Kommentar
18:25 Uhr, 20.08.2018

Deutschland - warum die besten Jahre nun hinter uns liegen

Deutschland glänzte in den letzten Jahren mit hohen Wachstumszahlen und ließ so manch anderes Land in Europa hinter sich. Jetzt kehrt sich der Spieß um.

Deutschland galt lange Zeit als Konjunkturlokomotive Europas. Das Wachstum war viele Jahre überdurchschnittlich (Grafik 1). Während der Finanzkrise war das Wachstum zunächst deutlich negativer als in anderen Ländern. Als Exportland war Deutschland besonders stark von der einbrechenden Weltkonjunktur betroffen.

Der Rebound war dafür umso beeindruckender. Bis Ende 2014 wuchs die deutsche Wirtschaft schneller als die Eurozone, teils um mehr als 2 % schneller. Andere Kernländer wie Frankreich und die Niederlande konnten da nicht mithalten.

Inzwischen sieht die Sache aber wieder anders aus. In den letzten Quartalen lag das Wachstum häufiger unter dem Durchschnitt als über dem Durchschnitt. Österreich und die Niederlande, die längere Zeit unterdurchschnittliche Wachstumsraten auswiesen, haben Deutschland inzwischen längst überholt.

Es sind nicht nur die Kernländer, die Deutschland überholen, sondern auch viele der ehemaligen Krisenländer (Grafik 2). Griechenland wuchs zuletzt schneller als Deutschland und so manch anderes Kernland. Portugal schafft zumindest wieder ein Wachstum, welches nahe des Durchschnittes liegt. Spanien und Zypern überholen den Rest der Eurozone problemlos.

Die Verlangsamung des Wachstums in Deutschland wird derzeit wenig diskutiert. Das Thema wird beinahe komplett ignoriert. Das ist ein Fehler. Längerfristig betrachtet hinkt Deutschland vielen Ländern der Eurozone deutlich hinterher (Grafik 3). Die Wirtschaftsleistung hat sich zwar seit 2010 besser entwickelt als in vielen anderen europäischen Ländern, doch für ein längeres Zeitfenster kann man das nicht behaupten. Es kann auch kein Trost sein, dass Griechenland und Portugal weiter zurückliegen.

Bis 2005 wuchs die deutsche Wirtschaft vergleichsweise langsam. Die Lücke zur Eurozone wurde immer größer. Dank zahlreicher Reformen konnte die Lücke nach 2005 bis 2015 fast geschlossen werden. Jetzt wird die Lücke wieder größer, wenn auch in sehr kleinen Schritten.

Ein Grund ist das besonders langsame Bevölkerungswachstum in Deutschland. Wächst die Bevölkerung eines Landes, wächst auch im Normalfall die Wirtschaft schneller. Das ist aber lediglich ein kleiner Effekt, der die stark nachlassende Dynamik nicht erklärt. Zumal kam es im Rahmen der Flüchtlingskrise geradezu zu einer Bevölkerungsexplosion in Deutschland.

Vielmehr kann man die Vermutung aufstellen, dass sich Deutschland zu lange auf dem hohen Wachstum ausgeruht hat. Die Politik ist eingeschlafen. Wenn es Reformen gibt, dann nicht, um das Land voranzubringen, sondern um Wahlgeschenke zu verteilen oder frühere Reformen teilweise zurückzunehmen.

Das ist kein Erfolgsmodell. Wird in Deutschland nicht endlich wieder reformiert, wiederholt sich die Geschichte von 1995 bis 2005. Deutschland fällt wieder zurück und wird der kranke Mann Europas. Bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode wird das immer offensichtlicher werden. Immerhin besteht dann die Hoffnung auf einen Wandel.

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14 Kommentare

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  • der Oldenburger
    der Oldenburger

    ich wundere mich immer wieder wie leicht(fertig) Aussagen bei Prozentwerten getätigt werden. 2% von 1000 ist immer noch mehr wie 10 % von 100 !!!!! Prozente sagen überhaupt nichts aus wenn die Basis nicht die gleiche ist und es hilft auch nicht wenn man den Anfang bei 0 ansetzt aber es hilft immer wieder völlig falsche Meinungsbilder entstehen zu lassen.

    12:48 Uhr, 21.08.2018
  • sit1984
    sit1984

    Herr Schmale, sie sollten aufpassen, dass sie mit ihren zahlreichen pessimistischen Beiträgen nicht die ganzen AfDler, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger anziehen. Macht keinen guten Eindruck. ;)

    09:54 Uhr, 21.08.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Helmut56
    Helmut56

    Jetzt ist es Zeit, den Euro zu verlassen... Sonst verlassen dieses Fehlkonstrukt andere!

    22:29 Uhr, 20.08.2018
    2 Antworten anzeigen
  • Naturwissenschaftler
    Naturwissenschaftler

    bitte beschriftet die Grafiken mal mit SINNVOLLEN und AUSSAGEKRÄFTIGEN Achsen. Das ist höchst unprofessionell

    21:44 Uhr, 20.08.2018
  • 1 Antwort anzeigen
  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    Hartz V kommt aber erst mit Frau Nahles

    19:06 Uhr, 20.08.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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