Fundamentale Nachricht
13:40 Uhr, 28.09.2018

Das perfekte Pricing: Systematische Diversifizierungsstrategien fürs Portfolio

Die aktuelle Lage an Anleihen- und Aktienmärkten verlangt GAM-Finanzexperte Anthony Lawler zufolge eine stärkere Portfoliodiversifikation.

Zürich (GodmodeTrader.de) - Nach Jahren des Aufschwungs seit der Finanzkrise 2008 wird die Lage an den globalen Anleihen- und Aktienmärkten komplexer, vielschichtiger – und risikoreicher. Angespannte Bewertungen bei Aktien und Anleihen und eine größere Preisstreuung schaffen Anreize für Investoren zur stärkeren Portfoliodiversifikation, wie Anthony Lawler, Co-Head von GAM Systematic, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt. Lawler zeigt auf, wie Investoren mit uneingeschränkten, systematischen Investmentstrategien davon profitieren können. „Vereinfacht ausgedrückt, schaffen stärkere Preisstreuungen mehr Investitionsmöglichkeiten“, unterstreicht der Experte.

In den vergangenen zehn Jahren sei dieses Phänomen eher selten aufgetreten. Die von den Notenbanken in die Märkte gepumpte Liquidität habe die Preise verschiedenster Assetklassen gleichzeitig nach oben getrieben. In diesem Umfeld hätten sich passive Investmentstrategien bewährt, da sich die Assetpreise im Gleichschritt bewegten – Anleger hätten nichts weiter tun müssen, als sich in den Markt einzukaufen und darauf zu vertrauen, dass die Preise weiter steigen würden, heißt es weiter.

„Nun aber treten wir in eine neue Phase: Die Geldpolitik in den USA, Europa und Japan divergiert, wie auch die wirtschaftlichen Wachstums- und Inflationsraten. Das treibt die Preisstreuung unter den verschiedenen Assetklassen an und schafft ein Umfeld, in dem Bewertungsabweichungen sowie Fundamentaldaten wieder relevanter werden. Das ist vor allem für Strategien mit uneingeschränkten Anlageansätzen interessant“, so Lawler.

Für viele Anleger erschienen Aktien und risikoreichere Vermögenswerte aktuell angesichts eines zuletzt kontinuierlich stabilen Wirtschaftswachstums ohne größere vorhersehbare Unterbrechungen als „priced for perfection“. „Doch es mehren sich Risiken wie Handelsprotektionismus, Lohninflation und politische Disruptionen, die zu einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums führen können. Entsprechend zurückhaltend sind Anleger, ihre Risikoposition im Aktienportfolio zu vergrößern“, gibt Lawler zu bedenken. Und auch hinsichtlich der Anleihenmärkte schätzt der Experte, dass Investoren keinen allzu optimistischen Ausblick haben: „Es sei denn, sie gehen davon aus, dass die Zinsen auf minus vier oder minus fünf Prozent fallen“. Zukünftig würden Anleger von niedrigeren Erträgen als in den vergangenen Jahren ausgehen müssen. „Investoren betrachten Aktien als ziemlich hoch bewertet und Anleihen generell als teuer. Daraus wächst insgesamt ein gewisser Druck auf Anleger, die Renditetreiber ihres Portfolios stärker zu diversifizieren.“

Mögliche Antworten auf diese Entwicklung seien eine diversifizierte, systematische Makro-Strategie oder ein uneingeschränkter Multi-Asset-Ansatz. „Diese können das tradtionelle Aktienportfolio ergänzen, während alternative Risikoprämienstrategien in der Regel stetige Erträge erzielen und so einen attraktiven Anleihenersatz darstellen“, so Lawler. Uneingeschränkte Anlageansätze bedeuteten dabei nicht weniger Disziplin, sondern lediglich, dass die Beschränkung durch eine enge Bindung an einen Referenzindex aufgehoben sei. Chancen könnten so über alle Anlageklassen hinweg genutzt werden. In Verbindung mit einem systematischen Ansatz können so Überrenditen über ein breites Anlage- und Risikospektrum angestrebt und Long- wie auch Short-Positionen eingegangen werden. Da systematische Portfolios breiter diversifiziert seien, böten sie im Falle eines anhaltenden Ausverkaufs in der Regel ein ausgeglicheneres Renditeprofil und einen höheren Schutz vor Verlusten, heißt es weiter.

Im Portfoliokontext könnten sich diskretionäre und systematische Anlagestrategien ergänzen. „Diskretionäre Strategien zeichnen sich durch eine relativ kleine Anzahl von Positionen aus, von denen jede einen signifikanten Einfluss auf die Gesamtperformance haben kann. Systematische Strategien investieren in der Regel in eine größere Anzahl von Positionen, bei denen die Recherche einen statistischen Vorteil festgestellt hat. Da die Ertragsquellen divergenter sind, weist das Leistungsprofil eines systematischen Handelsprogramms oft eine geringe Korrelation zu diskretionären Strategien auf“, argumentiert Lawler.

Kernstück und Treiber einer systematischen Investmentstrategie seien Daten. „Wir haben Zugang zu einer Vielzahl unterschiedlicher Daten. Diese reichen von Preisdaten über Fundamentaldaten bis hin zu Informationen darüber, welche Waren Unternehmen auf der ganzen Welt verschicken oder wie voll der Parkplatz eines bestimmten Einkaufszentrums ist. Für Makroinvestitionen können wir Satelliten- und Wetterdaten verwenden, um Ernteerträge vorherzusagen oder den Strom- und Gasbedarf im jeweiligen Versorgungsnetz in Echtzeit verfolgen“, erklärt Lawler. In Zeiten von „Big Data“ bedeute ein Mehr an verfügbaren Daten allerdings nicht gleich einen höheren Informationswert – nicht alle Daten seien für Investitionen nützlich. Die Kunst bestehe vielmehr darin, aus der Datenflut Signalwerte herauszufiltern und auf deren Basis auf die richtigen Märkte zu setzen. Dadurch weite sich der Blick im Vergleich zu einem klassischen diskretionären Portfoliomanager von einigen Dutzend Aktientiteln auf mehrere tausend Titel, heißt es weiter.

„Letztlich sollte man sich das wie folgt vorstellen: Der Mensch kann aus einer Vielzahl Ideen eine oder ein paar wenige ausgezeichnete Ideen verfolgen; das systematische Programm hingegen ist in der Lage, gleichzeitig hunderte gute Ideen auszuwählen“, so Lawler. Eine weitere Stärke des systematischen Ansatzes bestehe darin, dass ein Handelsprogramm seine Meinung im Eifer des Gefechts niemals ändern werde. „Dadurch werden verhaltensökonomische Risiken reduziert oder sogar komplett aufgehoben“, resümiert Lawler.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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