Kommentar
10:10 Uhr, 03.10.2018

Was die Iransanktionen für den Ölpreis bedeuten

In einem Monat wird es richtig ernst – für den Iran. Es deutet sich nämlich an, dass die US-Sanktionen wirken werden.

Die größte Überraschung des Sommers war wohl, dass die Iransanktionen wirken. Trotz aller Beteuerungen von EU und anderen Staaten gehen die Exporte des Iran deutlich zurück. Bis vor kurzem war nicht klar, ob sich vor allem China und Indien den US-Sanktionen widersetzen würden. Sie scheinen es nicht zu tun.

Die Ölexporte des Iran sind seit Mai 2018 deutlich rückläufig. Es bestand eine Zeit lang Hoffnung, dass China und Indien einspringen würden, wenn die EU, Südkorea und Japan als Abnehmer ausfallen. Derzeit deutet alles darauf hin, dass diese beiden Länder nicht einspringen werden (Grafik 1).

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Anstatt steigender Exporte nach Indien und China sind die Exporte rückläufig. Indien hat die Importmenge halbiert. China importierte zuletzt 20 % weniger Öl aus dem Iran. Die EU hat ihre Importe um ein Drittel gekürzt. Andere Länder, darunter auch Japan, konnten das nicht ganz aufwiegen. Die Gesamtexporte sind um 20 % gesunken.

Aus diesem Umstand folgt zwangsläufig die Frage, was nun mit dem Ölpreis geschieht. Innerhalb der nächsten Wochen wird der Markt mit mindestens 1 Mio. Barrel/Tag weniger versorgt werden. Persönlich gehe ich davon aus, dass dies bereits im Ölpreis enthalten ist.

In den letzten Tagen zeigte sich aber vor allem der Brent-Preis stark. Das darf man nicht überinterpretieren. Saisonal gesehen steigt der Ölpreis bis Mitte Oktober (Grafik 2). In einzelnen Jahren ist der Preis volatiler als der Durchschnitt, doch auch bei höherer Volatilität hat sich der Ölpreis in diesem Jahr an den Fahrplan gehalten.

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Treten die Sanktionen in Kraft, könnte ein „Sell the news“ stattfinden. In Erwartung der Sanktionen wurde Öl gekauft. Treten sie in Kraft, wird verkauft. Das ist eine durchaus typische Systematik der Märkte.

Einen wirklich großen Rücksetzer des Preises erwarte ich trotzdem nicht. Anleger hatten bis zuletzt eine rekordverdächtige Longpositionierung. Die Nettolongpositionierung lag bei 740.000 Kontrakten. Inzwischen wurde diese auf 560.000 abgebaut. Die Positionierung ist immer noch long, doch es ist nicht zu befürchten, dass alle auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Eine zu extreme Positionierung birgt die Gefahr einer raschen und heftigen Trendumkehr. Da sich die Extrempositionierung nun wieder relativiert, ist nicht mit einem crashartigen Kurseinbruch zu rechnen.

Der Ölpreis wird sich kurzfristig wohl stabil zeigen und gegen Jahresende schwächer werden. Danach werden die Karten neu gemischt. Wie die Lücke, die der Iran hinterlässt, geschlossen wird, muss sich erst noch zeigen. Aktuell mangelt es nicht an Öl. Vor allem kanadisches Öl gibt es in Massen.

Es gibt derzeit so viel kanadisches Öl, dass keiner mehr weiß, wohin damit. So manches Barrel wird zu einem Discount von 35 Dollar verkauft. Anstatt 70 Dollar (WTI Preis) zu erhalten, bekommen Produzenten nur 35 Dollar. Anders kann es derzeit nicht losgeschlagen werden. Wie sich das genau nach Beginn der Sanktionen verhält, muss man sehen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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