Kommentar
07:45 Uhr, 15.07.2015

Das neue Gold?

Gold gilt als sicherer Hafen. Von der hohen Unsicherheit der letzten Wochen hat das Edelmetall jedoch nicht profitiert. Dafür aber konnte ein ganz anderer Wert profitieren. Für viele kommt das überraschend.

Gold werden viele positive Eigenschaften zugewiesen, wenn es darum geht, sich als Anleger gegen Unwägbarkeiten abzusichern. Gold sichert Anleger in zweierlei Hinsicht ab.

Einerseits ist es ein Inflations-Hedge, andererseits kann Gold auch in nicht währungsbedingten Krisen absichern.

Der Inflations-Hedge ist nichts anderes als eine Absicherung gegen Währungsverluste. Woher der Wertverlust einer Währung kommt ist dabei unerheblich. Es können deutlich negative Realzinsen sein, die eine Währung abwerten lassen, aber genauso gut die Notenpresse der Zentralbank oder Kapitalflucht von Investoren wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten.

Ob Zinsen, Kapitalflucht oder Notenpresse – alle führen auf eines hinaus: die Währung wertet ab. Die Inflation kann als Folge steigen, muss aber nicht. Das beobachten wir gerade in Europa. Die Inflation ist trotz der Euroabwertung minimal. Dabei helfen sicherlich auch die niedrigen Rohstoffpreise, doch selbst wenn diese nicht so dramatisch gefallen wären, hätten wir noch immer keine überdurchschnittlich hohe Inflationsrate.
Währungsbedingte Krisen sind nicht der einzige Grund, der für Gold sprechen kann. Es sind auch ganz andere Krisen. In den USA half Gold Anlegern ihr Vermögen zu erhalten, wenn sie in Kriegszeiten auf Gold setzten. Von anderen Anlageformen wie Aktien kann man das nicht behaupten.

Seit 2011 zieht keines der Argumente, um dem Goldpreis nach oben zu verhelfen. Weder ist die Inflation gestiegen, noch sind die Realzinsen so niedrig, dass sie Geld vernichten. An politischen und geopolitischen Risiken hat es nicht gemangelt. Doch auch die Ukraine- und Griechenlandkrise haben Gold nicht aus der seit langen anhaltenden Seitwärtsbewegung reißen können. Im Juni, als sich die Lage in Griechenland besonders zuspitzte, verlor Gold 2%.

Ein ganz anderes Asset gewann im gleichen Zeitraum fast ein Viertel an Wert. Die Rede ist von Bitcoins. Der Anstieg der digitalen Währung in den vergangenen Wochen ist definitiv kein Beweis, dass der Bitcoin als neuer sicherer Hafen gilt. Soviel muss man vorwegschicken. Dennoch ist der Anstieg in genau dieser Zeit bemerkenswert.
Ein Blick auf den Chart (Grafik 1) seit 2013 erweckt nicht gerade den Eindruck eines stabilen Basiswertes. Ende 2013 erreichte der Kurs des Bitcoin gegenüber dem US Dollar mehr als 1.000 USD. Gegenüber dem Kurs nur ein Jahr zuvor war das eine Verhundertfachung. Stabilität sieht anders aus.

Das Tief wurde Anfang 2015 erreicht. Die Währung hatte gegenüber dem USD gut 80% an Wert verloren. Das hilft potentiellen Investoren nicht gerade bei der Vertrauensbildung. Ebenso haben die zahlreichen Skandale und Bitcoindiebstähle von diversen Handelsplätzen nicht geholfen. Als Anleger ist man dadurch abgeschreckt.

Viele fühlten sich durch den Crash des Bitcoins bestätigt. Es ist ganz einfach keine Anlage, sondern reines Spekulationsobjekt ohne intrinsischen Wert. Für viele war klar, dass Bitcoins nicht überleben würden.

So einfach ist es aber nicht. Der Kursverlauf war extrem volatil. Das per se ist jedoch noch kein Argument gegen Bitcoins. Bitcoins befanden sich in einem ganz normalen Hype Zyklus. Grafik 2 zeigt, worum es dabei geht. Jede Übertreibung, jede Preisblase verläuft nach einem sehr ähnlichen Muster. Über Jahre hinweg schaukelt sich etwas auf. Beim Bitcoin stieg der Wert von wenigen Cent auf über 1.000 Dollar. Allein von 2012 bis 2013 verhundertfachte sich der Preis.

Viele Preisblasen, die man beobachten kann, zeigen nicht nur einen ähnlichen Verlauf, sondern sind auch ähnlich ausgeprägt. Man erinnere sich nur an die Aktien von Brennstoffzellenherstellern wie Ballard oder Plug Power. Die Aktien gewannen teils über 1.400%. Aktuell stehen die meisten Kurse 80 bis 90% unter ihren Hochs.

Es lassen sich viele andere Beispiele finden. Der 3D Drucksektor gehörte auch zu den Branchen, die sich in einem klassischen Hype Cycle befanden. Nach über 600% Gewinn läuft der aktuelle Abwärtstrend noch. Die Kurse stehen inzwischen ebenfalls 80 bis 90% unter ihren Hochs.

Die Volatilität, der Boom und das Platzen der Blase allein sagen wenig über den Wert und Zustand einer Branche oder jedes beliebigen anderen Assets aus. So bleiben Brennstoffzellen grundsätzlich als Energiequelle interessant. Auch der 3D Druck wird nicht verschwinden, weil die Aktien 80% an Wert verloren haben.

Man kann argumentieren, dass Bitcoins im Gegensatz zu Unternehmen keinen inneren Wert haben. Das ist absolut richtig. Der einzige Wert, den Bitcoins haben, ist der Wert, der ihnen von Anlegern beigemessen wird. Das ist bei anderen Währungen zumindest teilweise ähnlich.

„Echte“ Währungen haben einige Vorteile, die Bitcoins nicht haben. Hinter Währungen wie dem Euro oder Dollar stehen Staaten, Wirtschaftskraft, Notenbanken und vor allem Zinsen. Diese Faktoren können Vorteile sein, müssen es aber nicht. Die Politik der Notenbanken kann man als Vorteil sehen. In den letzten Jahren kommen daran allerdings immer mehr Zweifel. Notenbanken, Politik und Unternehmen sind dabei das gesamte Geldsystem gegen die Wand zu fahren. Als Vorteil gegenüber Bitcoins würde ich das nicht bezeichnen.

Für Bitcoins gibt es keine Zinsen. Dafür kann die Menge nicht einfach so vermehrt werden. Als Digitalwährung hat der Staat keinen Zugriff auf die Währung, weil sie außerhalb des heutigen Geldsystems existiert. Es liegt nicht bei der Bank auf einem Konto, welches jederzeit einer Kapitalverkehrskontrolle unterworfen werden kann. Ebenso kann der Staat Bürger nicht enteignen, indem er einfach einen Teil der Einlagen auf Konten konfisziert wie es in Zypern geschehen ist.

Bitcoins haben viele Eigenschaften von Gold. Dieser Vergleich wird einigen sauer aufstoßen, keine Frage. Dennoch verbinden Bitcoins und Gold viele Gemeinsamkeiten. Beides hat den Wert, der ihnen von Anlegern zugeordnet wird. Der intrinsische Wert ist gering. Das einzige, was beides wertvoll macht, ist deren Knappheit. Gold und Bitcoins zahlen beide keine Zinsen. Sie sind eine Art Versicherung gegen währungsbedingte Krisen.

Bitcoins sind im Vergleich zu Gold deutlich volatiler. Ihnen kommt auch nicht eine jahrtausendelange Tradition als Geld oder Geldersatz zu. Es ist auch etwas problematisch, dass man Bitcoins im Gegensatz zu Gold nicht einfach in den Tresor legen kann. Man muss auf die Sicherheit einer digitalen Geldbörse vertrauen. Handelt man Bitcoins, dann weiß man nicht, ob sie gestohlen werden. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass so etwas vorkommt.
Einige Probleme sind noch nicht gelöst. Immerhin nimmt die Sicherheit etwas zu. Viele Bitcoin Handelsplätze sind inzwischen reguliert. Das hilft vielen Anlegern nicht, die keine digitale Geldbörse haben wollen. Dafür gibt es inzwischen ebenfalls eine Lösung.

In Schweden wurde die erste Exchange Traded Note (ETN) auf Bitcoins zum Handel freigegeben. Die ETN (ISIN SE0007126024) notiert seit Anfang Juni. Das Timing hätte nicht besser sein können. Seit Anfang Juni steigt der Kurs von Bitcoins.

Grafik 3 ist ein Ausschnitt aus Grafik 1. Es zeigt den Bitcoin Durchschnittspreis. Der Durchschnittspreis wird aus den Kursen mehrerer Handelsplätze berechnet. Das ist wichtig, da die Preise zwischen Handelsplätzen unterschiedlich sind. Die Grafik zeigt zwei Handelsplätze (Lake und Hit), die jeweils andere Bitcoin Kurse haben.

Die ETN trackt den Bitcoin Kurs von 3 Handelsplätzen. Sie bildet einfach den Durchschnitt davon. Der Vorteil an einer solchen Lösung ist, dass man nicht von einem Handelsplatz abhängig ist. Ebenso muss man keine Bitcoins besitzen, um an deren Kursverlauf partizipieren zu können.

Einen großen Nachteil hat die ETN: sie rechnet den Dollarkurs in Schwedische Kronen um. Als Anleger im Euroraum hat man daher gleich noch ein zusätzliches Wechselkursrisiko im Depot.
Bitcoins sind noch jung. Die Volatilität wird bleiben. Wer Bitcoins abschreibt, der ist zu früh dran. Die Digitalwährung hat sich bisher trotz aller Unkenrufe gehalten. Unternehmen wie Goldman Sachs investieren in den Bereich Digitalwährungen und insbesondere Bitcoins. Das tun sie kaum, weil sie Geld verbrennen wollen. An der Story ist etwas dran. Keiner weiß, ob sie ein Erfolg wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch gegeben. Das Risiko bleibt trotzdem hoch. Wer darüber nachdenkt in diesen Bereich zu gehen, sollte nur einen wirklich kleinen Teil seines Depots in einem Bitcoin Tracker halten.

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3 Kommentare

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    Mittlerweile kann man seine Bitcoins auch mit einer Debitvisacard verbinden und so bei Spikes mal kurz am Geldautomaten vorbeischauen. Ist besonders interessant wenn man so wie ich im Ausland lebt und überhöhte Gebühren für Überweisungen gerne vermeidet.

    14:24 Uhr, 15.07.2015
  • 0815
    0815

    Der Hype Cycle passt doch auch gut zu Gold ;) Vielleicht ist das der Grund warum es nicht steigt und auch nicht auf Krisen reagiert :)

    11:18 Uhr, 15.07.2015
  • cylov
    cylov

    Man kann Bitcoins einfach so in den Tresor legen! Dafür muss man die Bitcoins auf ein sogenanntes Paperwallet übertragen. Tatsächlich ist dies eine sehr sichere Art seine Bitcoins zu lagern, weil die Bitcoins offline sind und damit vor Hackerzugriffen geschützt sind.

    09:33 Uhr, 15.07.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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