Kommentar
09:48 Uhr, 29.08.2014

Die Euro-Hausse ist zu Ende

Es gibt unter Europas Mächtigen einen weitgehenden Konsens dahingehend, dass die Gemeinschaftswährung dramatisch geschwächt werden soll. Dies geht über Politiker, Manager bis hin zu Zentralbank-Akteuren. Dem Plan im Wege steht eigentlich nahezu völlig einsam die deutsche Regierung und die Bundesbank.

Erwähnte Instrumente

Die Rede von EZB-Chef Mario Draghi auf der Notenbank-Konferenz in Jackson Hole machte wieder einmal deutlich, dass wir in der Eurozone von einer (Leit)-Zinswende meilenweit entfernt sind. Stattdessen wird ein europäisches QE (Quantitative Easing=geldpolitische Lockerung) vorbereitet. Im ersten Schritt wird dieses wohl nur ABS-Papiere (Asset Backed Securities) beinhalten, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass später auch Staatsanleihen in erheblichem Ausmaß gekauft werden.

Die EZB-Bilanz, die aktuell ca. 2 Bio. EUR umfasst, während die Fed-Bilanz über 4 Bio.. USD schwer ist, dürfte durch diese Maßnahmen, gemeinsam mit dem TLTRO-Prgramm, in den kommenden Jahren explodieren. Ich rechne damit, dass sich die Bilanzsumme bis 2016 verdoppeln wird.

Insbesondere mit dem Aufkauf von Staatsanleihen wird die EZB einen Schritt nachvollziehen, den Japan und die USA schon lange gehen: Die mehr oder weniger offene Monetarisierung von Staatsschulden. In Japan hält die BoJ (Bank of Japan) inzwischen über 20% der Staatsanleihen, die US-Fed nennt ca. 14% der US-Verschuldung ihr Eigen. Auch wenn die jeweiligen Notenbank-Chefs beteuern, dass die Bestände irgendwann wieder abgebaut werden (Janet Yellen veranschlagt dafür 8 Jahre) gibt es gute Gründe anzunehmen, dass der Aufkauf dauerhafter Natur ist und auslaufende Papiere durch Zukäufe ersetzt werden. Wenn man nun bedenkt, dass die Notenbankgewinne ja an die Staaten ausgeschüttet werden, ist der strukturelle “Nachteil” der Eurozone offensichtlich. Die tatsächliche Staatsverschuldung in den USA und Japan ist durch dieses Vorgehen defacto deutlich geringer als die offiziell kommunizierte. Die EZB dagegen hält derzeit lediglich Staatsanleihen im Umfang von gut 150 Mrd. EUR.

Wenn man will, findet man auf diesem Weg leicht überzeugende Argumente, warum auch die EZB ordentlich am Staatsanleihen-Markt zuschlagen muss. Addieren Sie dies zum Mythos “Bekämpfung der Deflationsgefahr” , und es kann kaum ein Zweifel bestehen, dass ein massives Kaufprogramm kommen wird. Es gibt eigentlich nur zwei Bremsen: Das Mandat der EZB und Deutschland.

Die Aufgabe der EZB ist eigentlich die Wahrung der Geldwertstabilität. Das Mandat wurde in Zeiten geschaffen, als man sich die 2%-Marke bei der Inflation immer nur von oben anschauen konnte. Da es damals - völlig zu Recht - aufgrund der gemachten Erfahrungen einen breiten Konsens gab, dass Inflation etwas Schlechtes ist, wurde der EZB das Mandat erteilt, für Geldwertstabilität zu sorgen.

Anfangs hieß das: Inflationsrate unter 2% halten. Man konnte sich gar nicht vorstellen, dass diese nachhaltig in die Nähe von 0% fallen könnte. Später hat die EZB - eigenmächtig, muss man feststellen - das Ziel erweitert: Fortan hieß es: Unter 2% ja, aber “nahe” 2% ist das Ziel.

Somit gibt es ein Inflationsziel: Knapp 2% Geldentwertungsstabilität sollen es sein - so machen es ja die anderen Zentralbanken auch. Nur verfügen die anderen über andere rechtliche Grundlagen. Eigentlich müsste man das Mandat der EZB neu formulieren. Dann könnte man auch ein duales Mandat wie bei der Fed installieren: die Fed soll für stabile Preise, maximale Beschäftigung und moderate Langfristzinsen sorgen.

Um der neuen, bereits gelebten Wirklichkeit gerecht zu werden, müssten also die EU-Verträge geändert werden. Es ist aber schlicht unwahrscheinlich, dass Deutschland einem neuen Mandat zustimmen würde. Das wäre in der Bevölkerung extrem unpopulär.

Manchmal ertappe ich mich bei folgendem Gedanken: Das beste für die gesamte Eurozone wäre es, wenn Frankreich, Italien und Spanien die Deutschen freundlich (das ist nicht ironisch gemeint!) bitten würden, die Eurozone (temporär) zu verlassen. Dann würde der Euro wohl schlagartig drastisch abwerten und die Südländer könnten ihr inflationäres Spielchen treiben. Passieren wird dies natürlich nicht. Aber auch so wird der Euro weiter abwerten. Ich habe ein Kursziel im EUR/USD von unter 1,20 in 2015.

Daniel Kühn

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19 Kommentare

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  • student
    student

    ​Auf dem geopolitischen Schachbrett spielt das starke Deutschland eine Schlüsselrolle. Die ersten beiden Weltkriege haben nur das eine Ziel verfolgt, die wirtschaftliche Macht Deutschlands zu schwächen.

    Vor dem ersten Weltkrieg war das deutsche Kaiserreich drauf und dran, eine Eisenbahnlinie über den Balkan und der Türkei nach Bagdad und Basra im Irak zu bauen. Mit dem Zugang zu Öl wäre Deutschland zur dominierenden Wirtschaftsmacht aufgestiegen und Great Britains Suezkanal hätte massiv an Bedeutung verloren. Deswegen der inszenierte Anschlag in Sarajevo und der Krieg. Doch Deutschlands Industrie war noch nicht geschlagen.

    Seltsamerweise hat man (Pleite-)Deutschland daraufhin jahrelang gewähren lassen, Rohstoffe gegen Devisen zu importieren und eine Kriegsmaschinerie aufzubauen, um dieses mal ganz Europa mit dem Verlust von zigmillionen Menschen und einer zerstörten Industrie erneut zu schwächen. Die daraufhin bei den Amerikanern überschuldeten Staaten mussten nunmehr einer Weltmacht USA mit einer Weltleitwährung das Feld überlassen, die alle Rohstoffe und Industrieerzeugnisse des Planeten mit selbstgedrucktem Geld praktisch gratis bekommen sollte.

    Im Endeffekt hat erst die Naziherrschaft mit der totalen Selbstzerstörung von Europas Macht den Aufstieg und die Vorherrschaft Amerikas erst möglich gemacht.

    Trotz allem hat sich Deutschland in den Nachkriegsjahren wieder an die Spitze Europas hochgearbeitet. Mit der anstehenden Wiedervereinigung waren die politischen Eliten zugleich überrascht und befürchteten eine massive Dominanz Deutschlands, wenn erst der Osten Deutschlands mit Deutsche Bank-Chef Herrhausen und Treuhandchef Detlef Rodwedder saniert worden wäre.

    Deshalb beschloss man eine dreifache Eindämmungspolitik Deutschlands:

    - währungspolitisch mit der Einführung des Euros

    - wirtschaftlich mit der Auflösung der Deutschland AG und der Deregulierung von Wirtschaft und Bankensektor durch "Globalisierung"

    - militärisch durch die starke Einbindung in die NATO

    Was ich heute sehe, ist, dass sich Deutschland allen Widrigkeiten zum Trotz wirtschaftlich gehalten und angesichts des negativen Einflusses des Euro auf den Vermögenszuwachs der breiten Bevölkerung auch währungspolitisch signalisiert, dass allein qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen für den wirtschaftlichen Aufstieg verantwortlich sind.

    Währungspolitisch haben wenigstens die Eliten erreicht, dass tausende von Milliarden an Vermögen unwiederbringlich ins Ausland abgeflossen sind - durch politisch forcierten Freihandel und Deregulierung - zu Lasten der breiten Bevölkerung, die das eigentliche Vermögen erst durch Arbeit möglich gemacht hat.

    10:09 Uhr, 27.08.2014
    1 Antwort anzeigen
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Folgendes habe ich gerade gefunden, war mir gar nicht bewusst - Draghi hat nicht blos sein Manuskript wiedergegeben, sondern teilweise frei improvisiert: http://bit.ly/1vLCq8R

    Vor allem folgender Satz ist offenbarend (kursive Wörter hat er weggelassen, fette Wörter frei zum Redetext hinzugefügt):

    The Governing Council will acknowledge these developments and within its mandate will use also unconventional all the available instruments needed to ensure price stability safeguard the firm anchoring of inflation expectations over the medium to long term.

    18:42 Uhr, 26.08.2014
  • Daniel Kühn
    Daniel Kühn Freier Finanzjournalist

    ​@investor: Folgendes ist in dem Zusammenhang wichtig

    - Was man landläufig als EBZ Bilanz bezeichnet ist tatsächlich ein konsolidierter Ausweis des Eurosystems, sprich der Zentralbanken der Eurozone. Die geldpolitischen Operationen führt die EZB ja zum überwiegenden Teil nicht selber aus, sondern die nationalen Zentralbanken. Es gibt auch eine EZB Einzelbilanz, die aber viel kleiner ist.

    - Die Schrumpfung von 3 auf 2 Bio. EUR kam v.a. durch die Rückzahlung der LTROs zustande.

    - Ich wüsste nicht was die EZB außerbilanziell abwickelt?

    - zum repo-Markt siehen diesen Artikel voN Simon Hauser http://www.godmode-trader.de/artikel/der-repomarkt...


    18:38 Uhr, 26.08.2014
  • Investor
    Investor

    ​Hallo Herr Kühn,

    ich denke, die EZB Bilanz ist schon deutlich größer. Während die FED die Anleihen aufkauft hinterlegen die Banken die Anleihen gegen Liquidität. Wenn Sie diese Repro Geschäfte dazu rechnen, dann sind die Bilanzen vergleichbar.

    Eine temporäre Trennung der Eurozone muß vorbereitet werden. Was bedeutet der schwächere Euro? Dadurch wird D in der Eurozone weniger wettbewerbsfähig und die Firmen werde sich stärker non Euro Zone orientieren.

    Gleichzeitig zwingt der schwache Euro die übrigen EU Länder zu mehr Reformen. Der Lohnanteil bei den EU Produkten liegt bei 10-20% - der Rest der Preise sind Gewinne bzw Importe von Vorprodukten. Dadurch steigen die Preise für die weniger exportlastigen Ländern. Wenn mehr verfügbares Einkommen für Energie, Lebensmittel usw ausgegeben werden müssen, bedeutet dies eine implizite Lohnsenkung.

    Danach gibt es zwei Tendenzen: D aus dem Euro zu schupsen oder eine Sozialunion zu gründen mit zB gemeinsamer Arbeitslosenbersicherung. Ich könnte mir vorstellen, daß Fr Merkel eher die Sozialunion präferiert, da es so eine Chance für das überalternde D gibt, die späteren Rentner zu versorgen. In F, ES usw gibt es deutlich mehr Junge und diese könnten dann die D in 20-30 Jahren versorgen. Daß die Löhne so deutlich steigen werden oder eine entsprechende Zuwanderung kann ich mir nicht vorstellen.

    12:53 Uhr, 26.08.2014
    2 Antworten anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    ​Hallo Herr Kühn,

    vielleicht ist es ja die Absicht der Bundesregierung, freundlich um einen temporären Austritt gebeten zu werden, so nach dem Motto: erst ziert sie sich, dann fügt sie sich........wenn es denn zum Besten aller Beteiligten ist. Eines wird die Regierung sicherlich niemals tun: von sich aus die Initiative für einen wenn auch nur temporären Austritt zu ergreifen. Merkel und Co. wollen nicht als Totengräber der Eurovision in den Geschichtsbüchern stehen.

    Klar ersichtlich: so wie die Eurokrise seit 2010 gemanagt wurde, wird das nicht noch einmal für weitere 4 Jahre funktionieren. Entweder gibt es massive Eingriffe durch die EZB (ABS etc.) oder temporäre Austritte einzelner Länder. Es ist ja sowieso mehr als verwunderlich, das es in der Südschiene Europas trotz der irrsinnigen Jugendarbeitslosigkeit noch nicht zu heftigsten Auseinandersetzungen gekommen ist.

    11:32 Uhr, 26.08.2014
  • markuss
    markuss

    ​Im Kreis der Schrottwährungen ist der Euro noch die stärkste, der USD die schwächste. Das wird sich trotz aller Zentralbanken so durchsetzen, da können Draghi und Co nichts daran ändern. Sie werden es alle sehen, meine Herren.

    11:01 Uhr, 26.08.2014
    3 Antworten anzeigen
  • Loukanikos
    Loukanikos

    ​Guten Morgen meine Damen und Herren,

    im zweiten Absatz scheint sich ein Fehler eingeschlichen zu haben: wenn ich die ganzen Nullen richtig einordne, erreichen die Bilanzen der EZB und der Fed 2 bzw. 4 Billionen Einheiten. 2 E12. Stimmt's?

    Beste Grüße

    10:58 Uhr, 26.08.2014
    1 Antwort anzeigen
  • Bastian Galuschka
    Bastian Galuschka Chefredakteur

    ​Charttechnisch wurde ein Bärkeil nach unten aufgelöst.

    10:32 Uhr, 26.08.2014
  • Harald Weygand
    Harald Weygand Head of Trading

    ​schau dir hier den ersten chart an ...

    draghi macht mittelfristige trendwenden, das zeigt der chart ... als trader einfach draghi zuhören und danach handeln :-)

    http://www.godmode-trader.de/analyse/eurusd-der-dr...

    10:28 Uhr, 26.08.2014

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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