Der Euro-Absturz: Eine nützliche Übung für Christine Lagarde
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- EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,00353 $ (FOREX)
Aber ganz besonders - so jedenfalls meine Überzeugung - ist es die Zaghaftigkeit und Unentschlossenheit der Europäischen Zentralbank, die den Euro nun derart unter Druck brachte.
Schon lange vor dem Kriegsbeginn in der Ukraine (das wird heute gerne vergessen) war die Inflation stark erhöht, weit über dem Inflationsziel der EZB in Höhe von 2 % p.a.
In Frankfurt hieß es aber immer: Die hohe Inflation ist "transitory", das wird sich schnell wieder abschwächen. Auch als Ökonomen und Zentralbänker praktisch auf der ganzen Welt stark abweichende Ansichten kundtaten und auch ganz anders handelten, ließ man sich im EZB-Rat davon nicht groß beeindrucken. Die Kombination aus einem extrem taubenhaften und äußerst prognoseschwachen Chefvolkswirt (Philip Lane) und einer geldpolitisch unerfahrenen EZB-Präsidentin (Lagarde) war unheilvoll. Die mahnenden Köpfe im EZB-Rat werden jetzt zwar stärker, aber wurden all die Jahre systematisch kleingemacht. Der alte Bundesbankchef Weidmann gab schließlich entnervt auf, wie schon zuvor sein Vorgänger Axel Weber.
EZB-Chefin Lagarde sagte kürzlich doch glatt, man müsse nun die Ursachen für die gemachten Fehler analysieren, dies sei eine "nützliche Übung". Es wirkte wie Hohn.
Dabei ist völlig offensichtlich, was zumindest eines der Probleme ist: Wir haben Stand heute immer noch 0,5 Prozent Negativzinsen in der Eurozone (Einlagezins) und 0 Prozent Leitzins. Das war schon letztes Jahr lange nicht mehr angemessen und wirkt heute nur noch realitätsverweigernd, vor allem auch im internationalen Vergleich. Die Ankündigung, im Juli die Zinsen um 0,25 Prozent anzuheben, ist angesichts einer Inflationsrate von rund 8 % nur noch als lächerlich zu bezeichnen. Man vergleiche hierzu den Stand der Fed in den USA.
2012, auf dem Höhepunkt der Eurokrise, sagte Mario Draghi: "Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.”
Das Vertrauen kehrte zurück, die Zinsen der Anleihen der "Krisenstaaten" sanken, der Euro (damals bei 1,20) erholte sich deutlich, was damals aber gar nicht so wichtig war. Der Kontext war ein anderer als heute. Was nun getan werden muss, ist den Euro-Wechselkurs zu stabilisieren, whatever it takes.
Die Aufgabe der EZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Sie selbst definiert das als eine Inflationsrate von 2 % auf mittelfristige Sicht. Die Unterstützung der Wirtschaft ist auch ein Ziel der EZB, darf aber nur insoweit erfolgen, als die Preisstabilität nicht gefährdet ist.
Der Wechselkurs ist dagegen kein eigenständiges Ziel der Geldpolitik der EZB. Aber sie hat auch in Zeiten der drohenden Deflation immer wieder betont, dass ein zu starker Euro dazu beitragen könnte, dass die Inflation "zu schwach" ist, und insofern der Wechselkurs auch eine Rolle in der Geldpolitik spielen kann.
Aktuell importieren wir uns zusätzlich zur ohnehin schon stark angeheizten Inflation auch noch zusätzliche Preissteigerungen. Alleine seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs hat der Euro ggü. dem US-Dollar 10 Prozent an Wert eingebüßt. Den Eurokurs zu stärken würde also eine direkte Hilfe zur Bekämpfung der Inflation darstellen, das Mandat der EZB schreit geradezu danach.
EZB-Versteher werden nun einwenden, dass eben der US-Dollar die Fluchtwährung ist, es sich eher um eine Dollar-Stärke denn eine Euro-Schwäche handelt. Das ist zum Teil richtig.
Aber auch der Euro könnte eine Fluchtwährung sein, wir sind ein mächtiger Wirtschaftsraum, mit mehr Einwohnern als die USA! Es ist nur so, dass hier nie jemand signalisiert, dass uns ein starker Euro wichtig ist. Und schon gar nicht wird so gehandelt.
Am 21.07. findet die nächste EZB-Sitzung statt. Obwohl schon eine Vorfestlegung auf eine Zinserhöhung um lediglich 0,25 Prozent stattgefunden hat, hätte der EZB-Rat jetzt die Chance zu zeigen, dass es ihm ernst ist mit der Bekämpfung der Inflation und der Euro nicht endgültig zur Weichwährung mutieren soll. Um das zu erreichen, wäre als erster Schritt eine deutliche Zinserhöhung (mindestens 0,5 Prozent) gleich im Juli sehr hilfreich. Das wäre wirklich eine nützliche Übung, Madame Lagarde.
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