Kommentar
13:00 Uhr, 02.02.2009

Defensiver Bonus-Langläufer mit „Express-Feature“

Bonus-Zertifikate haben sich nicht zuletzt wegen ihrer positiven Seitwärtseigenschaften neben Discountern zu einer der beliebtesten Produkttypen am Zertifikatemarkt entwickelt, auch wenn sie ganz besonders unter den Kursstürzen des vergangenen Jahres zu leiden hatten. 2008 stellte deshalb auch die erste wirkliche Nagelprobe für diese Form des Teilschutzes dar. Zwar konnten die meisten Bonus-Papiere in dieser außergewöhnlichen Marktphase speziell wegen ihrer jederzeit zur Disposition stehenden Barriere zumindest in ihrer Standardversion wenig überzeugen, doch welches andere Finanzprodukt konnte das zuletzt schon von sich behaupten. Schließlich bestand ja immer noch die Möglichkeit, den „Spieß“ mittels eines Reverse-Bonus-Zertifikates einfach umzudrehen und dadurch sogar von der Baisse noch zusätzlich zu profitieren.

So sollte nach dem „Seuchenjahr“ der Stab über den einstigen Seitwärts-Lieblingen noch lange nicht gebrochen werden. Da sich die Struktur eines Bonus-Papiers allerdings aus der Dividende des zugrundeliegenden Basiswertes speist, müssen besonders renditehungrige Anleger in der Regel mit längeren Laufzeiten leben, die auf der anderen Seite aber wiederum die Gefahr eines Schwellenbruchs erhöhen. Dieser Kausalzusammenhang kann von dem neuen, noch bis zum 13. Februar in Zeichnung befindenden Bonus-Express-Zertifikats der WestLB auf den Euro STOXX 50 zwar auch nicht außer Kraft gesetzt werden, doch bietet das mit einer zusätzlichen Express-Komponente ausgestattete Bonus-Produkt zumindest die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausstiegs, sollte der Index an einem der jährlichen Bewertungstage sein Auflageniveau vom 16. Februar 2009 behaupten können. Als Gegenleistung wird dem Investor dafür ein jährlicher Express-Kupon von elf Prozent gutgeschrieben, der sich bis zur Endfälligkeit nach stolzen fünf Jahren auf immerhin 55 Prozent erhöht.

Dies ist die eine Komponente des Kombi-Produktes. Der Bonus-Mechanismus kommt erst dann ins Spiel, wenn das „Express-Feature“ auch das fünfte Mal in Folge am 13. Februar 2013 versagt hat. Dann dreht sich alles ganz „bonustypisch“ um die Unversehrtheit der Barriere während der gesamten Laufzeit, denn auch in diesem Fall käme es mindestens zur Auszahlung der 55-prozentigen Rendite. Sollte der Basiswert im letzten Laufzeitjahr eine starke Rallye auf das Börsenparkett gezaubert haben, wäre wegen des fehlenden Caps sogar eine noch bessere Kursentwicklung möglich. Als Spielverderber könnte sich dabei aber immer noch die Absicherungsschwelle erweisen, die bei dem WestLB-Papier nach Zeichnungsende allerdings bei nur 30 Prozent des Emissionsniveaus festgelegt wird. Der europäische Leitindex müsste also ausgehend von seinem heutigen Stand bei 2.165 Punkten in den nächsten fünf Jahren noch um mindestens 70 Prozent auf rund 650 Punkte fallen, um die Bonusstruktur tatsächlich aushebeln zu können. Ein Niveau, das aus aktueller Sicht wohl nur bei einem absoluten „Rien-ne-va-plus“-Szenario möglich erscheint.

Der BörseGo Tipp:
Das Zertifikat kombiniert Express- und Bonus-Struktur, wobei die extrem niedrige Schwelle die Aufgehenswahrscheinlichkeit des Bonus-Mechanismus nach der langen Laufzeit erhöht. Allerdings weiß heute niemand, was in fünf Jahren sein wird. Außerdem sollten Anleger, die auf eine vorzeitige Tilgung spekulieren, wenigstens mit einer Seitwärtsentwicklung des europäischen Aktienmarktes rechnen. Auf der anderen Seite können anfänglich starke Kursanstiege zumindest während der Laufzeit durch die feste Express-Zahlung nicht entsprechend mitgenommen werden.

Euro STOXX 50 Bonus-Express-Zertifikat
Emittent/WKN: WestLB / WLB2M0
Laufzeit: 20.02.2014
Preis: (in Zeichnung: 05.01.09-30.01.09) Ausgabepreis: 100 % (zzgl. 1 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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