Kommentar
10:27 Uhr, 13.02.2017

Der Countdown läuft: Wie lange hält Japan noch durch?

Um Japan ist es zuletzt ruhig geworden. Die wirtschaftlichen Perspektiven sind nicht mehr ganz so trüb wie noch vor einem Jahr. Trotzdem läuft die Zeit davon.

Die große Schwächephase des vergangenen Jahres hat Japan erst einmal hinter sich gelassen. Damit ist die Lage jedoch noch immer nicht gut. Das Wirtschaftsklima konnte sich in den letzten Monaten aufhellen, doch das reichte bisher nicht, um die Zuversicht der Unternehmen nachhaltig zu stärken. Der Einkaufsmanagerindex der Industrie ist derzeit wieder dort, wo er auch Ende 2015 war.

Das ist schon einmal eine deutliche Verbesserung zum Jahresverlauf 2016. Zwischenzeitlich sackte der Einkaufsmanagerindex unter die Expansionsmarke von 50 Punkten. Das ist vorerst vorbei. Die meisten Indikatoren zeigen nach oben. Sie tun dies jedoch von einem niedrigen Stand aus. Der Index der Frühindikatoren ist heute dort, wo er auch schon 2010 und 2011 war. Mit dem Beginn von QE stieg der Index kurzzeitig an, bevor er dann wieder auf das Stagnationsniveau der Jahre 2010-2011 absackte.

Ein ähnliches Bild zeigt sich praktisch überall. Das Konsumentenvertrauen legte zuletzt zu, doch ebenfalls von einem moderaten Niveau aus. Aufbruchsstimmung gibt es keine. Alles laviert irgendwie vor sich hin. Von der temporären Euphorie rund um den Beginn der massiven geldpolitischen Expansion ist weit und breit keine Spur. Das ist ein Problem.

Notenbank und Regierung wollten das Land aus der Stagnation reißen. Das ist nicht gelungen und es wird nicht mehr gelingen. Japan ist heute wieder genau dort, wo es schon vor Beginn der Maßnahmen war. Einen kleinen Unterschied gibt es: der Yen ist schwächer als damals.

Die Yenschwäche ist der Kern der Wirtschafts- und Geldpolitik. Nachdem die Abwertung aber bis zu einem gewissen Grad erfolgreich war, verbessert sich nun durch steigende Exporte die Handels- und Leistungsbilanz substantiell. Grafik 1 zeigt die Leistungsbilanz sowie den Wechselkurs gegenüber einem Währungskorb.

Generell laufen Leistungsbilanz und Wechselkurs parallel. Ist die Leistungsbilanz positiv, fließt mehr Geld ins Land als herausfließt. Das führt zu einem Aufwertungsdruck. Der Yen steigt. Das galt bis zum Beginn der außerordentlichen Maßnahmen der Notenbank.

Die Leistungsbilanz wurde negativ. Das hatte jedoch nichts mit den Maßnahmen an sich zu tun. Nach der Katastrophe von Fukushima war Japan im besonderen Maße von Öl- und Gasimporten abhängig. Atomstrom musste mit fossilen Brennstoffen ersetzt werden. Heute sind diese Rohstoffe billiger und Japans Gesamtverbrauch an Strom ist gesunken. Das entlastet die Handelsbilanz.

Nun sind Handels- und Leistungsbilanz wieder positiv. Die Währung wertet aber nicht auf. Das verdankt das Land der Notenbank. Grafik 2 zeigt den Wechselkurs sowie die Entwicklung der Bilanzsumme der Bank of Japan. Dank der beispiellosen Bilanzausweitung kann der Yen schwach gehalten werden.

Einen anderen Grund gibt es nicht. Japan interveniert im Gegensatz zu früheren Jahren nicht mehr direkt auf dem Devisenmarkt. Das hatte eine lange Tradition (Grafik 3), wirkte jedoch noch nie. Temporär, auf Sicht weniger Wochen, konnten Interventionen den Aufwärtstrend aufhalten, mehr jedoch nicht.

Der wirtschaftliche Erfolg, sofern man überhaupt von Erfolg sprechen kann, ist von einem schwachen Yen abhängig. Der Yen ist nur schwach, wenn die Notenbank weiter Geld druckt. Das wird sie unbeirrt weiter tun, doch es gibt Grenzen. Bereits im kommenden Jahr wird die BoJ über die Hälfte des Staatsanleihemarktes leergekauft haben. Bis 2020 mag sie Geld wie bisher drucken können, doch dann gehen irgendwann die Anleihen aus.

Durch eine schwache Währung, die auf realer Basis am unteren Rand der Range der letzten 30 Jahre notiert, kann Japan die Stagnation fortsetzen. Ohne den Rückenwind über die Währung wäre die Deflation mit voller Wucht zurück. Da nun aber sonst nichts geschehen ist und Japan allein auf die Währung zählen muss, wird es in den kommenden Jahren immer enger.

Die BoJ kann nicht ewig Geld drucken. Die Währung würde dann zwangsläufig aufwerten und die Wirtschaft endgültig zurück in die Rezession und Deflation werfen. Schon jetzt hat die Notenbank Probleme die Zinsen bei 0 % zu halten. Die Zinsen werden global durch die USA nach oben gedrückt. Das macht auch vor Japan keinen Halt. Trotz anhaltender Geldflut könnte der Yen seine Tiefs gesehen haben und nun unter hoher Volatilität langsam aufwerten.

Für mich ist es unter diesen Umständen nur noch eine Frage der Zeit, bis auch japanische Aktien wieder fallen. Japan und der Aktienmarkt können noch einige Monate oder sogar bis 2018 durchhalten. Danach wird es schwierig. Viel gewinnen kann man hier nicht mehr.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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