Kommentar
07:42 Uhr, 03.12.2015

DAX-Rally ausgelaufen? EZB-Entscheid schon eingepreist!?

Heuten gibt die EZB ihren neusten Entscheid zur zukünftigen Geldpolitik bekannt. Die Erwartungen sind hoch. Vor lauter Vorfreude ist der Dax seit der Ankündigung weiterer Lockerung um 10% gestiegen.

Heute muss die EZB die Karten auf den Tisch legen. In den vergangenen Wochen hat die Notenbank den Eindruck vermittelt, dass sie viel vorhat. Den Euro hat das kräftig gedrückt. Der seit April anhaltende Aufwärtstrend wurde nach unten gebrochen. Gegenüber dem USD verlor der Euro knapp 7%.

Da von Übersee relativ wenige neue Erkenntnisse kamen, kann man recht pauschal sagen, dass der Euro allein aufgrund der Erwartung zusätzlicher Lockerung 7% verloren hat. Der Dax gewann im gleichen Zeitraum 10%. Das sind große Bewegungen und man fragt sich, ob da nicht sogar etwas zu viel eingepreist wurde.

Anleger scheinen in den vergangenen Tagen etwas nervös geworden zu sein, denn der eindeutige Trend der vergangenen Wochen verliert an Dynamik. Es düngt den meisten wohl, dass der Kaufrausch viel vorweggenommen hat und die EZB fast nur enttäuschen kann. Die Betonung liegt auf "fast."

Die EZB hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie auch hohe Erwartungen schlagen kann. Das ist schon zur Gewohnheit geworden. Es wird viel und vollmundig angekündigt und letztlich wird noch mehr geliefert. Aber ist das diesmal überhaupt möglich?

Die EZB wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Einlagensatz von derzeit -0,2% weiter senken. Großbanken gehen von einem Schritt von -0,3% bis -0,4% aus. Wäre das schon alles, dann dürfte der Markt enttäuscht reagieren. Die EZB kann allerdings sehr viel mehr tun als nur den Einlagensatz zu verändern.

Neben der Senkung des Einlagensatzes kann die EZB ihr Anleihenkaufprogramm ausweiten. Im Gespräch ist eine Erhöhung von derzeit 60 auf 75 Mrd. pro Monat. Gleichzeitig kann sie die Dauer des Programms verlängern. Bisher ist ein Ausstieg im Herbst 2016 geplant. Die meisten gehen von einer Verlängerung um 6 Monate bis März 2017 aus.

Wie kann die EZB bei diesen bereits großen Schritten überhaupt noch überraschen? Die Ausweitung des QE Programms wird vermutlich nicht für eine positive Überraschung genutzt werden können. Die EZB kann die Käufe schlecht auf 100 Mrd. erhöhen. Das gibt der europäische Anleihemarkt nicht her und die EZB würde sich damit zukünftigen Handlungsspielraum versagen.

Persönlich kann ich mir vorstellen, dass die EZB bei den Zinsen mehr als gedacht zuschlagen wird. Eine Senkung des Einlagensatzes auf -0,5% bis -0,7% ist durchaus denkbar. Die EZB hat dabei nicht nur den Einlagensatz, den sie senken kann, sondern auch noch zwei weitere Zinssätze. Der Satz der Notfallliquiditätsversorgung (Marginal Lending Facility) könnte von derzeit 0,3% auf 0,1% gesenkt werden (ist eher unwahrscheinlich). Möglich ist eine Senkung des Zinssatzes für die regelmäßigen Auktionen der EZB von 0,05% auf -0,1%. In diesem Fall würden Banken Geld erhalten, wenn sie sich von der EZB Geld leihen. Zugegebenermaßen ist das ebenfalls nicht sehr wahrscheinlich.

Die Wirkung von niedrigeren Zinsen jenseits des Einlagensatzes sind begrenzt. Banken haben tendenziell zu viel Geld als zu wenig. Ein negativer Einlagensatz ist das Instrument, mit dem die Banken am ehesten zu mehr Kreditvergabe gedrängt werden können. Ob sie das wirklich tun, darf man bezweifeln.

Die EZB kann vor allem überraschen, wenn sie eine Maßnahme präsentiert, die noch nicht lang und breit diskutiert wurde. Eine solche Maßnahme wäre der Aufkauf von Krediten. Banken zieren sich mehr Kredite zu vergeben, weil sie das Risiko scheuen und die Margen klein sind. Würde die EZB einen Teil der Kredite direkt in ihre Bilanz nehmen, sähe es wohl anders aus.

Das wäre ein Paukenschlag. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering. Bisher hat die EZB immer wieder überrascht. Vermutlich haben auch deswegen Euro und Dax vor lauter Vorfreude so deutlich reagiert. Wenn allerdings schon die positive Überraschung eingepreist ist, was bleibt dem Markt dann noch?

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6 Kommentare

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  • bembes
    bembes

    Wenn angeblich das "Wort" von Super-Marie genügt den DAX steigen zu lassen, dann braucht er ja nicht mehr zu tun.

    Alles andere werden wir in der Zukunft ( und auch bereits heute...) teuer bezahlen. Aber die Super-EZB-ler wissen ja alles besser. Diese sollen sich mal daran erinnern, was eigentlich die Aufgabe der EZB ist !!!! Sicherlich keine Staatsanleihen zu kaufen und morade Staaten zu finanzieren....Italien läßt grüßen !!!!

    Wo steht eigentlich, dass die Infaltionsrate 2 % betragen muss ???

    Ich bin froh dass diese nur bei 0,5 % ( ohne Lebensmittel) steht so dass die Geldentwertung sich im Rahmen hält.

    Lassen wir mal das Öl wieder steigen, dann kommt automatisch die Infaltion wieder !

    11:14 Uhr, 03.12. 2015
  • Unbedingt
    Unbedingt

    Dann werde ich also heute nachmittag mal auf meine Bank gehen und schauen, ob ich dort gewürgt und geschüttelt werde, bis ich bereit bin, einen Kredit aufzunehmen.

    09:11 Uhr, 03.12. 2015
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Es dünkt mich, das der Landwirt düngt.....kleiner Scherz :-)))

    Wie immer ein sehr guter Artikel.

    08:32 Uhr, 03.12. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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