Deka-EZB-Kompass: EZB mit eingeschränkter Sommerpause
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Der EZB-Kompass lag im Juli bei 48,8 Punkten nach 46,1 im Juni. Damit hat sich der Kompasswert in den letzten beiden Quartalen deutlich stärker erholt als von uns erwartet. Im Juli haben dazu mit Ausnahme der Industrieproduktion und der Consensus Inflationserwartungen alle Komponenten unseres Scoringmodells beigetragen. Die wirtschaftlichen Bedingungen sind damit wesentlich gleichgewichtiger als von uns erwartet, sodass der Kompass nun nicht mehr weit von seinem neutralen Niveau von 50 Punkten entfern ist. Die aktuelle Dynamik sollte unserer Einschätzung nach allerdings nicht anhalten. Wir prognostizieren daher sowohl auf 6- als auch auf 12-Monatssicht wieder niedrigere Konjunkturvariablen und niedrigere Kompasswerte.
2. Die Zeiten, in denen die EZB im August ohne Pressekonferenz auskam und ihren Zinsentscheid per Telefonschaltung durchführte, sind eindeutig vorbei. Von Sommerpause oder Sommerloch ist auch dieses Jahr nichts zu spüren. Und dennoch ist derzeit erstmal „Durchatmen“ angesagt. Die großen Themen wie Bankenstresstests, ESFS, Neuregelung der Sicherheitenstandards, Ankauf von Staatsanleihen, Rückzahlung des 12MTenders, Basel III und der Bank Lending Survey sind durch.
Präsident Trichet wird sicherlich auf der Pressekonferenz zu dem ein oder anderen Thema gefragt werden. Statt neuen Antworten ist aber eher das Signal zu erwarten, dass die Entwicklung der Konjunktur, der Geld- und Finanzmärkte und die Konsolidierungsfortschritte der stark unter Beobachtung stehenden Euroländer nun erstmal abgewartet werden muss. Gleichwohl sollte er in den letzten Marktentwicklungen, den Stresstests aber auch in den jüngsten Konjunkturdaten seine Zuversicht bestätigt sehen. Auf der Septembersitzung wird es dann die vierteljährliche Aktualisierung der makroökonomischen Prognosen der EZB-Mitarbeiter geben. Auch die Entscheidung, ob die unbegrenzte Zuteilung der 3M-Tender über Ende September hinaus fortgeführt wird, sollte dann erst gefällt werden.
3. Einer intensiveren Diskussion würdig halten wir die Entwicklung der Kreditbedingungen. Der jüngste Bank Lending Survey der EZB hat gezeigt, dass sich die Lockerung der Kreditstandards im 2. Quartal nicht fortgesetzt hat und für Unternehmenskredite sogar gestiegen ist. Angesichts der Vielzahl an Maßnahmen, die die EZB und die Regierungen zur Stützung des Bankensystems unternommen haben, ist dies ein klarer Rückschlag. Bedenklich ist vor allem, dass insbesondere auch die Liquiditätsposition der Banken als Grund für die schärferen Kreditstandards genannt wurde. Die Umfrageergebnisse reflektieren die auch im Juni noch rückläufigen Unternehmenskredite vor allem bei kurzen Laufzeiten. Die Kreditnachfrage hatte sich dagegen erhöht. Dies als Anzeichen für eine Kreditklemme zu verwenden, halten wir für verfrüht. Die Diskrepanz macht jedoch eine noch längere Zeit sehr expansive Geldpolitik wahrscheinlich. Kritisch analysiert werden sollten vor allem die extrem unterschiedlichen nationalen Entwicklungen bei der Kreditvergabe.
4. Wir gehen daher auch davon aus, dass die außergewöhnlichen Maßnahmen der Geldpolitik wie das Staatsanleihenankaufprogramm und die unlimitierte Zuteilung aller Tendergeschäfte noch weit in das nächste Jahr fortgeführt wird. Daher gehen wir weiterhin von einem langsameren Anstieg der EONIA-Sätze aus, als derzeit am Geldmarkt unterstellt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.