Fundamentale Nachricht
12:06 Uhr, 15.03.2019

Der Februar war reich an Narren und arm an Tagen

Der Februar ist Euroswitch-Portfoliomanager Thomas Böckelmann zufolge verstrichen, ohne dass seitens der globalen Politik auch nur ansatzweise Lösungsperspektiven geboten worden sind.

Frankfurt (GodmodeTrader.de) - In unserem letzten Marktkommentar haben wir betont, dass es ein etwa drei- bis sechsmonatiges Zeitfenster für die globale Politik gibt, die großen Belastungsfaktoren für das Weltwirtschaftswachstum zu bereinigen. Offensichtlich waren wir zu hoffnungsfroh und haben das Ausmaß närrischen Treibens unterschätzt. Faktisch ist der Februar verstrichen, ohne auch nur ansatzweise Lösungsperspektiven geboten zu haben, wie Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch GmbH, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Vielmehr schienen sich die Fronten überall zu verhärten und der gesunde Menschenverstand sei weitestgehend verdrängt. So wolle ein US-Präsident Notstandsgesetze verhängen, wenn er seinen Willen nicht durchsetzen könne und untergrabe damit die Fundamente der Demokratie. Zumindest komme Bewegung in den Handelsstreit mit China und Europa, auch wenn viele der Äußerungen mehr nach Hoffnung als nach solidem Kompromiss klängen. Offensichtlich würden die USA und China bis Ende März benötigen, um der Öffentlichkeit einen „Deal“ oder eine andere Art der Gesichtswahrung zu präsentieren, heißt es weiter.

„Anderenfalls droht der Weltwirtschaft ein signifikanter Schaden, dessen Ausmaß aktuell noch nicht abzuschätzen ist. Zu sehr sind die globalen Produktions- und Lieferketten miteinander verflochten, als dass ein Gewinner vom Feld marschieren könnte. Ein Verlierer steht schon heute fest – der deutsche Steuerzahler, Stromkonsument und Geldanleger. Die Realsatire auf der politischen Bühne Berlins mag nicht enden und der Vorhang einfach nicht fallen wollen“, so Böckelmann.

In Berlin werde ernsthaft die Enteignung eines deutschen MDAX-Unternehmens erwogen, weil eine verirrte Politik glaube, sie könne damit den Wohnungsnotstand beenden. Dabei lägen die Ursachen für steigende Mieten nicht bei Investoren, sondern in verfehlten politischen Eingriffen in die Märkte wie die verantwortungslose Euro-Rettungspolitik mit teils negativen Zinsen und eine überbordende Baubürokratie. Statt private Bauvorhaben zu unterstützen, würden diese allerorts erschwert, heißt es weiter.

„Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir scheitern.“ Dieser Satz, der Bundeskanzlerin Merkel bei einer internen Debatte zum Bericht der Kohlekommission zugeordnet werde, sei leider kein Ausdruck der Erkenntnis. Vielmehr deute sich an, dass die „dümmste Energiepolitik der Welt“ (Wall Street Journal – Kommentar der Gesamtredaktion am 29.01.19) noch konsequenter verfolgt werde. Nicht nur steige die Abhängigkeit vom russischen Gas von aktuell 37 Prozent auf über 50 Prozent, auch seien starke Strompreiserhöhungen angesichts der verfehlten Planung zur Energieversorgung vorprogrammiert. Bereits heute lägen deutsche Strompreise 25 Prozent über dem durchschnittlichen Niveau der EU. Die Universität Frankfurt habe jüngst zur deutschen Energiepolitik geschrieben, dass das politische Berlin ökonomische Logik systematisch ignoriere, heißt es weiter.

„Aber in der Karnevalszeit muss sich jeder der Narretei verschreiben, selbst das humorlose Finanzministerium. Nachdem wir Anleger jetzt erleben dürfen, dass die Banken alle neuen Regulierungen und die Vorgaben des Investmentsteuergesetzes in ihren Systemen umgesetzt haben, erstmals die Konten mit einer sogenannten Vorabpauschale auf die zu erwartenden Kapitalerträge 2019 belastet wurden, erwägt der Bundesfinanzminister tatsächlich eine erneute Änderung noch in dieser Legislaturperiode“, so Böckelmann.

So solle das endlich reibungslos funktionierende Besteuerungsverfahren wieder geändert und die Abgeltungssteuer durch den individuellen Steuersatz ersetzt werden. Ferner drohten Anlegern, die um die eigene Altersvorsorge bemüht seien, Transaktionssteuern bei Wertpapierkäufen. Ein vorläufiger Höhepunkt dieser Faschingssaison sei aber die neue Idee Berlins, mit Hilfe einer zu gründenden Ethikkommission festzulegen, welche Investments für Anleger ethisch wertvoll und für die Altersvorsorge erlaubt seien und welche nicht. Doch das närrische Treiben sei auch am Aschermittwoch noch nicht vorbei gewesen. In Europa drohten im Vorfeld der Europawahlen ein gegenseitiges Hochschaukeln von Ideologien, unbezahlbare Wahlversprechen und weitere Umverteilungsorgien. Abgesehen von wenigen Ausnahmen stehe die Zukunft nicht auf der Agenda. Die geplanten Investitionen in Bildung, Innovation, Sicherheit und Infrastruktur für zukünftige Generationen seien vernachlässigbar gegenüber den geplanten Umverteilungen bestehenden Vermögens, heißt es weiter.

„Aktuell sind wir nicht wirklich geneigt, im Vorfeld der Europawahlen dem Frohsinn zu huldigen - obwohl – vielleicht erheitern uns doch noch die Briten mit einem längeren Verbleib in der EU. Ein Blick in das britische Parlament in diesen Tagen zeigt den wahren Abgrund überforderter Volksvertreter. Wenige Tage vor dem offiziellen Austritt Großbritanniens aus der EU weiß faktisch niemand, wie es weitergehen kann oder soll. Völlig unbeeindruckt von der Realität mit dringend erforderlichen Antworten für täglich handelnde Unternehmen mit Arbeitnehmern und Kunden, wird debattiert, als wäre immer noch alles ein Spiel. Wir empfehlen den britischen Parlamentariern, jahreszeitkonform eine rote Pappnase zu tragen“, so Böckelmann.

Ein seriöser und nüchterner Blick auf Weltwirtschaft und Kapitalmärkte gebe zumindest kurzfristig Entwarnung. Zwar gäben die als Frühindikator geltenden Einkaufsmanagerindizes weiter spürbar nach und auch das ein oder andere börsennotierte Unternehmen habe seinen Ausblick nach unten korrigiert, vieles spreche jedoch lediglich für eine konjunkturelle Delle infolge massiver Verunsicherung in breiten Teilen der Wirtschaft. Konsumverhalten und Investitionsgüternachfrage seien immer noch auf absolut hohem Niveau, zwischenzeitliche Zinserhöhungsängste seien mittlerweile völlig verschwunden, die Notenbanken nahezu wieder im Rettungsmodus, heißt es weiter.

„Die globalen Aktienmärkte haben uns im Februar mehrheitlich erfreut. Große Teile der durch Übertreibung in den letzten Wochen des alten Jahres entstandenen Buchverluste konnten in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres ausgeglichen werden. Frau Merkel hat jüngst die globalen Herausforderungen wie folgt kommentiert: ‚Wir spüren alle gerade, dass sich tektonische Verschiebungen ergeben, die man am besten multilateral austariert‘. In diesem Sinne wünschen wir den Akteuren schnelles und erfolgreiches Handeln“, so Böckelmann.

2 Kommentare

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  • German2
    German2

    grösster Preistreiber sind die Notenbanken durch Billiggekd... ..und in USA twittert The Donald den Dow immer hoeher...der ewige Boom darf nicht enden

    21:53 Uhr, 15.03. 2019
  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Zu den steigenden Wohnungsmieten und steigenden Baupreisen (hängt ja direkt zusammen), sei noch ergänzt, dass der Staat und die Kommunen die größten Preistreiber sind. Ich bin ja jetzt schon gespannt was mit den Grundsteuerreform raus kommt. Wenn der Staat irgendetwas reformiert, bedeutet dies, dass es für alle teurer wird. Da mit dem Finger auf den freie Markt zu zeigen, ist schon unverschämt.

    Wir werden wirklich nur noch von Idioten regiert. Das steht mal fest.

    13:24 Uhr, 15.03. 2019

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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