Kommentar
17:00 Uhr, 14.07.2021

Die Inflationsangst wird zurückkommen

Notenbanken haben Anleger überzeugt, dass Inflation vorübergehend ist. Man sollte sich nicht zu früh freuen.

Überall auf der Welt hatten Anleger bis vor kurzem Angst vor Inflation, dabei ist diese eigentlich nur in den USA wirklich ein relevantes Thema. In Japan liegt die Inflationsrate um den Nullpunkt. In Deutschland erreichte die Rate 2 %, befindet sich allerdings schon wieder auf dem Rückzug. Das gleiche gilt für die gesamte Eurozone. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern ist Inflation ebenfalls kein Thema. In China liegt die Teuerungsrate bei 1,1 %. In Entwicklungsländern ist die Inflation generell höher. Daher mag die Rate in Indien mit 6,3 % erschrecken. Tatsächlich sind 6,3 % nicht außergewöhnlich. Bis 2014 hatte Indien durchschnittlich zweistellige Inflationsraten. Inflation in den USA betrifft die ganze Welt, vor allem wegen der Notenbankpolitik. Ein Großteil des internationalen Handels wird in Dollar abgewickelt, viele Rohstoffe werden in Dollar gehandelt und Entwicklungsländer nehmen Schulden in Dollar auf. Die US-Geldpolitik ist daher für die ganze Welt von Bedeutung und läuft die Inflation in den USA aus dem Ruder, wird das überall für Unruhe sorgen.

Der Inflationsschreck in der ersten Jahreshälfte ist vorerst verdaut. Notenbanken hielten stoisch an ihrer Politik fest. Sie machten klar: Wir reagieren nicht auf den Inflationsanstieg. Das ist wichtiger als die Inflationsrate selbst. Anleger hatten weniger vor der Teuerungsrate Angst und mehr davor, dass Notenbanken plötzlich gegensteuern. Das ist nicht der Fall.

Das kann sich jedoch ändern, wenn sich Inflation als ein dauerhaftes Phänomen herausstellt. Aktuell wird nicht reagiert, weil von einem vorübergehenden Anstieg ausgegangen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass Inflation bleibt, steigt jedoch mit jedem Monat. Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen ist hoch und wird vorerst hoch bleiben.

In den USA haben Haushalte 2,5 Billionen Dollar zusätzlich zur Verfügung. Höheres Arbeitslosengeld und Schecks haben das ermöglicht. Dieses Geld wird früher oder später in den Konsum fließen. Damit die Inflation langfristig höher bleibt, darf der Konsumrausch jedoch nicht abreißen. Das geht nur, wenn auch die Löhne entsprechend steigen – und das tun sie.

Je nach Branche sind die Löhne in den USA gegenüber dem Vorjahr zwischen 3 % und 6 % gestiegen. Diese Werte sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Vor allem im Niedriglohnsektor wurde entlassen. Die durchschnittlichen Löhne stiegen daher zu Pandemiebeginn. Danach fielen sie, als wieder geringer bezahlte Jobs entstanden sind.

Ökonomen blicken daher gerne auf kürzere Zeitfenster, wenn die Vorjahreswerte verfälscht sind. Die Lohndynamik ist im kürzeren Zeitfenster (3 Monate) enorm (Grafik 1). Lohnzuwächse im zweistelligen Bereich sind zu beobachten. In keiner einzigen Branche liegt der Zuwachs unterhalb der Inflation.


In den USA stiegen die Reallöhne kräftig. Das unterscheidet die aktuelle Phase von den 70er Jahren. Die Löhne stiegen zwar teils im zweistelligen Bereich, aber die Inflation war noch höher. Reallöhne fielen, heute steigen sie (Grafik 2). Höherer Reallohn bedeutet, man kann effektiv mehr konsumieren. 4 % oder 5 % Inflation wird kein Dauerzustand sein. Deutlich über dem Inflationsziel liegende Raten sind allerdings weniger unwahrscheinlich als viele denken.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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    im Gegensatz zu den 70er Jahren stehen die Notenbanken mit dem Rücken zur Wand sie Können die Zinsen wegen der hohen Verschuldung nicht erhöhen und den Kauf von Anleihen nicht stoppen beides würde den Aktienmarkt abstürzen lassen und eine Pleitewelle starten. Es wurde 10 Jahre geschlafen und ein Volcker der sowas durchsetzen würde ist nicht da

    07:53 Uhr, 15.07. 2021
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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