Kommentar
20:35 Uhr, 24.03.2017

Der Deal des Lebens?

Trump feiert sich selbst als Dealmaker. Er ist ein Geschäftsmann, der verhandeln kann. Wie soll man da bloß die Abstimmung über die Gesundheitsreform bewerten?

Trump wirbt noch eifrig für die Gesundheitsreform, die gestern noch an den Republikanern, die diese Reform wollten, zu scheitern drohte. Ob die Änderungen von Obamacare, die vorgeschlagen wurden, nun gut sind oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Auf den Inhalt kommt es auch gar nicht an. Vielmehr geht es darum, was diese erste wichtige Abstimmung aussagt.

Einige Medien vermuten bereits, dass ein Nein bei der Abstimmung einen langen Schatten über die Präsidentschaft werfen könnte. Wenn Trump dieses Prestigeprojekt nicht durchbringt, wie wird es dann erst bei Steuern und Infrastrukturausgaben? Wo bleibt da der große Dealmaker, der von sich behauptet, alles durchbringen zu können?

Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Scheitert die Reform, muss das überhaupt nichts mit den restlichen Reformen zu tun haben. Obama scheiterte ebenso wie Bush und alle anderen davor immer wieder, auch mit großen Reformen. Die übrigen Amtsjahre und Amtsgeschäfte hat es nicht bekleckert.

Trump ist wenigstens konsequent. Mit dem Abstimmungsultimatum für Freitag ist das Thema dann wenigstens vom Tisch. Eine Schlappe bei der Abstimmung ist zwar nicht schön, aber sie zu akzeptieren ist besser, als sich mit dem Thema monatelang oder gar jahrelang lähmen zu lassen. Möglicherweise ist Trump ein Nein nicht einmal so unrecht.

Der Widerstand vieler Republikaner hat durchaus Hand und Fuß. Gegen etwas zu wettern, wenn man es nicht selbst bestimmen muss, ist eine Sache. Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und Wähler zu verärgern, die andere. Nach der Reform würden schnell viele Menschen ihre Gesundheitsversicherung verlieren, auch Republikaner. Viele Wahlkreise könnten sie bei den Zwischenwahlen 2018 dann abschreiben. Der Status quo ist inzwischen tatsächlich besser (aus politischer Sicht) als eine Reform.

Trump hat also vollkommen recht, wenn er sich mit dem Thema nicht weiter belasten will. Es bringt nichts. Andererseits fragt man sich schon, wie es überhaupt sein konnte, dass er sich vom Sprecher der Republikaner, Paul Ryan, hat einreden lassen, diese Reform müsse die erste sein. Es ist die schwierigste und wohl emotionalste. Steuersenkungen und Deregulierung kommen fast überall gut an. Das wären praktisch Home Runs gewesen. Wie sich der Dealmaker des Jahrhunderts zu so einem Wahnsinn hat überreden lassen können, ist absolut schleierhaft.

Das Thema abzuhaken ist zwar korrekt, doch man fragt sich schon auch, wie es um das Durchhaltevermögen bestellt ist. Wer nach ein paar Tagen Verhandlung in Washington schon hinschmeißt, weitergeht und dem das Ergebnis dann vollkommen egal ist, sollte besser niemals mit der EU verhandeln. Das kann nicht gutgehen. Da braucht man Sitzfleisch und gute Nerven.

Alles in allem finde ich nicht, dass die ganze Sache Trump tatsächlich beschädigt. Ein gewisses Geschmäckle hat die Angelegenheit hingegen schon - auch für Anleger. Kommt es zu einem Nein, muss Trump schnell die Steuern angehen. Ansonsten verlieren Anleger die Hoffnung, dass für den Markt positive Reformen schnell bzw. überhaupt kommen. Ein Nein kann der Auslöser für eine Korrektur sein.

Wie dem auch sei, der Deal des Lebens war das jedenfalls nicht.

Clemens Schmale

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1 Kommentar

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  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    "Möglicherweise ist Trump ein Nein nicht einmal so unrecht. " Das glaube ich auch. Er wird dann froh sein, sich um diese Herkulesaufgabe drücken zu können. Mit diesem Thema kann man sich nur unbeliebt machen. Gewinnen kann man damit nichts. Mit der EU sehe ich es anders. Warum sollte die USA ,respektive Trump mit der EU verhandeln? Die USA macht die Ansage und die EU trottet hinterher. Warum sollte sich das ändern?

    20:44 Uhr, 24.03. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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