Der Exportweltmeister ist angeschlagen
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Externe Quelle: UniCredit
Der Exportweltmeister kann sich dem globalen Konjunkturabschwung, der durch die Finanzkrise verstärkt wird, nicht entziehen. Die Stimmung unter den Konsumenten sowie vor allem die Lageeinschätzung der Unternehmen haben sich bis zuletzt weiter stark eingetrübt. Dabei hat sich allen voran die Auftragslage in der Industrie drastisch verschlechtert. Im August lag das Volumen der Auftragseingänge um hohe 6,5% unter dem Hoch vom November 2007. Bereits im zweiten Quartal schrumpfte das deutsche BIP um 0,5% gegenüber Vorquartal. Der Rückschlag im Frühjahr nach dem noch sehr dynamischen Jahresauftakt von 1,3% wurde zwar durch Sonderfaktoren verstärkt. Besonders die milde Witterung im ersten Quartal hat zu starken Vorzieheffekten bei der Bautätigkeit geführt, was wiederum das Wachstum im Frühjahr belastet hat. Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch bereinigt um die Einmaleffekte die deutsche Wirtschaft bereits vor der Jahresmitte deutlich an Fahrt verloren hat. Die Schnellschätzung für das BIP im Sommer wird zwar erst am 13. November veröffentlicht. Es liegen allerdings bereits die harten Daten für die ersten beiden Monate des dritten Quartals vor. Der letzte Monat eines Quartals kann nur bei sehr starken Ausschlägen das Quartalsergebnis noch wesentlich beeinflussen. Deshalb betrachten wir nachfolgend die bisher verfügbaren Daten und leiten daraus Implikationen für die einzelnen BIP-Komponenten sowie das Quartalswachstum insgesamt ab.
Konsum bleibt unter Druck
Zeitnahe Daten für die Verbraucherausgaben liegen in Form der Einzelhandelsumsätze vor. Und diese haben sich nach dem Abfall im Frühjahr zumindest stabilisiert. Die aktuellen Einzelhandelszahlen inklusive Autos und Benzin zeigen für die ersten beiden Monate ein unverändertes Niveau gegenüber Vorquartal. Unser Modell für den privaten Verbrauch signalisiert auf dieser Basis nach drei aufeinanderfolgenden negativen Quartalen beim privaten Konsum für das Sommerquartal eine leichte Erholung. Die Abweichung zwischen Prognose und tatsächlichen Zahlen in der Vergangenheit zeigt jedoch, dass die Unsicherheiten bei der Schätzung beträchtlich sind. Der Grund: Der Einzelhandel inklusive Autos und Benzin deckt nur rund 40% der gesamten Konsumausgaben in Deutschland ab.
Insgesamt bleibt die Lage der privaten Haushalte angespannt. Zwar hat die starke Korrektur bei den Rohstoffpreisen, speziell beim Ölpreis, den Preisdruck schnell entschärft. Der Kaufkraftverlust durch die bis zuletzt hohe Teuerung stellt jedoch nach wie vor eine starke Belastung dar. Die stark überdurchschnittlichen Preissteigerungen für Güter des täglichen Bedarfs treffen vor allem Haushalte mit niedrigerem Einkommen, und damit die Verbraucher mit der höchsten Konsumneigung. Auch die positiven Impulse vom Arbeitsmarkt dürften bald auslaufen. Die Beschäftigungspläne der Unternehmen zeigen bereits klar nach unten. Zusammen mit der stark gestiegenen Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung dürften damit die Zukunftsängste wieder zunehmen.
Exporte rückläufig – Importe erholt
Der wichtige Exportsektor musste auch nach der Jahresmitte weitere Einbußen hinnehmen. Das im Laufe des abgelaufenen Booms angehäufte komfortable Auftragspolster kann die drastische Korrektur der Auslandsnachfrage nicht mehr kompensieren. Die Nachfrage aus den wichtigen Nachbarländern im Euroraum, die über 40% des Exportvolumens ausmacht, lag zuletzt um 20%! unter dem Hoch vom November 2007. Die realen Exporte waren im Juli/August gegenüber Vorquartal erneut deutlich rückläufig. Unsere Modellprognose zeigt ein Minus von 0,8%. Zudem werden die ungünstigen Aussichten für den Außenbeitrag durch einen massiven Anstieg der Importe verstärkt – eine Reaktion auf den Einbruch um knapp 5% im Frühjahr. Nach unserer Modellprognose ergibt sich ein Plus bei den realen Importen von hohen 3,7%. Entsprechend dürften die Nettoexporte das Wachstum im dritten Quartal spürbar belastet haben.
Der Vergleich der Modellprognosen mit den tatsächlichen Werten lässt für die Außenhandelszahlen in der Regel eine gute Vorhersagekraft erkennen. Zu Abweichungen kann es aber kommen, da die monatlichen Zahlen z.B. nicht die Exporte und Importe von Dienstleistungen beinhalten, die rund 13% der Gesamtexporte ausmachen.
Lageraufbau stabilisiert
Entgegen dem voraussehbaren stark negativen Außenbeitrag sollten die Lagerveränderungen im abgelaufenen Quartal deutlich stützend gewirkt haben. Dies deutet die von uns entwickelte Gleichung an, in die Exporte, Importe sowie Einzelhandelsumsätze eingehen. Je höher die Ausfuhren und die Einzelhandelsumsätze, desto stärker die Nachfrage und deshalb der Lagerabbau. Ein stärkeres Importwachstum führt hingegen zu einem Lageraufbau, da Unternehmen Rohstoffe und Vorprodukte aus dem Ausland zur Weiterverarbeitung verwenden. Demnach ist der Schub bei den Importen der Treiber hinter dem erwarteten Lageraufbau. Trotz der guten Resultate unserer Modellschätzung ist aber Vorsicht geboten: Lagerbewegungen sind immer für eine Überraschung gut, da sie auch sogenannte Residuen (Restgrößen, die anderen BIP-Komponenten nicht zugerechnet werden können) enthalten.
Korrektur am Bau setzt sich fort Nachdem die Bauinvestitionen zu Jahresbeginn begünstigt durch die milde Witterung, die die Bautätigkeit kaum beeinträchtigt hat, stark zulegen konnten, folgte im Frühjahr eine entsprechende Korrektur. Die konjunkturell bedingte nachlassende Baunachfrage auf breiter Front hat auch darüber hinaus zu einer sinkenden Bauproduktion beigetragen. Auf Basis der Daten für Juli/August signalisiert unser Modell für die Bauinvestitionen ein Quartalsminus von 0,4%.
Prognoserisiken
Im Gegensatz zu den zuvor behandelten BIP-Komponenten, lassen sich für die Ausrüstungsinvestitionen und den Staatsverbrauch auf Basis von Modellen keine ausreichend zuverlässigen Vorhersagen machen1. Allerdings kann man Plausibilitätsaussagen treffen.
Nachdem das Auslaufen der degressiven Abschreibungsregelung für Unternehmensinvestitionen zum Ende letzten Jahres den Ausrüstungsinvestitionen zur Jahreswende nochmals einen Schub geben konnte, dürfte sich die Korrektur vom zweiten Quartal auch im Sommer fortgesetzt haben. Das Wegschmelzen der Auslandsnachfrage sowie die weiterhin angeschlagenen privaten Haushalte dürften die Investitionstätigkeit negativ beeinträchtigt haben. Auch die Finanzierungskonditionen für Unternehmensinvestitionen haben sich im Zuge der Finanzmarktkrise in begrenztem Umfang verschlechtert.
Der Staatsverbrauch hat in der ersten Jahreshälfte deutlich zugelegt. Die verbesserte Haushaltslage der öffentlichen Hand zusammen mit den vor allem durch den Anstieg der Beschäftigung weiter steigenden Steuereinnahmen sprechen auch für einen anhaltenden Aufwärtstrend beim staatlichen Konsum.
Fazit und Ausblick
Insgesamt bestätigt die Analyse der bisher verfügbaren Daten unsere Erwartung, dass die deutsche Wirtschaft mit dem zweiten Quartalsrückgang des realen BIP in Folge im Sommer in eine technische Rezession abgerutscht ist. Ohne wesentliche Unterstützung vom privaten Verbrauch, dürften die Abwärtskräfte in der Industrie über rückläufige Nettoexporte und Investitionen die Wirtschaftsleistung schrumpfen haben lassen. Wir erwarten für das dritte Quartal nach wie vor ein Minus des realen BIP von 0,1%. Die Risiken für unsere Quartalsprognose sehen wir dabei allerdings klar nach unten gerichtet. Dies gilt auch für die weiteren Konjunkturaussichten. Wir sehen zwar sehr gute Chancen, dass die weitreichenden Rettungspakete der Regierungen für das internationale Bankensystem die Lage an den Finanzmärkten dauerhaft stabilisieren werden. Das höchst unsichere Ausmaß an Nachwehen für die globale und somit auch deutsche Realwirtschaft birgt jedoch weiterhin die Gefahr einer verschärften Abkühlung der Weltwirtschaft. Bislang ist bei den konjunkturellen Frühindikatoren noch keine Bodenbildung zu beobachten. Allen voran der wichtige aggregierte Frühindikator der wichtigsten deutschen Handelspartner zeigt nach wie vor nach unten. Entsprechend erwarten wir zwar in unserem Basisszenario keine tiefe Rezession für die deutsche Wirtschaft, aber allenfalls eine Stagnation bis zum Frühjahr 2009. Erst dann dürfte es Spielraum für eine moderate Erholung geben. Insgesamt erwarten wir nach bereinigten 1,5% für 2008 (unbereinigt 1,8%), im nächsten Jahr nur eine geringe Zunahme des realen BIP um 0,2%. Aber auch eine leicht negative Wachstumsrate für das nächste Jahr kann nicht mehr ausgeschlossen werden.
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