Kommentar
18:18 Uhr, 11.04.2022

Der Rubel rollt zwar nicht, wertet dafür auf: Wieso?

Wer auf den Handel mit Russland verzichten kann, tut das. Trotzdem wertet der Rubel auf und erreicht mehrjährige Hochs. Wieso?

Zu Beginn des Krieges verlor die russische Währung rasant an Wert. Gegenüber dem Dollar wertete der Rubel innerhalb von weniger als zwei Wochen um fast 50 % ab. Die Abwertung erscheint nachvollziehbar. Hunderte Milliarden an Devisenreserven wurden eingefroren, Unternehmen stellen reihenweise die Geschäfte ein, immer mehr Produkte wurden sanktioniert usw. Eine Währung kann da nur abwerten.

Seither ist viel geschehen. Die Verluste sind vollkommen wettgemacht. Tatsächlich erreichte der Rubel im Tageshoch Ende vergangener Woche einen Wert, der zu den besten der letzten Jahre zählte. Der Rubel war plötzlich stärker als vor Kriegsbeginn (Grafik 1). Das macht deutlich weniger Sinn als die vorherige Abwertung.

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Tatsächlich spricht alles für einen Währungskollaps. Der Kurszettel sagt etwas anderes. Dafür kann man das verantwortlich machen, was im Normalfall zum Kollaps führt. Der Devisenhandel ist kaum noch existent (Grafik 2). Es fließt kaum noch Geld nach Russland. Fehlende Kapitalzuflüsse sorgen im Normalfall für eine Abwertung. In diesem Fall hat Russland jedoch strikte Kapitalverkehrskontrollen erlassen. Es kommt kein bzw. kaum noch Geld aus Russland heraus.

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Dadurch gilt das Grundgesetz aktuell nicht. In normalen Zeiten folgt der Rubelkurs dem Transaktionsvolumen (Grafik 3). Seit März ist das nicht mehr der Fall. Aus Russland kommt kein Geld mehr heraus, dafür wird weiter Öl und Gas gekauft. Der Zustrom ist zwar wesentlich geringer, doch der Abfluss hat stärker abgenommen als der Zustrom.

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Der Hebel des geringen Zustroms ist aufgrund fehlenden Ausgleichs (Abfluss) enorm. Das hilft den Menschen vor Ort wenig. Da kaum noch importiert wird, hilft die Währungsaufwertung bei der Inflation wenig. Auch die freundschaftlichen Beziehungen zu China helfen bisher kaum. Das Transaktionsvolumen in Yuan ist im Vergleich zu Euro und Dollar praktisch nicht vorhanden (Grafik 4).

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Der starke Rubel ist kein Ausdruck einer starken Wirtschaft. Wie zu erwarten, ging es mit dem Einkaufsmanagerindex bergab (Grafik 5). Besonders bezeichnend ist der Lieferzeitenindex. Lieferzeiten sind länger als selbst inmitten des Corona-Lockdowns. Da viele Güter nicht mehr importiert werden können, ist das kein Wunder. Die Bevölkerung muss sich auf eine Mangelwirtschaft einstellen.

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Die Aufwertung des Rubels erlaubte es der Notenbank immerhin die Zinsen zu senken. Der Leitzins fiel von 20 % auf 17 % und wird aller Voraussicht nach weiter sinken. Zu erwarten war die Aufwertung in diesem Ausmaß nicht. Der Binnenkonjunktur hilft es jedenfalls über den Zinsumweg.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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