Kommentar
09:45 Uhr, 15.10.2021

Deutschlands Wirtschaft: Nur Abschwung oder Rezession?

Konjunkturindikatoren trüben sich überall auf der Welt ein. Das gilt auch für Deutschland. Zeit, sich Sorgen zu machen?

Ob ifo-Index oder ZEW Indikator, sie alle zeigen in die gleiche Richtung: nach unten. Es handelt sich dabei auch nicht nur um statistisches Rauschen. Der konjunkturelle Abwärtstrend hält seit mehreren Monaten an. Bisher hatten Anleger gute Gründe diesen Trend zu ignorieren. So leicht wird das in Zukunft nicht mehr sein. Der bisherige Aufschwung hatte eine große Besonderheit. Der Auftragseingang der Industrie ist schnell gestiegen. Im Normalfall steigen Produktion und Auftragseingänge parallel an oder fallen gemeinsam. In diesem Aufschwung war das anders. Die Auftragsbücher füllten sich, die Produktion hingegen konnte nicht mithalten. Seit Anfang 2021 sinkt die Produktion sogar, obwohl die Aufträge weiter zulegen.


Diese Divergenz ist einfach erklärt. Die Lieferketten machen einfach nicht mit. Man kann noch so viele Aufträge haben, wenn wichtige Teile fehlen (wie bei Autos die Chips), kann man nicht produzieren. In Deutschland haben die Lieferkettenprobleme besonders stark zugeschlagen, da die Autoindustrie größer ist als in vielen anderen Ländern.

Daher konnten Anleger das Problem auch guten Gewissens an einem Sektor festmachen. Rechnete man die Autoproduktion aus den Daten heraus, sahen die Produktionswerte gar nicht so schlecht aus. Mit den jüngsten Daten ändert sich das. In immer mehr Sektoren tendiert die Produktion nun seitwärts oder abwärts (Grafik 2). Es ist nicht mehr nur ein Problem der Autoindustrie.


Einerseits zeigt es, dass die Lieferkettenprobleme nun alle Branchen betreffen. Andererseits kann man sich auch immer weniger auf die vollen Auftragsbücher verlassen. Die Produktion mag heute niedrig sein, doch wenn die Auftragsbücher gefüllt sind, geht der Aufschwung früher oder später weiter.

Im vergangenen Monat ging der Auftragseingang stark zurück. Damit trübt sich der Ausblick erheblich ein. Viele Aufträge kommen aus China. Die dortige Abkühlung schlägt inzwischen auf Deutschland und den Rest der Welt durch. Es bleibt aber auch ein Hoffnungsschimmer.

Der Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen hält sich solide über der Expansionsmarke von 50 Punkten. Die USA haben auf einen zweiten großen Lockdown verzichtet. Daher kann man sagen, dass die USA der Eurozone um ca. 8 Monate vorausgehen (Grafik 3). Auf dieser Basis sollten Dienstleistungen auch in den kommenden Monaten robust bleiben.


In vielen Ländern dürfte eine Rezession im produzierenden Gewerbe anstehen. Das kann deutsche Aktienindizes mehr treffen als in anderen Ländern, da der Anteil von Industrieunternehmen hoch ist. Dass die Gesamtwirtschaft in eine Rezession rutscht, ist noch nicht absehbar.

Der Aktienmarkt, der in den vergangenen Wochen bereits volatiler war, wird volatiler bleiben. Auch eine relevante Korrektur von 10 % ist noch nicht vom Tisch. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es sich dabei um eine Korrektur handeln, die lediglich die Wachstumsdelle im Konjunkturzyklus widerspiegelt. Eine Korrektur ist nach aktuellem Kenntnisstand als Kaufgelegenheit zu sehen.

Clemens Schmale


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  • mariahellwig
    mariahellwig

    "Auch eine relevante Korrektur von 10 % ist noch nicht vom Tisch"

    Die ist überhaupt nicht vom Tisch. Betrachtet man dazu die Zinsen, hat der Markt deutliches Abwärtspotential.

    10:51 Uhr, 15.10.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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