Kommentar
12:23 Uhr, 10.03.2011

Die gefühlte Inflation ist schon über alle Berge

Endlich hat die EZB signalisiert, dass die lange Phase der Dumping-Zinsen zu Ende geht. Es ist allerhöchste Zeit, denn es brennt gewaltig an der Inflationsfront. Sogar die offiziellen Zahlen machen nun Grund zu Sorge, obwohl man denen ja zu Recht nicht besonders traut. Die gefühlte Inflation ist schon über alle Berge, und wenn man sich die Entwicklung bei Immobilien und anderen Vermögenswerten ansieht wird einem Angst und Bange.

In Paris muss man inzwischen für Wohnraum knapp 8000(!) EUR/m² hinlegen, Deutschland boomt zumindest in den Städten auch enorm. Wer (zumindest noch) schwächelt sind die Staaten, die vor der Finanzkrise eine ungesunde Blüte erlebten wie Spanien, Irland oder Portugal. Hier wurde teilweise soviel unkoordinierter Mist gebaut, dass er auch in Inflationszeiten schwer zu verkaufen sein wird.
Alles in allem ist die Flucht aus dem Geld in Sachwerte unübersehbar, und durch niedrige Zinsen wird der Effekt noch massiv verstärkt. Warum nicht günstig Schulden aufnehmen und diese dann „weginflationieren“ lassen?

Das ist eine brandgefährliche Entwicklung, die dringend gestoppt werden muss. Auch auf die Gefahr hin, dass dadurch das Wirtschaftswachstum beeinträchtigt wird.

Zumindest in Deutschland werden wir mittelfristig ohnehin kein so hohes Wachstum mehr durchhalten können. Schon alleine deswegen, weil die Zahl der nachrückenden Arbeitskräfte aufgrund der demographischen Entwicklung sinkt. Die immer noch hohe Zahl der Arbeitslosen täuscht darüber hinweg, dass in vielen Branchen Fachkräfte rar werden, was zu Aufwärtsdruck auf die Löhne führt und damit tendenziell zu steigenden Preisen.

Damit zementiert sich das Grundsatzproblem der Euro-Zone immer mehr und wirft auch verstärkt die Frage auf, ob es überhaupt gemeinsam weiter gehen kann. Denn in Deutschland mag es grad rosig aussehen, aber andere Länder leiden. Spanien z.B. hat kürzlich mit 20,3% einen traurigen Rekord bei der Arbeitslosigkeit erreicht. Die unterschiedliche Produktivität der Staaten ist immens und der Ausgleichsmechanismus über schwankende Währungen steht nicht mehr zur Verfügung.

Ich bin nach wie vor der Meinung, und werde es auch immer wieder betonen, dass das Euro-Experiment gescheitert ist. Und es wird mit jedem Jahr schlimmer.

Die größte Herausforderung seit Jahrzehnten für die politischen Führungen der europäischen Staaten besteht nun darin, einen Weg der Rückabwicklung zu finden, der uns nicht in völlig chaotische Abgründe führt. Die Alternative – wie sie momentan hochoffiziell verfolgt wird – ist eine dauerhafte Umverteilung innerhalb Europas. Dieses Prinzip ist aber auf Staatenebene so falsch wie bei Individuen – es verfestigt und vergrößert die Unterschiede, statt fundamental etwas zu verändern. Außerdem wird es auf Dauer nicht machbar sein. Denn wie lange werden die Wähler sich das ansehen? Euro-kritische Parteien werden überall massiven Zulauf erhalten. Und wenn sich das in Umfragen deutlich zeigt, springen alle auf den Zug über – denn gewählt werden wollen sie alle. 2013 sind Bundestagswahlen in Deutschland – ich bin gespannt wer dann noch für den Euro in seiner heutigen Form eintritt...
Die Tatsache, dass der Euro momentan dennoch relativ stark ist, hat (neben der Zinsfantasie) einen einfachen Grund: Die Probleme der Amerikaner (und auch Japaner) sind noch größer...

Ihr

Daniel Kühn

www.outperformer.de

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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