der Markt einen klaren Aufwärtstrend bricht. In Seitwärtsmärkten wie wir ihn gerade erleben, funktionierten die Signale nicht sonderlich gut.

Da das Signal auf langfristigen Wochendurchschnitten beruht kommt das Signal erst einige Wochen nach der Trendwende. In Märkten, die sich seitwärts bewegen, kommt es dann bereits kurz darauf wieder zu einem Kaufsignal und wenig später erneut zu einem Verkaufssignal. Bis auf Transaktionskosten bringt die Beachtung der Signale nichts.

Hätten Anleger die Verkaufs- und Kaufsignale in den letzten 130 Jahren beherzigt, wäre die Performance vergleichsweise schlecht. Grafik 3 zeigt eine Buy-and-Hold Strategie im Vergleich mit der Beachtung der Signale aufgrund der 50- und 100-Wochenlinien. Verkauft wird dabei, wenn die 50-Wochenlinie unter die 100-Wochenlinie fällt. Gekauft wird, wenn die 50-Wochenlinie wieder über die 100-Wochenlinie steigt.

Hätte ein Anleger diese Signale beherzigt und danach investiert, dann läge die durchschnittliche Jahresperformance nicht bei 4,6 % wie beim S&P 500, sondern bei lediglich 2,5 %. Die Buy-and-Hold Strategie ist sehr viel volatiler, doch die Performance ist deutlich besser.

Drückt man die beiden Strategien in Punkten aus, dann kann man sagen, dass der S&P 500 seit 1885 von 5,56 Punkten auf 2.047 gestiegen ist. Bei Beachtung der Kauf- und Verkaufssignale wäre der S&P von 5,56 auf 132 Punkte gestiegen. Als Anleger muss man da nicht lange überlegen, was erfolgreicher war.

Das aktivierte Verkaufssignal kann durchaus einen Rückgang der Märkte andeuten. Nur weil die Strategie in der Vergangenheit nicht besonders erfolgreich war, bedeutet es nicht, dass der Markt nun nicht fallen kann. Die Gefahr ist vorhanden, doch keinesfalls bestätigt.

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6 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Das Verkaufssignal ist diesmal nichts wert ... - dazu ist der Schnittwinkel der 50-Wochenlinie durch die 100-Wochenlinie zu spitz bzw. - unmathematisch formuliert - zu flach.

    Wenn die Märkte lange seitwärts tendieren ist doch klar, dass sich beide Durchschnitte (asymptotisch) annähern ...

    14:44 Uhr, 20.05.2016
  • Chronos
    Chronos

    Seltsam, oder täusche ich mich da :) Exakt das war die Diskussion mit o.b. und der inhaltlose nachrangige Streit mit der BoWu ( a ka Currywurst).

    Ich kenne immer noch keinen der HSS programmiert oder auch nur anständige Chartisten die dieses Setup nutzen, nicht einmal auf genannten S&P, beim DAX macht es aus anderen Gründen erst Recht keinen Sinn.

    10:29 Uhr, 20.05.2016
  • tschak
    tschak

    Einfach ausgedrückt: Der S&P 500 hat sich seit dem Jahr 2000 wie eine klassische Währung verhalten. FX hat man "früher" immer gesagt: sind durch langjährige Zyklen geprägt - gleiches Bild, gleiche MA-Xover-Überlegung.

    09:48 Uhr, 20.05.2016
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Sehr interessant...insbesondere der sehr langfrisitige Chart....Danke dafür

    09:17 Uhr, 20.05.2016
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Na also, es geht doch. Ein sehr vernünftiger Artikel

    07:54 Uhr, 20.05.2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Das Pushen ist ja kaum noch auszuhalten. By, by. Kauft kauft!

    07:45 Uhr, 20.05.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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