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11:15 Uhr, 17.09.2013

Deutschland wählt – Europa wartet

„Wir sehen Angela Merkel als Wahlsiegerin, womit sie auch inoffizielle Anführerin der Eurozone bleiben wird", wie Azad Zangana, Volkswirt für Europa beim britischen Vermögensverwalter Schroders in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Frankfurt (BoerseGo.de) – „Wir sehen Angela Merkel als Wahlsiegerin, womit sie auch inoffizielle Anführerin der Eurozone bleiben wird. Als Koalitionspartner glauben wir an eine schwarz-rote, schwarz-grüne oder schwarz-rot-grüne Koalition – und dass, obwohl beide großen Parteien in Deutschland im Vorfeld der Wahl eine große Koalition vehement ausgeschlossen haben, wie Azad Zangana, Volkswirt für Europa beim britischen Vermögensverwalter Schroders in einem aktuellen Marktkommentar zur Bundestageswahl am 22. September schreibt.

Doch unabhängig von der genauen Konstellation werde die künftige deutsche Regierung ihre Haltung gegenüber den europäischen Peripherieländern lockern. Das solle allerdings nicht mit Passivität verwechselt werden. Griechenland brauche ganz offensichtlich weitere Hilfen, und die gingen zu Lasten offizieller Institutionen und damit letztendlich zu Lasten der europäischen Steuerzahler, heißt es weiter.

„Haben wir Recht mit unseren Erwartungen einer möglichen Koalition, wird das sicherlich nicht alle Marktteilnehmer erfreuen: Die neue Regierung wird einen härteren Kurs gegenüber Banken einschlagen, was auch die Anleger trifft, die in Banken investiert sind – sowohl über Aktienbeteiligungen als auch über Anleihen“, so Zangana.

Die CDU versuche, der SPD Wählerstimmen abzujagen, weshalb auch der letzte Haushaltsentwurf von Angela Merkel Pläne zur Einführung einer Vermögenssteuer, Bankabgaben und einer Finanztransaktionssteuer enthalte – alles Ideen, die voraussichtlich zukünftig auch auf europäischer Ebene eingeführt werden könnten. Die größten Auswirkungen habe das vor allem für Spanien und Italien, wo weiterhin eine Umstrukturierung des Bankensystems nötig sei. Es scheine nun so, als handele Merkel zu Gunsten von Anleiheinvestoren, während Sparer mit Einbußen rechnen müssten, was sehr an die Situation in Zypern erinnere. Dieses Vorgehen werde nun auf europäischer Ebene durch den einheitlichen Abwicklungs-Mechanismus im Rahmen der Bankenunion formalisiert, der für Verluste zunächst Investoren in die Pflicht nehmen werde, bevor Mittel aus dem EU-Stabilitätsmechanismus zur Rekapitalisierung von Banken flössen, heißt es weiter.

„In die gleiche Kerbe wird wohl auch die Europäische Zentralbank EZB schlagen: Sie wird aller Erwartung nach in ihrer neuen Rolle als einheitliche europäische Bankenaufsicht eine Prüfung der Investment-Qualität („Asset Quality Review“) durchführen. So soll festgestellt werden, welche Qualität die Darlehen der Banken wirklich haben, sollte sich das makroökonomische Umfeld verschlechtern. Im Anschluss an diese Überprüfung der Investments wird die EZB einen Stresstest für die Bilanzen der Banken mit verschiedenen ungünstigen Makro-Szenarien durchführen. Beides, sowohl die Investment-Qualitäts-Prüfung als auch der Stresstest, wird wahrscheinlich Defizite in der Menge und Qualität des Kapitals, das Banken halten, aufzeigen“, so Zangana.

Das große Risiko sei, dass die EZB vor dem Hintergrund einer eher unfreundlichen Haltung gegenüber deutschen Banken einen beschleunigten Rekapitalisierungs-Prozess erzwingen werde. Dies würde zwangsläufig dazu führen, dass Banken ihre Kreditvergabe weiter einschränkten, weil sie keine Möglichkeiten hätten, ihr Kapital durch Aktien-Emissionen zu erhöhen, heißt es.

„Insgesamt ist es eher unwahrscheinlich, dass die deutsche Bundestagswahl für sich genommen zu einem Ergebnis führt, das den Ausblick für Europa dramatisch ändert. Aber erst nach der Wahl wird der nötige Erholungsprozess wieder durchstarten, und das bringt dann erhöhtes politisches Risiko und Markt-Volatilität mit sich“, so Zangana.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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