Deutschland im Blick: Wackelt die „Schwarze Null“?
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Die „Schwarze Null“, der Deutschen großer Stolz, könnte sich ihrem Ende nähern. Seit 2014 hat sich die deutsche Regierung nicht mehr neu verschuldet, und damit entweder einen ausgeglichenen Haushalt oder gar einen Überschuss erzielt – also schwarze Zahlen geschrieben.
Zwar besteht die Sicht, dass eine Neuverschuldung dringend vermieden werden muss, in Regierungskreisen weiterhin. Doch aufgrund der schwächelnden deutschen Wirtschaft werden die Forderungen nach mehr Investitionen und fiskalpolitischen Unterstützungen des Bundes lauter.
Bei der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington DC hat sich dieser Ansicht gleich ein neues Schwergewicht angeschlossen: die neue Chefin des Fonds, Kristalina Georgiewa.
Gerade mal ein paar Tage im Chefsessel, appellierte Georgiewa schon an die deutsche Regierung, sie solle die Wirtschaft mit höheren Ausgaben ankurbeln, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur und Forschung. Und sie ist bei weitem nicht die Einzige.
Das Ende der Schwarzen Null?
Auch die EU-Kommission drängt Deutschland, die Staatsausgaben zu erhöhen und so die Wirtschaft zu stützen. Unser Chief Economist Gilles Moëc geht davon aus, dass Berlin im nächsten Jahr mehr investieren wird und die Schwarze Null aufgeben wird, da selbst „unabhängig von der aktuellen konjunkturellen Situation“ ein Bedarf an mehr öffentlichen Investitionen besteht als die derzeitigen Bruttoinvestitionen von zwei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts (BIP).
Aber warum die ganze Aufregung? Die deutsche Wirtschaft schwächelt und wird wahrscheinlich im dritten Quartal in eine Rezession fallen – Klarheit darüber werden wir Mitte November bekommen. Prognosen von Trading Economics sehen eine Kontraktion von 0,2 Prozent, und auch die Bundesbank geht von einer Verringerung aus.
Mit Blick auf das nächste Jahr wird die Konjunktur, neusten Vorhersagen zufolge, hinter Prognosen zurückbleiben. So haben sowohl der IWF, als auch die Bundesregierung selber ihre Wirtschaftsprognosen für 2020 für Deutschland um 0,5 Prozentpunkte gesenkt (jeweils auf 1,2 Prozent und ein Prozent).
Trotzdem, die Regierung geht davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten sowie auch die Einkommen weiter wachsen werden, von 44,8 Millionen Beschäftigten Ende 2018 auf 45,4 Millionen bei Ende 2020. Die Arbeitslosenquote hat sich in den vergangenen zwölf Monate gut gehalten – auch im Oktober blieb sie unter der fünf-Prozent-Marke, bei 4,8 Prozent und 30,000 weniger Arbeitslosen als im Vormonat.
Und die Deutschen sind auch grundsätzlich recht optimistisch: mehr als 80 Prozent der Befragten einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey haben kaum Sorge in Zukunft ihren Job zu verlieren, so der Spiegel, und auch mit ihrer finanziellen Lage sind über 40 Prozent der Befragten einer Studie des Sparkassen- und Giroverbands zufrieden.
Was bringt der November sonst?
Obwohl die Hauptkonjunkturdaten für das dritte Quartal wohl eine der wichtigsten Kalenderdaten für die deutsche Wirtschaft sein werden, könnte es im November auch an der (geld-)politischen Front interessant werden. Zum 1. November hat Christine Lagarde jetzt den Helm an der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen und alle Augen werden sich auf erste Indikatoren richten, was ihre zukünftige Geldpolitik angehen könnte. Die erste Sitzung des EZB-Rats wird allerdings erst im Dezember stattfinden.
Nachdem der Brexit jetzt erstmal wieder um ein paar Monate verschoben wurde, erwarten wir uns aus Großbritannien zur Abwechslung mal weniger Gesprächsstoff im November, bevor dann im Dezember Neuwahlen für das britische Unterhaus anstehen. Die Brexit-Verlängerung wurde jetzt auf Ende Januar gelegt.
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