Kommentar
10:50 Uhr, 10.11.2021

Das zuverlässigste Marktorakel glaubt nicht mehr an steigende Kurse

Das zuverlässigste Markorakel ist keine Investorenlegende. Deswegen ist es nicht weniger glaubwürdig. Ganz im Gegenteil sogar, die Zuverlässigkeit ist hoch und die Ampel steht derzeit bestenfalls auf Orange.

Ob Investorenlegende oder Privatanleger, die wenigsten liegen immer richtig. Die meisten liegen sogar häufig falsch als richtig. Das ändert nichts daran, dass es trotzdem alle immer wieder versuchen. Die meisten Prognosen stellen sich im Nachhinein als falsch heraus. In den Medien werden gerne die Meinungen von bekannten Investoren eingeholt. Es muss ja einen Grund geben, weshalb sie bekannt sind… Der Grund ist meist darauf zurückzuführen, dass eine einzige spektakuläre Prognose ins Schwarze getroffen hat. Der gute Ruf bleibt, auch wenn alle weiteren Prognosen nicht zutreffen. Man kann es mit Interesse verfolgen, wenn Investoren über den Markt orakeln. Man sollte aber nicht blind auf das Urteil vertrauen. In den meisten Fällen kommt es nämlich ganz anders. Bei einem Orakel ist das nicht der Fall. Dabei handelt es sich um einen Teil des Marktes selbst, der die Kurse gut prognostiziert.

Die Entwicklung des Aktienmarktes wird konsistent und seit Jahrzehnten vom Anleihemarkt zuverlässig vorhergesagt. Auf den ersten Blick erkennt man das nicht, wenn man die Entwicklung von Anleihen mit der Entwicklung des Aktienmarktes vergleicht (Grafik 1).


Tendenziell zeigen beide in die gleiche Richtung. Anleihen sind dabei auch noch besser als ihr Ruf. Aktien werfen langfristig eine höhere Rendite ab. Sie sind dafür jedoch volatiler und eine Outperformance kann schnell verschwinden. Anfang 2020 im Coronacrash stand der S&P 500 nicht höher als ein Anleihefonds, der in Hochzinsanleihen (Junk Bonds) investierte.

Dies sei nur nebenbei bemerkt. Vielmehr geht es um die Prognoseleistung des Anleihemarktes. Hochzinsanleihen gehen dem Aktienmarkt voraus. Fallen die Kurse von Junk Bonds, aber steigt der Aktienmarkt weiter, ist das ein Warnsignal. Noch interessanter ist es, wenn Anleihen mit guter Bonität weiter steigen, Junk Bonds aber fallen oder seitwärts laufen. In diesem Fall sinkt das Verhältnis von Junk Bonds zu Investment-Grade Anleihen.


Genau das ist aktuell zu beobachten. Die Aussage ist einfach. Anleger ziehen Sicherheit vor und vermeiden riskantere Anlagen. Dieses Verhalten beginnt bei Anleihen. Kurze Zeit später folgt der Aktienmarkt. Das war bei den großen Trendwechseln wie 2007/08 nicht anders als bei Korrekturen (z.B. 2011, 2015/16) oder kleineren Rücksetzern.

Selbst der Rücksetzer im September und Oktober wurde vom Anleihemarkt angekündigt. Derzeit ergibt sich wieder eine leichte Divergenz. Es ist noch zu früh, um darauf zu reagieren. Die Divergenz ist klein und hat gerade erst begonnen. Bis es ernst wird, kann noch ein wenig Zeit vergehen. Die Aussage bleibt dennoch bestehen. Das beste Orakel signalisiert, dass die Luft dünn wird. Derzeit wird allerdings nur ein kleiner Rücksetzer signalisiert. Das ist eine gute Nachricht. Es bleibt zu hoffen, dass es dabei bleibt.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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