Kommentar
09:59 Uhr, 03.11.2021

Der Aktienmarkt steht an einer entscheidenden langfristigen Schaltstelle

Nun sind selbst Apple und Amazon von Lieferengpässen betroffen. Den Aktienmarkt stört es nicht. Kann diesen Markt überhaupt etwas zu Fall bringen?

Zum ersten Mal machte ich mir über Lieferengpässe im Frühjahr Gedanken und wies daraufhin, dass sie für die Wirtschaft zum Problem werden könnten. In Europa spricht man schon von einer Flaschenhalsrezession. In den USA läuft es nicht besser. Jeder, der etwas produziert oder produzieren lässt, hat Schwierigkeiten. Apple verlor so über 7 % an Umsatz. Der Quartalsgewinn war immer noch stattlich, hätte aber auch noch deutlich höher sein können. Lieferengpässe fressen sich durch die gesamte Wirtschaft. Die hohen Gewinnwachstumsraten bis Ende 2022 erscheinen immer mehr wie Fantasiezahlen. Anleger stört das alles nicht. Ihnen scheint es vollkommen egal zu sein, ob die Gewinne der Unternehmen wachsen oder nicht. Im Normalfall ist das sehr relevant. Letztendlich müssen Aktienkurse von Gewinnen untermauert werden. Ansonsten sind auch sie Fantasiezahlen.

Dass Lieferengpässe für die Wirtschaft zum Problem werden, war eine korrekte Prognose. Persönlich ahnte ich im Frühjahr allerdings nicht, dass Anleger das geringere Gewinnwachstum so souverän ignorieren würden. Anleger agieren ganz nach dem Motto: Wenn die Gewinne nicht wachsen, dann wächst eben die Bewertung.

In diesem Fall steigen die Kurse schneller als die Gewinne und die Bewertung steigt. Mit diesem Ansatz befindet sich der Markt nun an der Grenze zu einer Blase. Bewertung, so sagen viele, spielt heute eine geringere Rolle als vor 20 oder 50 Jahren. Um dem Rechnung zu tragen steigt die Trendlinie und die Grenze zur Über- und Unterbewertung mit der Zeit an (Grafik 1).


Zur Zeit der Internetblase genügte ein KGV von 35, um für eine Überbewertung zu sorgen. Heute ist ein KGV von 39 notwendig. Genau an dieser Stelle befinden wir uns. Um tatsächlich zu einer Blase zu werden, muss der Markt noch etwas weiter ansteigen. Genau darauf kann man kurzfristig auch wetten.

Langfristig endet Überbewertung nie gut. Der Aktienmarkt tendiert im Nachgang entweder lange seitwärts wie zwischen den Jahren 2000 und 2012 oder 1899 und 1920 oder der Markt taucht tief ab wie 1929 (Grafik 2).

An diese Wendepunkte und Trendlinien kann man glauben oder auch nicht. Sie stellen sich allerdings regelmäßig als zuverlässig heraus. Bei Rohstoffen wurde ein solcher Wendpunkte Anfang 2020 erreicht. Seither sind Rohstoffe gegenüber Aktien Outperformer, obwohl auch Aktien gut gelaufen sind (Grafik 3).


Bis Übertreibungen abgebaut sind, dauert es Jahre. Wann auch immer die jetzige Übertreibung ein Ende findet, danach lässt sich jahrelang an der Börse kein Geld mehr verdienen.

Clemens Schmale


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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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