Kommentar
09:20 Uhr, 30.03.2022

Der größte Bärenmarkt seit 50 Jahren ist greifbar

Der Aktienmarkt hält sich den Umständen entsprechend gut. Das gilt nicht für alle Anlageklassen, insbesondere nicht die größte der Welt.

Der Aktienmarkt ist groß. Noch größer ist der Anleihemarkt. Der globale Anleihemarkt ist über 120 Billionen USD schwer. Nun steigen fast überall auf der Welt die Zinsen. Steigen die Zinsen, sinkt der Kurs von Anleihen. Das bedeutet, dass gerade im Eiltempo Billionen an Kurswert verlorengehen.

Ein Bärenmarkt bei Anleihen ist selten. Auf Total Return Basis (Kursbewegung plus Zinszahlungen) ist es bei US-Staatsanleihen auf Kalenderjahresbasis noch nie zu einem Bärenmarkt gekommen (Grafik 1). Selbst einen Drawdown von 15 % sucht man vergeblich.

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Betrachtet man nicht Kalenderjahre, sondern den maximalen Rückgang vom Allzeithoch innerhalb eines beliebigen Zeitraums, lag der maximale Rückgang bei 15,2 %. Im Vergleich zum Aktienmarkt, der auch einmal 50 % verlieren kann, ist das nicht dramatisch. Gemessen an der Historie des Anleihemarktes ist aber das, was sich gerade abspielt, durchaus dramatisch.

US-Anleihen haben seit Beginn des Trends zu steigenden Zinsen 9 % verloren. Das ist im Vergleich zu anderen Märkten sogar noch gut. In Deutschland waren die Anleiherenditen besonders niedrig. Wer Anleihen mit Laufzeiten von mehr als 10 Jahren hielt, hat bereits über 14 % an Kurswert verloren.

Der für den Anleihemarkt dramatische Rückgang lässt sich mit dem Zinsumfeld erklären, aus dem wir kommen. Je niedriger das Niveau ist, von dem aus die Zinsen steigen, desto größer der Effekt auf die Gesamtperformance. Obwohl die Zinsen in den 70er und Anfang der 80er Jahre massiv stiegen, war die Gesamtperformance überraschend gut. Kursrückgänge wurden von den hohen Kupons ausgeglichen. Diese fehlen im aktuellen Umfeld.

Das gilt nicht nur für Staatsanleihen, sondern auch für Unternehmensanleihen. Diese weisen ein Minus von 10 % aus (Grafik 2). Damit erreicht die Korrektur fast das Panikniveau der Pandemie. Da die Zinswende erst am Anfang steht und nicht am Ende, ist der Schmerz auch noch nicht vorüber.

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Einige Analysten prophezeien dem Anleihemarkt ein verlorenes Jahrzehnt. Steigende Zinsen und Anleiherenditen garantieren weitere Kursverluste. Persönlich halte ich die Lage für weniger dramatisch. Kurzfristig sind bei US-Staatsanleihen oder deutschen Anleihen weitere Kursverluste wahrscheinlich. Gleichzeitig geht der Markt von einem geldpolitischen Fehler der Notenbanken aus. Eine Rezession wird mit jedem Tag wahrscheinlicher, wenn auch nicht unbedingt noch in diesem Jahr.

Ein Abschwung hat sinkende Zinsen zur Folge. Auch die Inflationsrate wird nach einem letzten Anstieg im Frühjahr zurückgehen und die Reduktion der Bilanzsumme der Fed wird für Unsicherheit sorgen. Unsicherheit sorgt für Nachfrage bei sicheren Häfen. Mittelfristig spricht vieles für erneut sinkende Renditen. Kurzfristig ist die Angst vor Inflation ausschlaggebend und spricht für volatile Kurse.

Der größte Bärenmarkt in 50 Jahren ist greifbar. Dass er kommt, ist noch nicht gesichert. Persönlich halte ich mich von europäischen und US-Staatsanleihen noch fern. Emerging Markets Dollar Anleihen hingegen haben bereits jetzt eine Rendite, die 4 Prozentpunkte höher ist als in den USA. Zinszahlungen bieten hier im Gegensatz zu den USA Schutz, wenn man einen Anlagehorizont von 3-5 Jahren anstrebt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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