Kommentar
09:30 Uhr, 03.02.2017

Deutschland als Vorbild für die USA?

Deutschland ist Exportweltmeister. Ohne die Exporte würde vom Wachstum und der Wirtschaftsleistung nicht viel übrigbleiben. Es ist eines der wichtigsten Standbeine des Landes. So etwas wollen auch die USA.

Die USA exportieren bereits jetzt an die 2 Billionen Dollar an Waren und Dienstleistungen pro Jahr. Das ist mehr als in Deutschland, allerdings importieren die USA auch sehr viel mehr, nämlich über 2,5 Billionen an Waren und Dienstleistungen. Daraus ergibt sich das in absoluten Zahlen größte Handelsbilanzdefizit der Welt.

In Deutschland sind die absoluten Zahlen kleiner, dafür aber wird sehr viel weniger importiert. In der Folge kommt es zu einem Überschuss im Handel, der an die 300 Mrd. erreicht. Im Handel ist des einen Überschuss des anderen Defizit. Die USA ermöglichen durch ihr gigantisches Defizit den Überschuss vieler anderer Länder.

Ein Defizit muss per se kein Problem sein, es mindert allerdings das Wachstum. Die Wirtschaftsleistung setzt sich aus Konsum, Investitionen, Staatsausgaben und Nettoexporten (Exporte minus Importe) zusammen. Wachsen die Importe schneller als die Exporte, reduziert dies das Wachstum.

In den USA ist das seit langem der Fall. Die neue Administration will dem ein Ende setzen. Können z.B. die Exporte weiter wachsen, bleiben die Importe jedoch stabil, kann dies das Wirtschaftswachstum um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte pro Jahr steigern. Das ist auf Dauer eine ganze Menge.

Der Plan, die Importe zu begrenzen und Exporte zu fördern, ist auf dem Papier gut, doch wie bewerkstelligt man so etwas überhaupt? Die Trump-Administration hat dazu eine Idee. Es soll eine sogenannte Boarder Adjustment Steuer eingeführt werden. Dabei werden Importe unattraktiver gemacht.

Konkret können Unternehmen die Kosten für importierte Inputgüter nicht mehr von ihren Einnahmen abziehen. Dadurch erhöht sich das steuerbare Einkommen. Im Gegensatz dazu werden Exporte gar nicht besteuert. Wer also seinen Gewinn maximieren will, der importiert möglichst wenig und exportiert so viel wie nur möglich.

Die Steuer ist eine Alternative zu Zöllen. Zölle machen Importe direkt teurer. Eine Grenzsteuer wirkt über die Einnahmen und Ausgabenseite der Unternehmen. Die Wirkung ist ähnlich wie bei Zöllen, die Steuer wird jedoch als Unternehmenssteuer verpackt.

Länder, die ein hohes Handelsdefizit ausweisen, haben für gewöhnlich einen natürlichen Anpassungsprozess vor sich. Wer dauerhaft mehr importiert als exportiert, der schwächt letztlich die Währung. Das macht Importe auf natürliche Art teurer. Die Binnenwirtschaft wird gestärkt und Exporte werden gefördert.

In den USA ist das mit dem Dollar nicht so einfach. Trotz eines chronischen Defizits wertet der Dollar nicht ab, sondern auf. Das hat viele Gründe. Es hilft z.B. nicht, dass der Dollar praktisch die einzige Reservewährung der Welt ist. Über eine Währungsabwertung ist der Export tendenziell nicht zu retten, weil es keine Option ist.

Was bleibt, das sind steuerliche Anreize, die auf einen Effekt abzielen, der ähnlich einer Währungsabwertung ist. Das ist kein neues Phänomen. Auch Deutschland hat sich dieses Tricks bedient. Deutschland senkte vor gut 10 Jahren die Lohnnebenkosten (macht die Produktion für Unternehmen günstiger), erhöhte dafür aber die Mehrwertsteuer. Unterm Strich fördert dies die Produktion und Exportwirtschaft während Konsum und Importe behindert werden.

Ohne diese Verschiebung von Steuern sähe die Exporthistorie (siehe Grafik) wohl ganz anders aus. Vor allem der Export in die Länder der Eurozone wäre wohl sehr viel stärker unter die Räder gekommen, hätte es die Anpassung nicht gegeben.

Die Maßnahme wirkt für Deutschland vor allem für die Handelspartner in der Eurozone. Im Austausch mit anderen Währungsräumen hat der Steuertrick kaum Wirkung. Er führt nämlich zu einer Währungsaufwertung. Das steht auch den USA bevor, wenn sie die Steueranreize neu gestalten. Über die Währung wird der kurzfristige Vorteil wieder ausgeglichen. Langfristig lässt sich im Handel mit anderen Währungsräumen kein Vorteil erzielen.

Kurz gesagt: über Steuern oder Zölle werden die USA nicht zum Exportweltmeister. Es braucht andere Maßnahmen. Im Handel können die USA nur gewinnen, wenn sie wettbewerbsfähiger werden. Das geht vor allem über Produktivitätswachstum. Die bisher diskutierten Mittel der neuen Administration dürften der Wettbewerbsfähigkeit eher schaden und zu einer Dollaraufwertung führen. Das ist langfristig das Gegenteil dessen, was eigentlich erreicht werden soll.

Clemens Schmale

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  • Octagon2012
    Octagon2012

    Sie haben einen ganz entscheidenden Punkt vergessen, nämlich das Bildungssystem. Eine vergleichbare Ausbildung wie in Deutschland (Handwerkerlehre usw...) gibt es in USA nicht. Deshalb funktioniert das Arbeitsleben dort auch völlig anders. Es wird nie soweit kommen dass die USA Deutschland hier auch nur halbwegs nachahmen können, wenn nicht ein vergleichbares Ausbildungssystem aufgebaut wird.

    15:23 Uhr, 03.02.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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