Deka-EZB-Kompass geht inflationsbedingt zurück
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Gesamtergebnis: Der bei 50 Punkten neutrale EZB-Kompass1 ist im September von 69,5 auf 66,2 Punkte gefallen. Der Rückgang ist auf teilweise deutlich gefallene Inflationsraten zurückzuführen. Die Konjunkturindikatoren haben sich dagegen uneinheitlich entwickelte. Während die annualisierte Sechsmonatsrate der Industrieproduktion mit 3,5 % etwas niedriger lag als im Vormonat mit 3,9 %, stieg das Economic Sentiment noch mal an. Der Wert der wirtschaftlichen Analyse fiel von 60,6 im August auf 56,7 im September. Der Score der monetären Analyse fiel von 96,1 auf 94,8 Punkte.
2. Die Rolle der Inflationsschocks: Betrachtet man einzelne Komponente des EZB-Kompass wie den HVPI von 1,8 %, die Outputlücke von 0,1 % und die Finanzpolitik mit -1,5 %, könnte man meinen, dass die EZB an ihrem Ziel angekommen sein müsste und weitere Zinserhöhungen gar nicht notwenig sind. Dies vernachlässigt jedoch, dass die Geldpolitik vorausschauend zu sein hat. Man muss noch nicht einmal die monetäre Säule bemühen, um einen Wiederanstieg der Inflationsraten zu prognostizieren. Basiseffekte werden dazu beitragen, dass die Jahresrate des HVPI im November bereits wieder auf 2,0 % steigt. Die Erhöhung der deutschen Mehrwertsteuer führt dann zu einem Anstieg auf 2,4 % im Januar. Hier stellt sich die prinzipielle Frage, wie die Geldpolitik auf Inflationsschocks reagieren sollte.
Zunächst einmal ist klar, dass steigende Inflationsraten aufgrund von plötzlich steigenden indirekten Steuern oder Rohstoffpreisen nicht verhindert werden können. Genauso klar ist aber auch, dass das Preisniveaustabilitätsversprechen der EZB sich auf den HVPI und nicht auf irgendeine Kernrate bezieht. Sie kann daher nicht argumentieren, dass sie ohne Rohstoffpreisanstieg und Steuererhöhungen ihre Inflationsnorm erreicht hätte. Stattdessen muss sie bei jeder Preiserhöhung, die auf externe und nicht auf konjunkturelle bzw. binnenwirtschaftliche Gründe zurückzuführen ist, prüfen, ob es sich um eine Einmalerhöhung oder um eine trendmäßige Preiserhöhung handelt. Bei der Erhöhung der indirekten Steuern und administrierten Preisen handelt es sich klar um einen Trend, der bereits bei der Überprüfung der EZB-Strategie und der Formulierung der Inflationsnorm offenkundig war. Globalisierungsbedingt schwindet die Möglichkeit der direkten Besteuerung (d.h. der Einkommen), sodass vermehrt auf indirekte Steuern (d.h. des Konsums) ausgewichen wird. Dies hat bereits in den letzten Jahren zu mehreren Tabaksteuererhöhungen in einigen EWU-Ländern geführt. Auch wenn die jeweiligen Steuererhöhungen diskretionär und nicht stetig erfolgen, muss die EZB sie als Teil des normalen Inflationsprozesses sehen.
Bei dem Anstieg der Rohstoffpreise ist es ähnlich. Globalisierungsbedingt steigen diese trendmäßig wenngleich nicht stetig an. Verkürzt ausgedrückt steigen die relativen Preise der Güter, die China importiert (Rohstoffe), und fallen die relativen Preise der Güter, die China exportiert (Fertigwaren). Die Geldpolitik an einer Kernrate auszurichten, die lediglich die gestiegenen Rohstoffpreise von der Gesamtrate abzieht, wäre nicht schlüssig. Höhere Rohstoffpreise sind die Kehrseite der niedrigeren Inflationsraten bei Fertigwaren. Damit wird deutlich, dass die Globalisierung nur einen Schock für die relativen und nicht die absoluten Preise darstellt. Letztere werden weiterhin von der nationalen Geldpolitik bestimmt.
3. Die Geldpolitik in Zeiten der Globalisierung. Die Geldpolitik kann die Erstrundeneffekte von plötzlichen Terms of Trade Veränderungen und der drastischen Mehrwertsteuererhöhung nicht bekämpfen, darf sich aber auch nicht darauf verlassen, dass die Tarifvertragsparteien ihre Inflationserwartungen nicht an die hohen Gesamtinflationsraten anpassen würden. Die Geldpolitik sollte daher lieber zu vorsichtig sein, da die potenziellen Kosten zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit sehr hoch seien. Für die EZB bedeutet dies, dass sie noch stärker auf die Inflationserwartungen achten muss. Das oben dargestellte Schaubild zeigt, dass die gemessen an den inflationsindexierten Anleihen errechneten Inflationserwartungen in den letzten Wochen nur geringfügig zurückgegangen sind und relativ stabil in einem engen Korridor um 2 % liegen. Es wird die Aufgabe der EZB sein, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
4. Zur Sicherung stabiler Inflationserwartungen – und damit indirekt zur Inflationsbekämpfung – wird die EZB diese Woche ihren Leitzins um 25 Bp auf 3,25 % erhöhen. Von der Pressekonferenz erwarten wir eine klare Absage an die Spekulationen, dass eine aktuell niedrige Inflationsrate und eine sich abschwächende Weltwirtschaft weitere Zinserhöhungen unnötig machen. Zum Konjunkturbild der EZB passen würde eher eine Andeutung, dass im nächsten Jahr weitere Zinserhöhungen wahrscheinlich sind. Mit anderen Worten beseitigt der extrem starke Ölpreisrückgang der letzten Wochen nicht die Notwendigkeit steigender Leitzinsen. Im Gegenteil führt er dazu, dass die Rezessionsgefahren in den USA zurückgehen, sodass aus konjunktureller Sicht, weitere Zinserhöhungen verkraftbar sind. Auf Jahressicht erwarten wir einen EZB-Leitzins von 3,75 %.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.