Fundamentale Nachricht
16:42 Uhr, 30.06.2017

Die Finanzmärkte stehen vor der Nagelprobe

Die US-Notenbanker wollen mit bekannten, aber auch unkonventionellen Mitteln ihre geldpolitischen Zügel Schritt für Schritt anziehen. Dadurch bekommen Nordea-Finanzexperte Witold Bahrke zufolge vor allem Aktien Gegenwind.

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  • EURO STOXX 50
    ISIN: EU0009658145Kopiert
    Kursstand: 3.477,93 Pkt (STOXX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Stockholm (GodmodeTrader.de) - Die Aussichten für Aktien werden in den kommenden Monaten ungemütlicher. Zu dieser Einschätzung kommt Witold Bahrke, Senior-Stratege bei Nordea Asset Management, nach dem jüngsten Zinsschritt der US-Notenbank (Fed). „Denn für das zweite Halbjahr ist zu erwarten, dass die Volatilität an den Finanzmärkten steigen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Risikoanlagen weniger stabil sein werden als zuletzt.“

Die Leitzinsanhebung der Fed um 25 Basispunkte in der vergangenen Woche sei zwar an den Märkten allgemein erwartet worden. „Auf dem Treffen der Notenbankgouverneure hat sich jedoch gezeigt, dass die Falken die Oberhand bekommen“, begründet Bahrke seine Ansicht. Die Fed habe einen interessanten Einblick in ihre unkonventionellen geldpolitischen Instrumente gegeben. „Dabei hat sie deutlich erkennen lassen, dass sie einen Kurswechsel in ihrer Geldpolitik vollziehen will, was für die Finanzmärkte nach der Sommerpause erhebliche Auswirkungen haben könnte“, prognostiziert Bahrke.

Die Fed habe dazu einen detaillierten Plan vorgelegt, wie sie ihre Bilanz zurückführen wolle. Dazu wolle sie anfänglich US-Staatsanleihen bis zu einem Volumen von sechs Milliarden US-Dollar pro Monat aus ihrem Bestand verkaufen. Dieser Wert solle Schritt für Schritt auf 30 Milliarden US-Dollar pro Monat angehoben werden. Derzeit entspreche die Bilanzsumme der Notenbank sagenhaften 24 Prozent des US-Bruttoinlandsproduktes (BIP), was vor allem auf die Anleiheankaufprogramme im Zuge der bislang ultralockeren Geldpolitik (quantitative easing) zurückzuführen sei. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise habe der Wert zwischen fünf und sieben Prozent des US-BIP gelegen, heißt es weiter.

„Noch gibt es kein Anzeichen dafür, wann die Fed mit ihrem Vorhaben loslegen will, aber das September-Treffen des Offenmarktausschusses ist sicherlich eine gute Gelegenheit dafür“, glaubt Bahrke. „Zieht die Fed ihre geldpolitischen Zügel auf diese Art wirklich an, würde das die Dollarliquidität im globalen Finanzsystem rein quantitativ reduzieren, während der traditionelle Weg in Form der bisherigen Zinserhöhungen eher den Preis der Liquidität nach oben getrieben hat“, erklärt der Nordea-Experte. Seiner Einschätzung zufolge habe die Fed jedenfalls signalisiert, dass sie diesen unkonventionellen Weg ihrer Geldpolitik recht bald betreten wolle. „Das wird ein wichtiger Test dafür, ob die Volatilität an den Märkten im weiteren Jahresverlauf so niedrig bleiben wird, wie wir das bislang erlebt haben“, glaubt der Anlagestratege.

Ein zweiter Punkt in diesem Zusammenhang sei, dass Fed-Chefin Janet Yellen erkennen lassen habe, den zuletzt sinkenden Inflationsraten keine besondere Bedeutung beizumessen. „Dies legt nahe, dass die Fed daran festhält, ihre geldpolitischen Zügel schrittweise anzuziehen“, so Bahrke. So plane die Fed weiterhin mit einem weiteren Zinsschritt in diesem und drei Schritten im kommenden Jahr, heißt es weiter.

„Das Klima an den Finanzmärkten muss sich wahrscheinlich deutlich verschlechtern – etwa durch stark fallende Aktienkurse und steigende langfristige Bondrenditen –, damit die Fed ihre Pläne überdenkt. Im Gegensatz dazu gehen die Akteure an den Märkten von ein bis zwei Zinsschritten bis zum Jahresende 2018 aus, so dass sich die Frage stellt, wie die Fed die Aussichten für die USA, aber auch die Weltwirtschaft einschätzt“, gibt Bahrke zu bedenken. „Klar ist jedenfalls, dass die Finanzmärkte Gegenwind durch eine härtere Geldpolitik der Fed bekommen werden. Aber vielleicht ist es genau das, was die Notenbank will: ein gezielter Schuss vor den Bug, bevor sie zu einem härteren Schlag ausholen muss.“

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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