Kommentar
18:14 Uhr, 03.08.2017

Dauer-Bullenmarkt: Wie viel Benzin ist noch im Tank?

Auf wundersame Weise geht der Bullenmarkt immer und immer weiter, aber wie viel Treibstoff hat der Markt noch, um höher zu steigen?

Noch geht dem Bullenmarkt nicht die Puste aus. Die Luft wird allerdings dünner. Das US-Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal war etwas besser als erwartet. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass der sonst saisonal schwache Sommer die US-Indizes noch nicht berührt hat.

Dass das Wachstum überhaupt so solide war, ist schon überraschend. Die Vorzeichen waren nicht besonders gut. Die US-Wirtschaft ist überproportional vom Konsum abhängig. Dieser schwächt sich ab. Nach einem Rebound Ende 2016 und Anfang 2017 brechen diverse Indikatoren regelrecht ein.

Grafik 1 zeigt dazu eine Zusammenfassung. Die Konsumausgaben im Allgemeinen wachsen wieder langsamer, nachdem sie Anfang 2017 so schnell stiegen wie lange nicht. Der Einzelhandelsumsatz bricht gerade ein. Das zeigt sich auch an der Börse, an der Einzelhandelsaktien wie heiße Kartoffeln fallengelassen werden. Besonders interessant sind die Neubestellungen. Diese waren noch vor kurzem so hoch wie seit dem Rebound nach der Rezession nicht mehr. Den Konsum hat das allerdings keineswegs auf neue Höhen gehoben.

Unternehmen haben sich also ein wenig verschätzt. Es wurde mehr bestellt als gebraucht wurde. Das dürfte die Produktion und den Import von Konsumgütern in den kommenden Monaten hemmen und auf dem Wachstum lasten. Viel Rückenwind ist von Konsumdaten also nicht zu erwarten.

Das ist die kurzfristige Perspektive, doch wie sieht es mittelfristig aus? Mittelfristig trübt sich die Lage weiter ein. Zu erkennen ist das am Konsumentenvertrauen. Für die USA gibt es zwei maßgebliche Indikatoren der Uni Michigan und dem Conference Board. Die Universität Michigan fragt ausschließlich nach der Einschätzung der Konsumenten, was ihre persönliche Situation und die der Wirtschaft anbelangt. Es geht um das persönliche Gefühl wie sich die Lage entwickelt.

Das Conference Board fragt auch nach den Perspektiven des Aktienmarktes. Das sorgt immer wieder dafür, dass dieser Index steigt, wenn der Michigan Index bereits fällt. Läuft der Aktienmarkt gut, so hat das einen durchaus bestimmenden Faktor auf den Gesamtindex. Derzeit läuft die Börse, sodass auch das Sentiment nach wie vor hoch ist.

Kurzfristig ist der Conference Board Index aussagekräftiger, langfristig ist es der Index der Uni Michigan. Divergenzen lösen sich für gewöhnlich zugunsten des Michigan Index auf. Dieser bildet seit zwei Jahren ein Top. Untermauert wird dieses Top von der Dollarschwäche. Die Korrelation zwischen Sentiment und Dollar ist relativ hoch (Grafik 2).


Wenn der Dollar stark ist, können sich Konsumenten mehr leisten. Das liegt daran, dass die USA überproportional viel importieren. Fällt der Dollar, werden Importe teurer. Das gilt für viele Güter des täglichen Bedarfs und fällt entsprechend schnell auf. Die Stimmung kippt.

Für den Aktienmarkt ist ein Trendwechsel beim Dollar von Aufwertung auf Abwertung zunächst positiv, weil die Unternehmensgewinne steigen. Ein Großteil der Gewinne wird bei den Schwergewichten des Marktes im Ausland erwirtschaftet. Wertet der Dollar ab, dann steigen die Gewinne, wenn sie in Dollar umgerechnet werden.

Mittel- bis langfristig ist eine Dollarabwertung ein Signal dafür, dass die US-Wirtschaft weniger gut läuft als andere Wirtschaftsräume. Mit einer Verzögerung von zwei Jahren wird so aus Rückenwind ein leichter Gegenwind. Das wiederum zeigt sich auch in der Korrelation von Sentiment und Aktien. Das Uni Michigan Sentiment fällt meist zwei bis drei Jahre bevor der Markt kippt. Zur Jahrtausendwende bildete sich über drei Jahre ein Top aus. Vor der Finanzkrise war etwas Ähnliches von 2005 bis 2007 zu beobachten. Nun kommt es wieder dazu.

Der Markt hat demnach noch ein paar Quartale Zeit, wenn man die Historie auf die heutige Situation überträgt. Persönlich bin ich mir nicht sicher, ob es wirklich noch mehrere Quartale sind oder ob der Markt nicht schon früher dreht.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • CKT7985
    CKT7985

    Die Analysen und Berichte des Herrn Schmale sind qualitativ top, hervorragend recherchiert, fundiert, belegt und präzise.

    Allerdings macht er nichts anderes als das, was er am Ansatz der FED kritisiert hat. Er analysiert die Datenlage der Vergangenheit und schließt daraus auf die Zukunft und er geht unentwegt davon aus, dass bisherige Korrelationen auch künftig Bestand haben. Herr Schmale, Sie praktizieren genau das, was Sie an der FED kritisieren..

    Zudem scheinen die Beiträge doch auch stark von subjektiven Interpretationen geprägt, die tendenziell negativ bzw. pessimistisch angehaucht sind.

    Folgte man der knallharten Datenlage und dem Meinungsbild, müssten wir wohl längst einen Crash oder massive Rezessionen/Einbrüche erleben, die nahezu täglich von Herrn Schmale herbei geredet werden. Er sollte aufpassen, nicht zu einem Crashpropheten zu verkommen.

    Nichtsdestotrotz sind die Beiträge sehr informativ. Sehr gut analysierte Fundamentaldaten.

    Besten Dank dafür!

    21:03 Uhr, 03.08. 2017
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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