Deutschland: Abwrackprämie zeigt Wirkung
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Externe Quelle: Hypovereinsbank UniCredit
Die deutschen Einzelhandelsumsätze zeigten zu Jahresbeginn zwei Gesichter. Im Allgemeinen setzte sich die zurückhaltende Einstellung der Konsumenten fort. Trotz der verbesserten Kaufkraft auf Grund bereits vereinbarter ordentlicher Lohnsteigerungen und der stark rückläufigen Inflation blieben die Januar-Umsätze ohne Autos und Benzin um 0,6% gegenüber Vormonat zurück.
Offensichtlich belasten die schlechten Konjunkturaussichten und die daraus resultierenden rekordhohen Arbeitsplatzängste zunehmend die Kauflaune der privaten Haushalte. Dies spiegelt sich auch im erneuten Anstieg der Sparquote im vierten Quartal auf 11,8% wider. Die realen Einzelhandelsumsätze mit Autos und Benzin sind dahingegen im Januar angestiegen, getrieben durch einen kräftigen Anstieg der Autoverkäufe um 4,1%.
Das Fiskalprogramm der Bundesregierung, das sich auf insgesamt rund 60 Mrd Euro (oder rund 2,5% des BIP) beläuft, beinhaltet zahlreiche Maßnahmen, die den privaten Konsum in diesem und im nächsten Jahr stärken sollen. Der Großteil der Maßnahmen wird sich allerdings erst nach Jahresmitte auswirken. Eine der wenigen Ausnahmen ist dabei die Abwrackprämie für Autos (siehe Box für Details).
Die aktuelle Divergenz zwischen den Autoverkäufen und den anderen Segmenten im Einzelhandel wird durch die jeweiligen Erwartungskomponenten der Ifo-Umfrage bestätigt (siehe Grafik).
Anfang dieser Woche gab nun das Kraftfahrt-Bundesamt die Zahl der Pkw-Neuzulassungen für den Monat Februar bekannt. Danach ergab sich bei den Neuzulassungen ein kräftiges Plus um 21,5% gegenüber Vorjahr (vgl. Grafik nächste Seite). Zudem wurde gemeldet, dass die Zulassungszahlen bei den jungen gebrauchten Pkw (Jahreswagen) um sehr hohe 82%! über dem Vorjahresniveau gelegen haben. Zusammen mit den Einzelhandelsumsätzen war dies ein erstes sichtbares Zeichen bezüglich der Auswirkungen des Fiskalprogramms.
Bleibt die Frage, inwieweit sich die Abwrackprämie auf das 2009er BIP insgesamt auswirken wird. Unsere Analyse basiert auf folgenden Annahmen:
– Gemäß dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) lagen per 5. März 180.492 Anträge vor3. Der rasche Anstieg der Antragszahl lässt uns annehmen, dass die Höchstzahl der Anträge (600.000) erreicht wird.
– Wir haben zudem geprüft, wer von der Prämie profitiert und wer nicht, d.h. ob bestimmte Pkw-Klassen bevorzugt werden. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts haben insbesondere die Neuzulassungen von Kleinwagen kräftig zugelegt (Zuwachs ggü. Vorjahr 155%; Kleinstwagen: +93%). Stark gefallen sind dagegen die Zulassungen großer und Luxusfahrzeuge.
Entsprechend gelangten wir zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Wert eines dank der Abwrackprämie erworbenen Neuwagens rund 10.000 Euro beträgt. Das ergibt eine Gesamtsumme von 6 Milliarden Euro (10.000 EUR x 600.000).Damit beträgt das dadurch ausgelöste Umsatzplus im Kraftfahrzeugeinzelhandel etwa 0,25% des BIP.
Wasser in den Wein gießen
Der Konjunkturbeitrag von 0,25% durch den höheren Konsum ist aber leider nur die halbe Wahrheit, und zwar aus zwei Gründen:
Zunächst werden nicht alle erworbenen Kraftfahrzeuge in Deutschland hergestellt. Das gilt insbesondere für die eher kleinen Fahrzeuge. Mehrere Untersuchungen haben bestätigt, dass Volkswagen bislang größter Nutznießer der Abwrackprämie war und dies auch bleiben wird. Insgesamt jedoch verbuchen ausländische Automobilhersteller wie Dacia, Peugeot, Fiat und Skoda einen Großteil an den erwarteten Absatzsteigerungen. Da die im Ausland hergestellten Kraftfahrzeuge als Importe zu betrachten sind, schmälern diese Käufe die positiven Wachstumsimpulse. Zudem zieht der Kauf deutscher Kraftfahrzeuge keinen entsprechenden Anstieg des BIP nach sich, da die Bruttowertschöpfung zu einem erheblichen Teil durch Zulieferer im Ausland generiert wird. Der Importanteil deutscher Kraftfahrzeuge beträgt etwa 35%.
Überdies könnten sich im zweiten Halbjahr 2009 gegenteilige Effekte einstellen. Zahlreiche private Haushalte haben den Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs – selbst ohne die Abwrackprämie – bereits für dieses oder nächstes Jahr geplant und nun die Anschaffung vorgezogen. Laut Umfragen beabsichtigten ohnehin etwa 50% der Antragsteller auf die Abwrackprämie in absehbarer Zukunft einen Neuwagen zu erwerben. Dementsprechend dürfte es nach dem Sommer eine Korrektur geben. Darüber hinaus sollte die Abwrackprämie auch Bremswirkungen auf die Gebrauchtwagenhändler und Reparaturbetriebe entfalten.
Prämie kommt zur rechten Zeit
Insgesamt betrachtet sind wir jedoch der Auffassung, dass die Abwrackprämie für alte Kraftfahrzeuge sinnvoll ist. Denn die Lage – insbesondere in Bezug auf den Automobilabsatz – hat sich jüngst weiter zugespitzt. Im Laufe des letzten Jahres gingen die inländischen Verkaufszahlen von Automobilen um 12% zurück (siehe Grafik) – verstärkt durch die stark rückläufige Zahl der Verkäufe von Firmenwagen, im Zuge des Zurückschraubens der Unternehmensinvestitionen.
Und die Inlandsbestellungen für Kraftfahrzeuge sanken gegenüber dem Vorjahr um sage und schreibe 38% (siehe Grafik).
Zweifelsohne werden die Auswirkungen der Abwrackprämie auf die Gesamtwirtschaft dieses Jahr aus oben genannten Gründen insgesamt eher gering sein. Der zeitnahe Wachstumsimpuls ist jedoch trotz des zu erwartenden Rückschlags nach dem Sommer eindeutig positiv zu sehen. Die tiefe Rezession wird sich in den nächsten Monaten unvermindert fortsetzen. Bis sich die Auslandsnachfrage wieder stabilisiert, benötigt die deutsche Wirtschaft dringend Impulse. Weitere Effekte durch sonstige Maßnahmen aus dem staatlichen Konjunkturpaket dürften sich erst ab der zweiten Jahreshälfte zunehmend in der Konjunktur niederschlagen. Unseren Schätzungen zufolge dürfte das BIP Ende 2009 0,6% höher ausfallen als in einem Szenario ohne Konjunkturprogramm. Entsprechend bringt die Abwrackprämie der stark angeschlagenen deutschen Wirtschaft zumindest ein wenig dringend benötigte Sofortunterstützung.
Die Ausgestaltung der Abwrackprämie war allerdings Gegenstand heftiger Kritik, insbesondere da ausländische Automobilhersteller hierdurch in hohem Maße vom Geld der deutschen Steuerzahler profitieren. Doch ein Ausschluss ausländischer Hersteller wäre keine echte Alternative gewesen. Denn dies hätte gegen die Regeln des EU-Binnenmarkts verstoßen und protektionistische Gegenmaßnahmen anderer Länder wahrscheinlicher gemacht. Und das läge gewiss nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft, die zu den Hauptnutznießern eines offenen Welthandels zählt.
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