Kommentar
09:38 Uhr, 23.09.2015

Das neue US Notenbank Konundrum

Die US Notenbank sieht sich mit einer Wiederholung des Zinskonundrums (Zinsrätsels) konfrontiert und ist absolut planlos, was sie dagegen tun kann. Die Lösung wäre dabei relativ einfach.

Das alte Zinsrätsel

Nun, was soll man sagen? – Die Zinsen sind wieder nicht angehoben worden. Solange die kurzfristigen Zinsen nicht steigen kann man kaum erwarten, dass die langfristigen Zinsen durch die Decke gehen. Vor allem die langfristigen Zinsen bleiben sehr niedrig. Das änderte sich nur für wenige Monaten im Jahr 2013 als die Fed bekannt gab, dass sie ihr Anleihenkaufprogramm beenden würde. Die langfristigen Zinsen stiegen von 1,6% auf 2,9%. Das war ein großer Sprung nach oben, doch inzwischen hat sich das wieder relativiert.

Die langfristigen Zinsen oszillieren zwischen 1,8% und 2,5%. Je nachdem welchen Maßstab man für die Inflation heranzieht, liegen die Realzinsen bei lediglich 0,5 bis 1%. Eine reale Verzinsung von einem Prozent auf Sicht von einem Jahrzehnt mit der Gefahr, dass die Realzinsen ins Negative driften, ist nicht viel. Es kompensiert nicht einmal ansatzweise für die Risiken, die Anleger tragen.

Wenn die Zinsen am kurzen Ende steigen wird auch das lange Ende folgen. Die Zinsen werden trotzdem niedrig bleiben, vermutlich zu niedrig, da immer noch hohe Summen aus dem Ausland in die USA fließen und durch die hohe Nachfrage nach Anleihen die Zinsen niedrig bleiben. Genau das geschah auch zwischen 2003 und 2005. Während sich die kurzfristigen Zinsen verfünffachten, stiegen die langfristigen Zinsen lediglich von 4 auf 5%.

Dieses Phänomen wurde von der Notenbank als Konundrum, als Rätsel, bezeichnet. Wirklich rätselhaft war die Entwicklung nicht, da man wusste, woran es liegt. Die USA zahlen ihre Importe in Dollar. Da die Importe die Exporte massiv übersteigen, überfluten die USA die Welt mit Dollar, die angelegt werden müssen. Das geschieht auf dem US Anleihenmarkt, der der einzige Markt mit ausreichend Liquidität und Volumen ist, der die horrende Menge an Dollar aufnehmen kann.

Die Entwicklung wird momentan noch verschärft, weil in den anderen großen Währungsräumen weiter an der Niedrigzinspolitik und Gelschwemme festgehalten wird. Dadurch sind die Renditen in den USA attraktiver, selbst wenn sie sehr niedrig sind.

Das neue Zinsrätsel

Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich dieses Zinsrätsel wiederholt. Die Federal Reserve arbeitet in diesen Wochen jedoch noch an einem zweiten Rätsel. Bei der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid in der vergangenen Woche machte die Notenbank mehrere Punkte klar. Die Zinsen werden erst angehoben, wenn sich die Anzeichen für eine steigende Inflation mehren und die Gefahren für die US Wirtschaft aufgrund externer Faktoren gebannt ist.

Die externen Faktoren beschreiben den starken Dollar und die Unsicherheit rund um die Schwellenländer, vor allem China. Aus diesen Gründen will die US Notenbank nicht noch Öl ins Feuer gießen, indem sie die Zinsen anhebt. Würde sie sich trotz allem für einen Zinsschritt entscheiden, dann passiert vermutlich folgendes: der Dollar steigt weiter (Importe werden billiger, was die Inflation dämpft), das Handelsbilanzdefizit weitet sich aus (senkt das Wachstum) und der Markt wäre in Aufruhe (es würde Konsumenten verunsichern und ebenfalls zu einer Dämpfung des Wachstums führen).

Die Notenbank begründet ihre abwartende Haltung in endlos langen Ausführungen. Was sie meiner Meinung nach aber eigentlich sagen will: wir straffen die Geldpolitik solange nicht bis sich das Wachstum im Rest der Welt wieder stabilisiert hat. Das will die Fed so handhaben, weil sie andernfalls mit jahrelangem Vorsprung die einzige Notenbank wäre, die die Geldpolitik strafft. Das weltweite Wachstum würde dann auf Kosten eines langsameren US Wachstums anziehen. Das will die Notenbank nicht. Sie will nicht das Wachstum der Welt finanzieren, sondern will, dass andere Länder aus eigener Kraft auf die Beine kommen.

Aus diesem Zwiespalt ergibt sich nun das neue Rätsel. Die Notenbank droht die Zinsen anzuheben. Das wird sie jedoch nicht tun, solange das weltweite Wachstum schwach bleibt. Dieses wird schwach bleiben, solange die US Notenbank die Zinsen nicht anhebt. Da die effektive Zinsanhebung nicht kommt, bleiben die weltweiten Unsicherheiten bestehen. Das wiederum veranlasst die Fed dazu die Zinsen nicht anzuheben. Der Markt ist verwirrt und verunsichert. Das nährt auch hier eine erhöhte Volatilität, was die Notenbank ebenfalls kritisch sieht und zögern lässt.

Kurz gesagt: die US Notenbank kann die Zinsen nicht anheben, weil sie seit langem droht die Zinsen anzuheben. Diese Drohung hat Verunsicherung ausgelöst, die die Fed erst verschwunden sehen möchte, bevor sie handelt.

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4 Kommentare

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  • Marco Soda
    Marco Soda

    Herr Weygand warum weisen Sie heute nochmals auf diese alte Kamelle hin ?????

    15:22 Uhr, 25.09.2015
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Das Rätsel wird sich wie von Zauberhand selbst auflösen, indem ein einsetzender Vertrauensverlust ins Zentralbakwesen zu rasant steigenden Zinsen führt. Ich vermute das wir diese Entwicklung im Verlauf der nächsten 12 Monate erleben

    06:07 Uhr, 24.09.2015
  • student
    student

    "Aus diesem Zwiespalt ergibt sich nun das neue Rätsel. Die Notenbank droht die Zinsen anzuheben. Das wird sie jedoch nicht tun, solange das weltweite Wachstum schwach bleibt. Dieses wird schwach bleiben, solange die US Notenbank die Zinsen nicht anhebt."

    Dieses Zitat setzt aber voraus, dass die USA die realwirtschaftlich dominierende Volkswirtschaft der Welt ist. Jetzt übernehmen aber die BRICS mehr und mehr die Warenwirtschaft - und die Fed kann es nicht aufhalten, weil die den Dollar gar nicht mehr akzeptieren wollen. Die Lieferverträge zwischen Russland und China werden künftig in Rubel und Yuan lauten.

    Damit wird der Ölhandel immer weniger in Dollar und dem Finanzhandelsplatz NYC abgewickelt. Wer den Trend fortschreibt, wird erkennen, dass die Einflusssphäre von UncleSam schwindet - wodurch sich die massive militärische Aufrüstung erklären lässt . . .

    21:51 Uhr, 23.09.2015
  • P_44
    P_44

    Ach, "conundrum" heißt "Rätsel"? Es gibt eine Folge von Star Trek TNG, die "Conundrum" heißt, und ich ich sehr empfehlen kann! Ok, zurück zu den Aktien ...

    10:36 Uhr, 23.09.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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