Kommentar
12:23 Uhr, 15.04.2013

Der Goldpreis stürzt ab – Winterschlussverkauf oder totale Übertreibung?

• Den Wochenauftakt hatten sich viele Marktteilnehmer an den Rohstoffhandelsplätzen dieser Welt durchaus angenehmer vorgestellt – insbesondere mit Blick auf das glänzende Edelmetall. Bereits am Freitag musste der Goldpreis schwere Rückschläge einstecken. Der Winterschlussverkauf nimmt nach den schwachen BIP-Zahlen aus China heute allerdings noch einmal kräftig an Fahrt auf, die „Preisnachlässe“ pro Feinunze sind gigantisch.

• Kurse unter 1.400 USD wurden zuletzt im März 2011 verzeichnet. Keine sechs Monate später kam es zum bisherigen Höchststand bei mehr als 1.920 USD pro Feinunze. Noch vor zwei Wochen tanzte der Preis um die Marke von 1.600 USD. Wenngleich der Schlusskurs am Freitag mit 1.506,25 USD noch vergleichsweise versöhnlich ausfiel, wurde die runde Marke bei 1.500 USD heute im Handstreich genommen, so dass der Verlust im Tagesverlauf zwischenzeitlich bereits mehr als 100 USD betragen hat.

• Vernunft scheint bei solchen Abschlägen derzeit keine Rolle zu spielen. Die Eurokrise flammt „dank“ Zypern wieder auf, wenngleich der volkswirtschaftliche Anteil am Eurozonen-BIP vergleichsweise niedrig ist. Vor allem die Idee, Zypern über ihre Goldreserven an der eigenen Rettung zu beteiligen, ist sicherlich nicht verkehrt. Marktteilnehmer spekulieren spätestens seit heute über angeordnete Goldverkäufe seitens der EZB. Wird Draghis Idee doch zur Blaupause für andere Staaten? Isoliert betrachtet sind die zyprischen Reserven verhältnismäßig niedrig. Zudem wäre eher ein höherer Goldpreis hilfreich als die aktuellen Werte. Es sei in diesem Zusammenhang nur kurz an das Brown-Bottom erinnert: Der ehemalige britische Premierminister war vorher in seiner finanzpolitischen Karriere als Schatzkanzler für den Verkauf eines großen Teils der britischen Goldreserven verantwortlich – und zwar zu absoluten Niedrigkursen.

• Einst wurde der Goldpreis in Krisensituation als sicherer Hafen angesteuert, gesucht und gefunden. Dass es sich um Übertreibung handeln könnte, signalisiert der heutige Euro-Dollar- Wechselkurs: Mit 1,30 USD steht er wie ein Fels in der Brandung. An Europa kann es dieses Mal nicht liegen. Womit wir wieder bei China wären: Die heute bekanntgegebenen unerwartet schwachen Zahlen zum chinesische Wachstum haben Verkaufsphantasien befeuert.

• Wir erachten die aktuelle Entwicklung als Übertreibung und sehen insbesondere die Zentralbanken der BRIC-Staaten oder anderer Schwellenländer als die Nutznießer des heutigen Verfalls. Es wäre keine Überraschung, wenn sich insbesondere China und Russland weiter um die Diversifizierung ihrer Zentralbankbilanz bemühen und Gold kaufen.

• Fazit: Einst der gefeierte Star mit zwölf erfolgreichen Jahren hintereinander, scheint die (verlängerte) goldene Dekade ein jähes Ende zu finden. Mit Preisabschlägen um mehr als 100 USD gleicht der bisherige Handelsverlauf eher einem Winterschlussverkauf als fundamental gerechtfertigten Preisentwicklungen. Wir würden daher von Übertreibung sprechen wollen und sehen für die Zentralbanken der Schwellenländer gute Möglichkeiten, sich mit Gold einzudecken und so ihre Bilanzpositionen besser zu diversifizieren. Für heute heißt dies nicht, dass wir den niedrigsten Tageskurs bereits gesehen haben!

Quelle: Nord/LB

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