Fundamentale Nachricht
08:02 Uhr, 12.11.2013

Der Aufschwung in den USA ist billig erkauft

Kennzeichnend für das aktuell noch laufende Kalenderjahr war eine Abkehr der Investoren von den Emerging Markets hin zu den nun als „Konjunktur-Lokomotive“ bezeichneten USA.

Wangen im Allgäu (BoerseGo.de) – Kennzeichnend für das aktuell noch laufende Kalenderjahr war eine Abkehr der Investoren von den Emerging Markets hin zu den nun als „Konjunktur-Lokomotive“ bezeichneten USA. Die Aktienmärkte haben dies mit Gewinnen von über 20 Prozent für die Amerikaner goutiert, wohingegen der breite Emerging Markets Index sich nach herben Verlusten im Sommer gerade wieder in Richtung einer schwarzen Null leicht erholt, wie Daniel Zindstein, verantwortlich für das Portfoliomanagement der vier Dachfonds des unabhängigen Finanzdienstleisters GECAM AG, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Ein ernsthafter Betrachter müsse sich jedoch fragen, ob dieses „Wirtschaftswachstum“ wirklich stattfinde. Nach dem für eine Weltmacht unrühmlichen Gezerre um den Staatshaushalt und die Schuldenobergrenze könne man für 2013 noch von einem BIP-Wachstum von rund 1,5 Prozent ausgehen. Für eine Volkswirtschaft mit einem Potenzialwachstum von zwei bis drei Prozent sei das wahrlich nicht beeindruckend. Schaue man hinter die Kulissen, so sei selbst dieser bescheidene Aufschwung billig erkauft, wie auch in den Jahren zuvor seit der Präsidentschaft Obamas. Mit einer Neuverschuldung zwischen zehn Prozent im Jahre 2009, über acht Prozent 2010 und 2011, bis zu vier Prozent des BIP in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von im Schnitt nicht einmal zwei Prozent zu erzielen sei kein Erfolg, sondern als totales Versagen der Regierung zu bewerten. Zum Vergleich, das Maastricht-Kriterium für eine Aufnahme in die Europäische Währungsunion wäre in den letzten fünf Jahren nie erreicht worden, heißt es.

„Doch nicht nur die Höhe der Neuverschuldung und der daraus resultierende bescheidene Effekt für die Realwirtschaft sind enttäuschend. Auch die Gläubigerstruktur hat sich massiv verändert. Waren bislang ausländische Staaten wie China und Japan die größten Käufer und Halter von US-Staatsanleihen (China 1,3 Billionen US-Dollar, Japan 1,1 Billionen US-Dollar), so ist dies nun die eigene Notenbank, die mittlerweile über 2,1 Billionen US-Dollar in Staatsanleihen hält. Mit neu gedrucktem Geld gekauft. Auch wenn die Effekte hieraus sich noch nicht in einer Inflation niederschlagen, so kann auch ein objektiver Beobachter ohne abgeschlossenes Volkswirtschaftsstudium die ungesunde Entwicklung erkennen, so Zindstein.

Mache es nun Sinn in einen solchen Markt zu investieren, über Aktien in die Privatwirtschaft - die sich immerhin viel gesünder zeige, als der Staat – oder über Anleihen, um an der Verschuldungsorgie mitzumachen? US-Aktien seien mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 für 2013 eher teuer, wohingegen deutsche und europäische Aktien mit einem KGV von rund 13 günstig bewertet erschienen. Sei man jedoch weiter von einem Weltwirtschaftswachstum überzeugt, dessen Dynamik zu drei Vierteln aus den Schwellenländern komme, so sollte man sich die Bewertung der dortigen Aktienmärkte einmal objektiv betrachten (KGV 2013: Brasilien 12, China 10, Russland 5, Türkei 10), heißt es.

Vergleiche man die Anleihenrenditen, werde die Diskrepanz noch größer. Für eine Anleihe in Brasilianischen Real mit einer Laufzeit von 2,5 Jahren ausgegeben von der deutschen Staatsbank KfW, erhalte man aktuell eine Rendite von rund neun Prozent pro Jahr. Zum Vergleich, eine zweijährige US-Staatsanleihe rentiert mit 0,31 Prozent. Währungsrisiken gehe man mit beiden Anleihen ein, nur mit dem Unterschied, dass der brasilianische Real in den letzten beiden Jahren bereits 30 Prozent zum Euro abgewertet habe und nun ungefähr auf dem Niveau nach dem Platzen der Rohstoffblase Ende 2008 notiere, wohingegen der US-Dollar seit fünf Jahren mehr oder weniger seitwärts tendiere, so der Kommentar weiter.

„Nach wie vor gehen wir für 2014 von einem globalen Wirtschaftswachstum zwischen drei und vier Prozent aus. Die USA sind unter den Industrieländern sicher eine der dynamischeren Volkswirtschaften, wenn auch mit aus unserer Sicht ungesunder Verschuldung erkauft. Die wesentlichen Treiber des Wachstums sind jedoch nach wie vor die Schwellenländer, allen voran China. Investiert werden sollte deshalb in Unternehmen, die von diesen Wachstumsmärkten direkt oder indirekt profitieren und davon gibt es in Deutschland mehr als anderswo, sowohl große (DAX) wie kleinere Unternehmen (M-DAX). Aber auch Anleihen aus bestimmten Emerging Markets sind unter Chancen-Risiko-Aspekten durchaus wieder interessant, wenn auch mit erheblichen Risiken vor allem seitens der Währung verbunden“, so Zindstein.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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