Kommentar
17:10 Uhr, 21.05.2021

Der globale Linksruck und die Börsen

Große Veränderungen kommen manchmal schleichend. So dürften viele den globalen Linksruck kaum wahrnehmen.

Nicht nur der Aktienmarkt ist zyklisch, auch die Politik ist es. Eigentlich gibt es kaum einen Markt oder gesellschaftlichen Bereich, der nicht zyklisch ist. In der Politik schwingt das Pendel von rechts nach links und umgekehrt. Es handelt sich dabei allerdings nicht um ein einzelnes Wahlergebnis, sondern vielmehr um einen langen Trend, der die Rolle des Staates bestimmt. Vereinfacht stehen Parteien rechts der Mitte für weniger Staat, mehr Deregulierung und Globalisierung. Links steht für eine größere Rolle des Staates, mehr Umverteilung von Reich zu Arm und weniger Globalisierung. In den USA schwingt das Pendel gerade deutlich nach links. Der Trend ist aber auch in Deutschland und Europa zu beobachten.

Die USA sind dabei, einen Zyklus abzuschließen. Der letzte Linksruck erfolgte nach der Großen Depression bzw. wurde von ihr ausgelöst. Die goldenen 20er Jahre waren für die meisten überhaupt nicht golden. Die Schere zwischen Arm und Reich ging weit auseinander. Die wirtschaftliche Depression brachte das Fass zum Überlaufen. Es wurden Politiker gewählt, die Sozialleistungen versprachen und die Reichen mehr besteuerten.

Dieser Trend hielt bis zu Beginn der 80er Jahre an. Der Zweite Weltkrieg änderte daran nichts. Der Sozialstaat wurde nach dem Krieg in den USA weiter ausgebaut und erreichte unter Präsident Lydon B. Johnson seine Blüte. Wie das endete, wissen wir. Die 70er Jahre waren durch höhere Arbeitslosigkeit und hohe Inflation geprägt. Gewerkschaften erlebten ihre besten Jahre.

Wirtschaftlich funktionierte das Modell allerdings nicht mehr. Es gab einen Rechtsruck, der durch Reagan und Margaret Thatcher verkörpert wird. Was folgte war eine Kürzung des Sozialstaates, niedrigere Steuern und Deregulierung. Für Unternehmen waren das die goldenen Jahre.

Die Margen sanken während der globalen Linkspolitik bis in die 80er Jahre. Danach stiegen sie bis zur Finanzkrise. Seither tendieren sie aus unterschiedlichen gründen abwärts. Zum Teil ist die Politik dafür verantwortlich, zum Teil sind es andere Faktoren. Die Grafik zeigt den Trend für die USA.

Seit der Finanzkrise gibt es vermehrt das Bedürfnis nach einem sich kümmernden Sozialstaat. Das Gefühl, von der Globalisierung betrogen worden zu sein, hält an. Die Rettung der Reichen (Banken) während der Finanzkrise ist bis heute nicht verdaut oder verziehen.

Dann kam die Coronakrise. Der Staat war seit zwei Generationen nicht mehr so präsent. Der Staat selbst, aber auch viele Bürger, sehen wie wichtig der Staat sein kann. Die Chance wird vom Staat und Wählern genutzt, um den Staat weiter zu stärken. Wie rasant das gehen kann, zeigen die USA. Der neue US-Präsident strebt den größten Ausbau des Staates seit dem Zweiten Weltkrieg an.


Was haben diese langen Politikzyklen aber mit der Börse zu tun? Sehr viel. Mehr Staat, mehr Regulierung, mehr Sozialleistungen heißt höhere Steuern und Umverteilung. Es ist kein Zufall, dass der Aktienmarkt den längsten und besten Bullenmarkt von den 80ern bis zur Finanzkrise erlebte. Für Anleger bedeutet der Linkschwenk weniger Rendite.

Clemens Schmale


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  • Tüskendör
    Tüskendör

    Es ist kein Zufall, dass der Aktienmarkt den längsten und besten Bullenmarkt von den 80ern bis zur Finanzkrise erlebte.

    Für Anleger bedeutet der Linkschwenk weniger Rendite.

    Einspruch. Möglicherweise ein Verkennen von Ursache und Wirkung. Siehe USA unter Obama, dann Trump. Man kann (wenn man will) auch sehen: Ggf. kommt der Schwenk erst dann, wenn "rechts", besser: "das Kapital" (oder dass, was man dafür hält) übertrieben hat - und das Auto zu arg an die Wand gefahren hat.

    Oder?

    Grundsätzlich glaube ich, dass die Wirtschat als Solche vor einem Grünen, der bereits in einem Wind- oder Solarpark investiert ist, weniger Angst haben muss, als vor einem Finanzminister, der behauptet, das er sein Geld auf`s Sparbuch packt...

    21:45 Uhr, 21.05.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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