Kommentar
13:37 Uhr, 07.02.2017

Twitter-König Trump: Wie viel Einfluss hat der Präsident auf Aktienkurse?

Zur Kursmagie des neuen Präsidenten gibt es viele Ansichten. Die einen schreiben ihm die größte Präsidenten-Rally aller Zeiten zu, die anderen halten von dieser Sichtweise überhaupt nichts. Was kommt der Wahrheit am nächsten?

Hinterher ist man immer klüger – das gilt auch bzw. vor allem an der Börse. Vor der Wahl galt es als allgemein anerkannt, dass die Kurse unter Trump fallen würden. Jetzt wissen wir: so war es ganz und gar nicht. Im Nachhinein werden viele Erklärungen dafür gefunden, weshalb diese negative Erwartung nicht erfüllt wurde.

Ob diese Erklärungen nun wirklich besser sind als die ursprüngliche Erwartung, sei dahingestellt. Wer weiß schon ganz genau, was die Kurse an einem bestimmten Tag oder in einem bestimmten Zeitraum treibt?

Es scheint durchaus nachvollziehbar, dass höhere Staatsausgaben, Deregulierung, niedrigere Steuern und Exportförderung die Börse beflügeln. Wie nachhaltig das ist, wissen wir wohl erst in einem Jahr, wenn wirklich gesetzliche Fakten geschaffen wurden. Bis dahin werden die Kurse nicht von Fakten, sondern von Erwartungen und Hoffnungen gemacht.

Einen gewissen kausalen Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten des Präsidenten und der Börse kann man nicht bestreiten. Als Ende letzter Woche angekündigt wurde, dass Medikamente schneller zugelassen werden sollen, sprangen Pharma-Aktien in die Höhe. Hier liegen Ursache und Wirkung nah beieinander. Doch wie ist die Politik generell einzustufen und welche Auswirkung hat sie auf die Kurse jetzt in diesem Moment?

Analysten der Credit Suisse sind der Sache auf die Spur gegangen. Sie kommen zu einem überraschenden Schluss: die Kurse – ob Öl, Zinsen, Aktien oder Dollar – sind extrem hoch mit den Zustimmungswerten des Präsidenten korreliert. Der S&P 500 hat eine positive Korrelation in der Gegend von 0,7. Der Maximalwert läge bei 1. Die Korrelation ist also nicht perfekt, aber extrem hoch.

An der Börse muss man schon dankbar sein, wenn man Korrelationen von 0,3 findet. Werte von 0,7 oder höher sind eine Seltenheit. Bei der Korrelation zwischen den Zustimmungswerten und den Anleiherenditen bleibt einem fast die Spucke weg. Sie liegt bei 0,78. Der Ölpreis der Sorte WTI bringt es gar auf 0,81. Der Dollar schafft immerhin noch einen Wert von ca. 0,6.

Wie das praktisch aussieht, zeigen die einzelnen Grafiken. Grafik 1 zeigt die Zustimmungswerte für Trump im Durchschnitt der letzten 10 Umfragen. Der Durchschnitt dient lediglich dazu die Zeitreihe etwas zu glätten. Je nachdem, wer die Umfrage durchführt und wie viele Menschen befragt werden, kann es einzelne starke Ausreißer geben. Diese werden durch den Durchschnitt geglättet.

Man kann anhand der Historie der letzten 13 Monate sehen, dass WTI und Zustimmungswerte bis zur Wahl oftmals nur zufällig Hand in Hand gingen. Vor der Wahl stieg die Zustimmung, der Ölpreis fiel jedoch. Seit der Wahl ist das anders. Beide Zeitreihen bewegen sich stark positiv korreliert.

Nun kann man die Schlussfolgerung ziehen, dass die Kurse generell steigen, wenn Trumps Beliebtheit steigt. Fällt sie, dann wird es auch für die Kurse schwierig. Das ist jedoch eine voreilige Schlussfolgerung. Betrachtet man die Rendite zehnjähriger Anleihen zusammen mit den Zustimmungswerten (Grafik 2), so zeigt sich schon länger eine positive Korrelation. Sie ist zuletzt stärker geworden, doch sie ist nicht vollkommen neu.

So ähnlich sieht es beim Dollar Index aus (Grafik 3). Als Trump noch weit davon entfernt war das Rennen zu machen, zeigte sich bereits ein positiver Zusammenhang. Genauso zeigt sich auch der Verlauf von Small Cap Aktien (Grafik 4).

Die positive Korrelation ist seit der Wahl gestiegen. Es gab sie jedoch schon vor der Wahl. Vor der Wahl hatte Trump noch keine Entscheidungsmacht und Hillary Clinton galt als Favoritin. Die positive Korrelation ist daher nicht kausal zu sehen. Sie ist mehr oder minder reiner Zufall gewesen.

Nach der Wahl kann man nicht mehr allein von Zufall sprechen. Die Zustimmungswerte werden von Trumps Äußerungen und Dekreten bestimmt. Machen diese Sinn bzw. klingen gut wie etwa Deregulierung, steigt die Zustimmung. Gleichzeitig steigen die Kurse, denn Deregulierung wird intuitiv mit höheren Gewinnen in Verbindung gebracht. Zudem ist es wahrscheinlicher, dass Trumps Ideen politisch umgesetzt werden können, wenn seine Zustimmungswerte hoch sind. Für die Börse bleibt also zu hoffen, dass Trump ein beliebter Präsident wird.

Clemens Schmale

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1 Kommentar

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  • P_44
    P_44

    Sie hoffen also, dass dieser Faschist ein "beliebter Präsident" wird? Also ich habe inzwischen gelernt, wie man short geht!

    09:00 Uhr, 07.02.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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