Kommentar
16:16 Uhr, 28.09.2018

Der Optimismus in der Eurozone ist nicht nachvollziehbar

In den letzten zwei Wochen konnten auch europäische Aktienmärkte endlich wieder etwas glänzen. Gerechtfertigt scheint das überhaupt nicht zu sein.

Während sich die Stimmung an der Börse aufhellt, trübt sie sich in der Realwirtschaft ein. Unternehmen beurteilen die Lage heute weit weniger gut als noch Anfang 2018. Bei Verbrauchern hat sich die Euphorie ebenso verflüchtigt (Grafik 1). Das Stimmungsbild ist insgesamt relativ eindeutig. Das Hoch liegt hinter uns.

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Das bedeutet nicht automatisch, dass jetzt gleich ein Abschwung bzw. eine Rezession droht. In jedem Aufschwung gibt es auch einmal Phasen, die etwas weniger rosig sind. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es dann auch. Die Erwartung der Unternehmen hat sich stabilisiert und sinkt nicht weiter.

Die Stimmung ist nur eine Komponente und auch nur eben das, was es ist, ein Stimmungsbild. Das Sentiment muss mit der Realität nicht zwangsläufig übereinstimmen. In diesem Fall tut es das allerdings. Die Industrieproduktion in der Eurozone ist erstmalig seit Juli 2016 wieder rückläufig. Das Wachstum der Industrieproduktion ist dabei seit Monaten im freien Fall (Grafik 2).

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Es steckt schon ein bisschen mehr hinter der sich eintrübenden Stimmung. Die Lage ist auch in der Realität nicht mehr besonders gut. Dass die Industrieproduktion immer wieder einmal schwankt, ist ganz normal. Ein Rückgang wie wir ihn in den letzten Monaten gesehen haben, ist jedoch selten und verdient eine gewisse Aufmerksamkeit.

Wenn ein ganz entscheidender Wirtschaftszweig nicht mehr wächst, kann die Lage nicht gut sein. Die EZB ist da noch ganz anderer Meinung. Sie spricht von einer Fortsetzung des Aufschwungs und hälft auch daran fest, dass sie ihr Inflationsziel „bald“ erreichen wird.

Beim Inflationsziel geht es vor allem um die Kerninflation. Diese sollte knapp unter 2 % liegen. Dieser Wert wurde zuletzt vor der Finanzkrise erreicht (Grafik 3). Es zeigt sich zudem seit 2001 ein gemächlicher Abwärtstrend der Kerninflation. Von einem Erreichen des 2 % Ziels kann überhaupt keine Rede sein.

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Da die EZB ihr QE Programm allerdings beenden will, ignoriert sie einfach die Fakten und behauptet das Gegenteil. Damit haben wir dann also folgende Situation: Die Industrie schrumpft, die Inflation ist niedrig und die Stimmung trübt sich ein. Eigentlich müsste die Geldpolitik da expansiver werden, nicht straffer. Genau das geschieht nun aber.

Die EZB zieht die Zügel an, wenn auch sehr langsam und homöopathisch. Wie gesagt, das muss nicht gleich in einer Rezession enden. Schwankungen gibt es immer, auch im Aufschwung. Auch dieser ist keine Einbahnstraße. Das Gesamtbild sieht derzeit jedenfalls nicht ermunternd aus.

Solange der Markt das ignoriert, gibt es keinen Grund, an steigenden Kursen nicht zu partizipieren. Mit jedem Tag, der vergeht, kommt aber auch noch ein No-Deal Brexit näher. Diese Risiken können uns jederzeit einholen. Spätestens nach der Jahresendrally sollte man an Gewinnmitnahmen denken.

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2 Kommentare

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  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    irgendwie werde ich das Gefühl nicht los dass Black Rock genügend damit zu tun hat die Amis oben zu halten - da bin ich mir mit der JER im Dax nicht so sicher

    19:08 Uhr, 28.09.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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