Ministerium setzt auf Zustimmung zu Kraftwerksgesetz vor Bundestagswahl
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Von Andrea Thomas
DOW JONES--Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Entwurf des Kraftwerkssicherungsgesetzes in die Ressortabstimmung gegeben und drängt auf eine Zustimmung des Parlaments noch vor der Bundestagswahl. Das Gesetz soll den Bau von neuen Kraftwerken für die Energiewende und damit den Strommarkt der Zukunft mit flexiblen Erzeugungskapazitäten auf den Weg bringen.
Nach langen internen Abstimmungen und Verhandlungen mit der EU-Kommission steht nun der Plan, der am 4. Dezember vom Kabinett und im Bundestag noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar beschlossen werden soll, wie es in einem Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. Nach Schätzungen des Ministeriums belaufen sich die Kosten voraussichtlich auf etwa 17 Milliarden Euro über einen Zeitraum von etwa 17 Jahren, von 2029 bis 2045.
Allerdings hat die Union bereits Widerstand angekündigt. Daher dürfte das Gesetzespaket aufgrund der fehlenden Mehrheit der verbliebenen Koalitionspartner SPD und Grüne wohl nicht durch den Bundestag kommen.
Damit droht, dass die erste Ausschreibung für die neuen Kraftwerke wohl nicht 2025 erfolgen kann, wie von der Bundesregierung geplant, sondern wohl erst 2026. Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums sind die Regelungen aber "eilbedürftig", denn der Strommarkt benötige dringend neue flexible Erzeugungskapazitäten, wie es im Papier heißt.
Sicherung der Stromversorgung
Konkret ist geplant, dass im Vorgriff auf einen umfassenden Kapazitätsmechanismus insgesamt 12,5 Gigawatt an Kraftwerkskapazität und 500 Megawatt an Langzeitspeichern ausgeschrieben werden sollen, um die Stromversorgung in Deutschland im Zuge der Energiewende zu sichern. Die ersten neuen Kraftwerke sollten dann 2030 oder 2031 am Start sein.
Zwei Säulen sind im Kraftwerkssicherheitsgesetz vorgesehen. In einer ersten Säule sollen zeitnah 5 Gigawatt (GW) an neuen wasserstofffähigen H2-ready-Gaskraftwerken und 2 GW an umfassenden H2-ready-Modernisierungen ausgeschrieben werden. Die müssten als Beitrag zur schnellen Dekarbonisierung des Kraftwerksparks ab dem achten Jahr ihrer Inbetriebnahme oder Modernisierung auf den Betrieb auf grünen oder blauen Wasserstoff gemäß der Nationalen Wasserstoffstrategie umgestellt werden.
Weitere Ausschreibungen sind für insgesamt 500 Megawatt (MW) Wasserstoffkraftwerke vorgesehen, die von Beginn an mit Wasserstoff laufen, und Ausschreibungen für Stromlangzeitspeicher im Umfang von 500 MW.
In einer zweiten Säule sollen noch einmal 5 Gigawatt neue Gaskraftwerke ausgeschrieben werden, die insbesondere in Dunkelflauten einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten.
Einige Regelungen noch mit Brüssel in der Diskussion
Der Gesetzentwurf enthält kleine Änderungen zu dem Konzept, auf das sich die Ampel-Regierung im Sommer geeinigt hatte. Dazu zählen Sicherheitsleistungen, Realisierungsfristen, die geforderte Effizienzsteigerung bei Modernisierungsvorhaben und die Nähe zum H2-Kernnetz. Zudem ist im Gesetz nun vorgesehen, dass der sogenannte Südbonus für den regionalen Ausbau in Süddeutschland nach den ersten Ausschreibungsrunden evaluiert werden soll. Einige weitere im Gesetzentwurf vorgesehene Regelungen sind noch in der Diskussion, wie es in dem Papier des Ministeriums heißt.
Die Bundesregierung hofft etwa, dass man nach Amtsantritt der neuen EU-Kommission bei der zeitlichen Vorgabe noch mehr Flexibilität erreichen kann, damit Unternehmen in dem Fall noch weiter Gas nutzen könnten, falls nicht genug Wasserstoff verfügbar ist.
Auch hofft das Bundeswirtschaftsministerium darauf, dass die im Dezember ins Amt kommende neue EU-Kommission mehr Flexibilität erlaubt, damit Unternehmen nach einem Umstieg auf Wasserstoff unter bestimmten Bedingungen doch noch einmal zurück auf Erdgas wechseln könnten. Die ausscheidende EU-Kommission hat das abgelehnt. Die Energiebranche hat das aber gefordert.
Netzagentur sieht Zubaubedarf von mindestens 17 GW
Der aktuelle Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zur Versorgungssicherheit identifiziert für Deutschland einen Zubaubedarf von Gaskraftwerken mit einer Kapazitätsleistung von 17 bis 21 GW, so das Ministerium.
Die Förderung des Neubaus der ersten 5 GW H2-ready-Kraftwerke sowie der Umrüstung von 2 GW bestehender Gaskraftwerke, der Wasserstoffsprinterkraftwerke (500 MW) und der Stromlangzeitspeicher (500 MW) soll laut Wirtschaftsministerium durch den Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung finanziert werden, da die Maßnahme primär dem Klimaschutz diene.
Die zweiten 5 GW müssten durch eine Umlage finanziert werden, wie es bei solchen Kapazitätsinstrumenten üblich und auch europäisch vorgegeben ist.
Damit der Umstieg auf Wasserstoff jeweils auch tatsächlich erfolgt, sieht das Gesetz Strafzahlungen und Rückzahlungsverpflichtungen für den Fall vor, dass nach dem Umstiegsdatum weiter Erdgas genutzt wird.
Für den Ausnahmefall, dass das Wasserstoffnetz nicht rechtzeitig anliegen sollte, verschiebt sich die Pflicht zur Wasserstoffverstromung für die H2-ready-Kraftwerke. Sie beginnt erst, wenn auch tatsächlich ein H2-Netz anliegt, wie es in dem Papier heißt.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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