Debatte um Spielwarenproduktion: „Es muss wohl erst eine Katastrophe geschehen“
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Wien (GodmodeTrader.de) - Der Einzelhandel erzielt rund 25 Prozent seines gesamten Jahresumsatzes allein im Weihnachtsgeschäft. Einen großen Teil davon dürften Spielwaren ausmachen – immerhin gehören sie zu den beliebtesten Weihnachtsgeschenken. Zwar nimmt auch in diesem Segment die Nachfrage nach ökologisch und sozial fair produzierten Produkten zu. Bislang bleiben diese aber eine mitunter kostspielige Nische. Insbesondere der Aufstieg Chinas zur globalen Spielwarenfabrik bringt starke Nachhaltigkeitsdefizite mit sich. Aber auch die fünf marktführenden Produzenten Hasbro, Mattel, Bandai Namco, Jakks Pacific und Lego weisen beim Thema Nachhaltigkeit teils erhebliche Defizite auf, wie die Erste Asset Management in einer aktuellen Medieninformation mitteilt.
Das folgende Interview mit Dominik Benedikt, Senior Research Analyst bei der Erste Asset Management, wurde GodmodeTrader freundlicherweise von Erste Asset Management zur Verfügung gestellt.
Herr Benedikt, im direkten Vergleich beispielsweise zur Textilindustrie wird den Arbeitsbedingungen bei Spielzeugherstellern kaum Beachtung geschenkt. Woran liegt das?
Benedikt: Zumindest nicht an besseren Arbeitsbedingungen. Diese sind gerade in Asien weiterhin oftmals katastrophal, vor allem bei den Zulieferern. Zwangspraktika von Schülern sind an der Tagesordnung – und das bei Einsatz von toxischen Substanzen. Den Arbeitskräften ergeht es teilweise sogar noch schlechter als in anderen Branchen. Während in der Elektroindustrie die Industriestandards beispielsweise jährlich verbessert werden, geschah dies in der Spielzeugindustrie zuletzt im Jahr 2010. Das über die Missstände wenig gesprochen wird, liegt vor allem an zwei Punkten. Erstens sind viele Spielzeugfirmen nicht börsennotiert. Das führt dazu, dass es schwierig ist, sie als Investor per Engagement aktiv zu beeinflussen. Und zweitens gibt es eine hohe Unternehmenskonzentration und damit relativ wenig Konkurrenz, die Unternehmen unter Zugzwang setzten würde. Für eine öffentliche Debatte rund um diese Probleme muss wohl erst eine Katastrophe geschehen.
Ist also bis dato keine Besserung in Sicht?
Benedikt: Doch, natürlich gibt es auch wichtige Fortschritte. Viele kleine Hersteller produzieren mittlerweile nach hohen ökologischen und sozialen Standards. Das hat auch große Produzenten wie Hasbro und Mattel angespornt für höhere Arbeits- und Sozialstandards einzutreten. Die Erfolge sind allerdings noch überschaubar: So gab es zum Beispiel bei Hasbro gerade wieder Vorwürfe bezüglich schlechter Arbeitsplatzbedingungen bei Zulieferern in China.
Und wie sieht es beim Thema Nachhaltigkeit aus?
Benedikt: Mit immer mehr Elektronik in Spielwaren steigt auch die Umweltbelastung enorm an. Lediglich Hasbro bietet die Option, ausrangiertes Spielzeug wiederzuverwerten. Auch finden sich immer wieder Schadstoffe im Spielzeug. Zwar landet nicht alles Gift der Produktion auch im Spielzeug. Vor Ort aber bleibt die Umweltbelastung hoch. Positiv ist immerhin, dass regulative Vorgaben in Japan, der EU oder den Vereinigten Staaten Hersteller dazu zwingen, Schadstoffe in der Produktion zu vermeiden, auch wenn diese noch nicht durch ausreichende Kontrollen untermauert werden.
Welche weiteren ESG-Probleme gibt es bei Spielwaren?
Benedikt: Beim Thema Sozialverträglichkeit spielt auch der Datenschutz bei vernetztem Spielzeug eine große Rolle. Gerade Kinder sind diesbezüglich schutzbedürftiger als Erwachsene. Es ist also extrem wichtig, ihre Daten verstärkt zu schützen und unbewusste Käufe zu verhindern. Obwohl auch so vom Gesetzgeber gefordert, geschieht das in der Praxis nicht. Es mangelt vor allem an verantwortungsvollem Marketing. Lediglich Disney und Hasbro stellen positive Ausnahmen dar.
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