Fundamentale Nachricht
12:06 Uhr, 05.05.2017

Die Aktienrallye dürfte in der zweiten Jahreshälfte zu Ende gehen

Die straffere Geldpolitik wirkt sich nach Einschätzung von Witold Bahrke, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management, bereits negativ aus, obwohl die Zinssätze absolut gesehen noch niedrig sind.

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Stockholm (GodmodeTrader.de) - Die derzeitige Rallye am Aktienmarkt beruht auf übertriebenen Erwartungen und dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte deutlich abschwächen. Dieser Ansicht ist Witold Bahrke, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management. „Der Markt preist derzeit eine geradezu heroische Rückkehr des globalen Wachstums ein – bis auf ein Niveau, wie wir es zuletzt vor der Großen Finanzkrise gesehen haben. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die volkswirtschaftliche Realität mit den hohen Erwartungen mithalten kann“, schreibt Bahrke in einem aktuellen Marktkommentar.

Der derzeit zu beobachtende Anstieg der Inflation, der die Erwartungen zusätzlich befeuert habe, könnte seinen Höhepunkt bereits erreicht haben. Zugleich stehe das Ende der lockeren Geldpolitik ins Haus, und das in einer Zeit, in der schon kleine Zinsschritte das Wachstum beeinträchtigen könnten. „Eine Fortsetzung der Rallye ist möglich, doch dafür müssen die Sterne schon sehr gut stehen. Die Hürde für positive Überraschungen ist jedenfalls hoch. Unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten dürften Staatsanleihen in der zweiten Jahreshälfte daher gegenüber Aktien an Attraktivität gewinnen“, so Bahrke.

Der Volkswirt beobachtet derzeit eine ungewöhnliche Marktkonstellation, in der eine Aktienrallye mit ansehnlichen Renditen bei Staatsanleihen einhergegangen ist. Auf der einen Seite haben globale Aktien im ersten Quartal sieben Prozent Rendite erbracht. Dieser Anstieg werde durch die Hoffnung angetrieben, dass sich überraschend positive Indikatoren in einem realen globalen Wachstum von vier bis fünf Prozent und moderater Inflation niederschlügen. Allerdings seien die harten Daten, etwa beim Konsum oder vom Arbeitsmarkt, weitgehend innerhalb der Erwartungen geblieben. Eine ähnliche Diskrepanz zwischen „weichen“ und „harten“ Daten habe es auch 2001 und 2007 gegeben – in beiden Fällen ging sie mit einer Marktkorrektur einher. „Die historische Datenlage ist zwar dünn, weshalb man dies nicht vorschnell als Verkaufssignal werten sollte. Allerdings ist Vorsicht geboten: Vom ersten Quartal auf den Rest des Jahres zu schließen, könnte eine gefährliche Strategie sein“, betont Bahrke.

Auf der anderen Seite des Risikospektrums hätten sich jedoch auch Staatsanleihen gut entwickelt. „In einem risikofreudigen Umfeld, das durch eine straffere Geldpolitik geprägt ist, würde man genau die gegenteilige Reaktion der Anleihemärkte erwarten“, bemerkt Bahrke. Dagegen seien die Inflationserwartungen, wie sie an den Anleihemärkten eingepreist würden, im Jahresverlauf bislang leicht gefallen. Angesichts des geldpolitischen Straffungskurses, der mittlerweile von allen drei großen Zentralbanken verfolgt wird, seien die positiven Renditen an den Anleihemärkten umso auffälliger.

„Die wahrscheinlichste Erklärung für dieses Rätsel ist, dass die Anleihemärkte an der Nachhaltigkeit der Reflationsdynamik zweifeln – und damit auch an der Nachhaltigkeit der Rallye bei risikoreichen Anlagen“, analysiert er. Der Experte erwartet, dass sich die Dynamik abschwächt, wenn sich die Rohstoffpreise stabilisieren, und Basiseffekte beginnen, die weltweite Gesamtinflationsrate zu bremsen. „Das wird sich auch negativ auf die Unternehmensgewinne auswirken – die Hälfte des US-amerikanischen Gewinnwachtsums im vierten Quartal 2016 war alleine auf die Erholung des Energiesektors zurückzuführen“, unterstreicht er.

Entscheidend könnte nun das Zusammenspiel von Geld- und Fiskalpolitik sein. Der Spielraum für Zinsschritte, der sich im neutralen Realzinssatz zeige, sei derzeit äußerst gering. In den USA dürften schon moderate Zinssteigerungen ausreichen, um die Realzinssätze in einen Bereich zu bringen, in dem sie das Wachstum abzuwürgen drohen. Bereits in den vergangenen Monaten habe sich das Kreditwachstum abgeschwächt.

„Das ist ein deutliches Warnsignal, dass sich die straffere Geldpolitik bereits negativ auswirkt, und das, obwohl die Zinssätze absolut gesehen noch niedrig sind“, betont Bahrke. Im Falle einer moderaten Geldpolitik dürften sich Aktien zwar noch eine Weile positiv entwickeln. Allerdings strebe Präsident Donald Trump eine ausgabenfreudigere Politik in den USA an, die die US-Notenbank Fed dazu zwingen könnte, die Zinssätze stärker als derzeit eingepreist zu erhöhen. „Damit würde das Ende des nun achtjährigen Aktien-Bullenmarktes deutlich näher rücken“, erwartet der Experte. „So gesehen ist es gar nicht so schlecht, dass Donald Trumps Wirtschaftspolitik derzeit im Kongress auf Widerstände stößt“, schließt er.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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