Kommentar
09:50 Uhr, 01.04.2016

Der FED-EFFEKT: Wie die Notenbanken Kurse beeinflussen

Es heißt: Never fight the Fed – stelle dich niemals gegen die Notenbank. Wer sich gegen die Notenbank stellt, der verliert. Im Kern heißt das: Die Notenbank macht die Kurse. Stimmt das überhaupt? Und wenn es stimmt, wie viel macht dieser Fed-Effekt aus?

In jedem Sprichwort steckt ein Funken Wahrheit. Das gilt auch für die Börsenweisheit, dass man sich nicht gegen die Notenbank stellen soll. Besonders eindrücklich wurde das in den vergangenen Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise deutlich. Der Markt hängt an den Lippen der Notenbanker und zuckt sobald sich der Mund eines Notenbankers öffnet. Ob das nun gut ist, sei dahingestellt. Man kann jedenfalls nicht verneinen, dass es so ist.

Wie sich das genau darstellt, das zeigt Grafik 1. Dargestellt ist die durchschnittliche Tagesrendite des Dow Jones, sowie die Tagesrendite des Index an Tagen eines Zinsentscheids. Die Renditen sind als gleitende Durchschnitte dargestellt. Der gleitende Durschnitt für die Zinsentscheidtage enthält jeweils 40 solcher Tage. Es handelt sich also um den 40-Tagedurchschnitt.

Die Notenbank hält derzeit 8 Sitzungen pro Jahr. Der Zeitraum erstreckt sich demnach über 5 Jahre. Dieser Zeitraum wurde auch für die durchschnittliche Tagesrendite des Dow Jones angewendet. Da in diesem Zeitraum sehr viel mehr als nur 40 Tage gehandelt wurde, ist der Durchschnitt stärker geglättet als der gleitende Durchschnitt (GD) der Fed-Tage.

Nimmt man für die Dow Jones Performance einen kürzeren Zeitraum für den GD, dann springen die Kurse deutlicher hin und her. Es ändert jedoch nichts an der Grundaussage in der Grafik: an Zinsentscheidtagen bewegt sich der Index besonders stark.

Der Index bewegt sich nicht nur stark, sondern auch in eine bestimmte Richtung. Die Tendenz ist eindeutig. Der Dow Jones steigt an Zinsentscheidtagen überdurchschnittlich an. Die Trendlinie zeigt zudem, dass dieses Phänomen immer ausgeprägter wird. Die Trendlinie ist seit langem im positiven Bereich. Man kann anhand des GD jedoch erkennen, dass Zinsentscheidtage bis in die 80er Jahre fast gleichermaßen in beide Richtungen gehen konnten.

In einigen Perioden in der Zeit vor den 80er Jahren wirkte der Fed-Effekt positiv auf den Aktienmarkt, in anderen negativ. Bis auf wenige Ausnahmen hat sich das in den 80er Jahren geändert. Seit 1987 ist der Effekt überwiegend positiv. Das ist wahrscheinlich kein Zufall. 1987 wurde Alan Greenspan Notenbankchef. Er war bekannt für seine marktfreundliche Politik, die sich vor allem durch sinkende Zinsen auszeichnete.

Das Ganze lässt sich relativ gut visualisieren. Grafik 2 zeigt den Vergleich des Dow Jones, wie wir ihn kennen (blaue Linie). Dieser Dow Jones enthält alle Handelstage. Der zweite Dow Jones zeigt die Performance ohne die überproportional positiven Zinsentscheidtage. Statt der außergewöhnlichen Performance wurde die durchschnittliche Tagesperformance des Dow Jones verwendet. Das Ergebnis zeigt eine deutliche Outperformance des Dow Jones durch die überproportional positiven Zinsentscheidtage.

Seit Beginn der Outperformance kann sich die Notenbank nun rühmen, dem Dow Jones 40 % Extraperformance geschenkt zu haben. Ohne den Fed-Effekt stünde der Dow Jones heute bei 12.500 Punkten.

Das Investment Management Unternehmen GMO (Grantham, Mayo, Van Otterloo) untersuchte das Phänomen und kommt zu einem ähnlichen Schluss. Seit den 80er Jahren macht es einen Unterschied für die Indizes, ob die Fed tagt oder nicht. Davor ging es einmal in die eine, ein anderes Mal in die andere Richtung. Es war für den Markt unerheblich, ob die Fed ihre Politik änderte oder nicht. Seit den 80er Jahren ist das anders.

Es scheint dabei unerheblich zu sein, was die Notenbank genau tut. Vielmehr ist wichtig, dass sich die Notenbank überhaupt trifft und eine Entscheidung fällt. Welche das ist, scheint unwichtig zu sein. Das ist, wenn man es sich genau überlegt, ziemlich absurd. Der Markt tendiert dazu zu steigen, nur weil die Notenbank tagt. Das gibt der Abhängigkeit des Marktes von der Fed noch einmal eine neue Dimension.

Das ziemlich undifferenzierte Verhalten des Marktes könnte laut GMO auch erklären, weshalb Aktien hoch bewertet sind. Das KGV des Marktes liegt ungefähr 50 % über dem langjährigen, historischen Durchschnitt. Meiner Rechnung zufolge hat die Notenbank für eine Outperformance von 40 % gesorgt. Rechnet man diese Performance aus dem Markt heraus, dann ist das dabei entstehende KGV nahe des langjährigen Durchschnitts. Anleger sollten darauf hoffen, dass die Notenbank ihre Politik nicht ändert. Täte sie es, dann müsste der Dow Jones bis 12.500 Punkte korrigieren.

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5 Kommentare

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  • Mitdenker
    Mitdenker

    Interessanter wäre es zu wissen, wie sich der Geldfluss von Notenbank an Staat verhält, nachdem die Märkte verbal noch oben gezogen wurden, und dann aber nicht geliefert wurde.....Darüber gibt es leider keine Statistiken oder?????

    09:54 Uhr, 01.04.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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