Kommentar
09:45 Uhr, 21.09.2021

Der perfekte Sturm für die europäische Industrie

Als hätte die europäische Industrie nicht schon mit vielem (Lieferengpässe, Delta Variante) zu kämpfen, kommt nun noch eine ziemlich teure Sorge hinzu.

Industriebetriebe haben es derzeit nicht leicht. Zwar ist die Auftragslage einerseits gut, doch andererseits können die Aufträge nicht abgearbeitet werden. Es fehlt an allem, ob Halbleiter, Kunststoffe, Chemikalien, Rohstoffe, alles ist derzeit knapp. Zu allem Überfluss kommt nun noch eine Sorge mehr hinzu: Energie. Strom ist aktuell so teuer wie selten zuvor. In Großbritannien liegt der Strompreis pro Megawattstunde inzwischen beim Vielfachen des Vorkrisenniveaus. Verlässliche Daten gibt es bis in die 70er Jahre zurück und man kann sagen: Strom war noch nie so teuer wie jetzt. Es handelt sich dabei um kein britisches Phänomen. In vielen europäischen Ländern werden aktuell Rekordpreise erreicht. Die Produktion wird dadurch noch teurer und nicht jede Preissteigerung lässt sich an die Kunden weitergeben. Margen stehen also unter Druck.

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Allein die Produktionskosten einer Tonne Stahl sind wegen höherer Strompreise um 10 % gestiegen. Das Problem betrifft allerdings nicht nur die Industrie. Auch beim Verbraucher kommen die höheren Preise an und das nicht nur durch die Steckdose.

Der hohe Strompreis hat gute Gründe. Ein wesentlicher Teil der Elektrizität kommt aus Gaskraftwerken. Gas ist derzeit jedoch vergleichsweise knapp. Die europäischen Lager sind im Vergleich zu den Vorjahren schlecht gefüllt (Grafik 2). Der Lagerbestand ist dabei sehr saisonal. Im Winter wird viel geheizt und dafür wird Gas benötigt. Die Lager leeren sich daher im Winter.

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Der vergangene Winter war lang und kalt und das Frühjahr ebenfalls unterdurchschnittlich warm. Der Lagerbestand fiel und das Defizit konnte bisher nicht wieder aufgeholt werden. Es ist wahrscheinlich, dass Europa mit einem Defizit in den nächsten Winter geht.

Eine schnelle Entspannung der Lage ist daher nicht absehbar. Entsprechend stark ist der Gaspreis gestiegen. In Europa wird ein neues Hoch erreicht (Grafik 3). In den USA kann davon keine Rede sein. Gas ist nicht wirklich knapp.

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Der Anstieg des Gaspreises erklärt auch, weshalb die Inflation in Europa immer noch ansteigt und nicht wie in den USA wieder leicht nachgibt. In den USA steigen die Energiepreise immer langsamer, in Europa gab es eine Beschleunigung.

Es ist eine Ausnahmesituation, die sich nicht jedes Jahr wiederholen wird. Es gibt aber auch strukturelle Probleme, die dem Markt lange Zeit erhalten bleiben. Gaskraftwerke stoßen weniger Treibhausgase aus als etwa Kohlekraftwerke. Da Unternehmen den Ausstoß senken sollen und immer mehr für CO2-Zertifikate zahlen müssen, wird die Nachfrage nach Erdgas tendenziell steigen.

Gleichzeitig ist Gas immer noch ein fossiler Brennstoff. Es wird wenig investiert, da es sich um ein Auslaufmodell handelt. Das Angebot ist dadurch mittelfristig knapp. Mit all diesen Problemen sind Industriebetriebe derzeit nicht zu beneiden.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    "Es wird wenig investiert, da es sich um ein Auslaufmodell handelt"

    Das ist Unsinn. Erdgas wird eine wichtige Rolle bei der Gewinnung von Wasserstoff spielen. Grüner Wasserstoff durch Elektrolyse wird bei weitem nicht ausreichen und muss durch die Gewinnung aus Erdgas ergänzt werden(Pyrolyse). Erdgas hat Zukunft, und zwar eine GROSSE!

    10:21 Uhr, 21.09.2021

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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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