Analyse
08:21 Uhr, 29.08.2014

Das neue Amazon - Zwei Kandidaten für die Nachfolge

Amazon steigt ab. Anleger wollen endlich wieder Gewinne sehen. Amazon wächst zwar rasant, aber eben nicht profitabel. Als Anleger wünscht man sich, dass von 74 Mrd. Umsatz auch ein paar Millionen Gewinn übrig bleiben

Erwähnte Instrumente

  • Amazon
    ISIN: US0231351067Kopiert
    Kursstand: 340,02 $ (NASDAQ) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Rakuten Inc.
    ISIN: JP3967200001Kopiert
    Kursstand: 9,92 € (Frankfurt) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Amazon - WKN: 906866 - ISIN: US0231351067 - Kurs: 340,02 $ (NASDAQ)
  • Rakuten Inc. - WKN: 927128 - ISIN: JP3967200001 - Kurs: 9,92 € (Frankfurt)
  • Yahoo! Inc. - Kurs: 38,31 $ (NASDAQ)

Lange Zeit war Gewinn für Anleger kein Thema. Die Aktie stieg unaufhörlich. Jedes Quartal, in dem der Umsatz wuchs, der Gewinn aber schrumpfte, wurde mit satten Kurssprüngen gewürdigt. Das ist nun vorbei. Amazon verzeichnete im vergangenen Quartal einen Verlust von 126 Mio. USD. Die Aktie verlor über 10%. Zusätzlich verlangsamte sich das Wachstum. Der Quartalsumsatz lag zwar gut 20% über Vorjahresniveau, aber auf gleichem Level wie im ersten Quartal.

Auf das Problem des unprofitablen Wachstums bin ich auf meinem Experten-Desktop schon häufiger eingegangen und sehe mich bisher bestätigt. Was nützen 100 Mrd. Umsatz, wenn die Marge negativ ist? Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Dann bin ich als Aktionär mit einem Sparbuch besser bedient. Negative Margen vernichten das Vermögen. Bei jungen Unternehmen müssen in den Anfangsjahren Verluste hingenommen werden. Das ist keine Frage. Amazon ist aber schon lange kein junges Unternehmen mehr. Die Aktie wird kurzfristig wieder gekauft. Mittelfristig ist Amazon für mich aufgrund der Strategie ein Verkauf (langfristig bin ich hingegen wieder optimistisch).

Amazon fehlt es nicht nur an Profit, sondern auch an Fokus. Amazon ist in den USA und Europa groß geworden. Das reicht dem Unternehmen nicht. Sie wollen die ganze Welt. Amazon investiert, wo es nur geht. Investitionen gehen in die Erweiterung des Geschäftsmodells und in die geografische Expansion. Das ist teuer. Amazon nimmt es dabei in China vor allem mit Alibaba auf. In Japan ist es Rakuten. Der Erfolg von Amazon hat viele Nachahmer auf den Plan gerufen. Amazon versucht, in deren Kernmärkten trotzdem die Nummer 1 zu werden. Gleichzeitig geht es vom Kerngeschäft in immer fernere Geschäftszweige. Das ist hochriskant. Als Anleger würde ich mir eine Besinnung auf Kernmärkte wünschen. Dazu sollen die aktuellen Geschäftsfelder lieber in die Gewinnzone gebracht werden als immer mehr neue Bereiche hinzuzufügen.

Das Geschäftsmodell von Amazon finde ich nach wie vor bestechend. Es ist nicht mehr wegzudenken und hat auch eine große Zukunft. Wer darauf setzten möchte ist allerdings wohl mit anderen Unternehmen besser beraten. Amazon hat derzeit zu viele offene Flanken. Einige könnten in Zukunft noch dazukommen. Amazon ist in vielen westlichen Märkten Platzhirsch. Mit den zwei internationalen Schwergewichten aus China und Japan könnte Amazon allerdings in den Kernmärkten bald starke Konkurrenz bekommen. Dann muss Amazon nicht mehr nur dafür sorgen, dass die neuen Bereiche entwickelt werden, sondern muss sich auch noch im Kerngeschäft gegen Konkurrenz verteidigen. Das ist keine leichte Aufgabe und wird Amazon mittelfristig unter Druck bringen.

Die Asiaten kommen

Alibaba ist in aller Munde. Das Unternehmen machte 2013 einen Umsatz von 8,4 Mrd. USD. Das ist nur ein Zehntel von Amazons Umsatz. Alibaba konnte dafür aber auch einen ordentlichen Gewinn ausweisen. Dieser lag bei 3,7 Mrd. Das ist eine Profitabilität, die ihresgleichen sucht. Amazon generierte einen solchen Gewinn von 2008 bis 2013 in der Summe. Zugegeben, Alibaba hat ein etwas anderes Geschäftsmodell als Amazon. Mit Gewinnen in der Größenordnung von 3-5 Mrd. kann Alibaba allerdings selbst eine enorme Expansion stemmen und Amazon in den asiatischen Märkten Konkurrenz machen.

Alibaba wird zwar noch nicht an der Börse gehandelt, Bewertungen für das Unternehmen gibt es aber natürlich trotzdem. Der Wert wird auf 150 bis 200 Mrd. geschätzt. Amazon ist aktuell 150 Mrd. wert. Vor wenigen Wochen waren es auch schon einmal 180 Mrd.

Das sind irrsinnige Bewertungen. Fundamental sind Amazon und Alibaba so absurd hoch bewertet, dass es beinahe weh tut. Grafik 1 zeigt einige fundamentale Kennzahlen. Das KGV von Amazon habe ich bei 200 gekappt. Auf Basis der Ergebnisse von 2013 lag es jenseits der Marke von 500. Aktuell schreibt Amazon Verluste. Damit ist das KGV als Bewertungsmaßstab ohnehin hinfällig. Alibaba käme bei einem Wert von 180 Mrd. auf ein KGV von 40. Das ist immer noch deftig. Rakuten, der japanische e-Commerce Gigant, sieht da schon bescheiden aus. Noch dramatischer sieht es beim Preis-Buchwert-Verhältnis aus. Hier kommen Amazon und Alibaba gar nicht gut weg. Das sind Bewertungen wie sie kleine Tech Start-ups vorweisen...

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Im Vergleich ist Rakuten am günstigsten bewertet. Relativ zu Amazon und Alibaba ist es geradezu ein Schnäppchen. Würde man es mit dem Gesamtmarkt vergleichen, dann ist auch Rakuten teuer. Dennoch hat die Aktie am meisten Potential.

Rakuten

Rakuten kann vieles, was Amazon und Alibaba noch nicht können. Die Kernkompetenz ist der Online-Handel. Das Unternehmen hat allerdings auch ein großes Standbein im Banking und Reisesegment. In allen 3 Segmenten wächst der Umsatz mit einer Jahresrate von gut 20%. Das Reise- und Bankingsegment sind stark profitabel. Im Online-Handel ist die Marge leicht negativ (aber besser als bei Amazon). Besonders schön ist, dass sich die drei Bereiche gut ergänzen. Wird ein Kunde über eines der Segmente gewonnen, dann benutzen sie auch die anderen Angebote. Vor allem dieser Erfolg lässt den Umsatz schnell wachsen. Von 2006 bis 2011 lag das Wachstum etwas unter dem langjährigen Durchschnitt.

Die Wachstumsrate ist mit gut 20% höher als die von Amazon, aber liegt deutlich hinter jener von Alibaba. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Online-Shopping-Markt in China noch stark wächst. Zuletzt betrug die Jahresrate fast 40%. Alibaba wächst in diesem Umfeld sogar über dem Marktdurschnitt. Mit diesen Marktwachstumsraten kann Alibaba gar nicht anders als rasant zuzulegen.

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Betrachtet man die Gewinnhistorie, dann sticht auch hier Alibaba hervor. Das Unternehmen lässt die beiden Konkurrenten weit hinter sich. Im Verhältnis zur Marktkapitalisierung ist Alibaba aber nur an zweiter Stelle. Wie in der ersten Grafik gezeigt, liegt hier Rakuten vorne. Amazon baut hingegen den Gewinn, den sie 2010 noch erwirtschafteten, konsequent wieder ab und wird 2014 aller Voraussicht nach in die Verlustzone rutschen.

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Rakuten war auch nicht immer profitabel. Das hat sich nun geändert. Sie haben die Strategie vom Nischen- zum Massenanbieter geändert. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Ich denke, sie werden auch in den kommenden Jahren Wachstumsraten von 20% erreichen können. Der Gewinn dürfte mitziehen. Es gibt aber noch ganz andere Gründe, weshalb Rakuten ein interessantes Investment sein kann. Rakuten ist selbst ein Investor. Sie halten beträchtliche Anteile an Pinterest, der Luxus online-Shopping Plattform AHALife und finanzieren mit 100 Mio. USD das russische Unternehmen Ozon.ru. Ozon ist die lokale Variante von Amazon und wäre in Deutschland mit Zalando vergleichbar. Der Markt wächst mit knapp 30% pro Jahr. Ozon bekommt ein großes Stück vom Kuchen ab.

Es sind solche Investments, die in Zukunft enormen Wert stiften können. Man denke nur an Yahoo und Alibaba. Yahoo finanzierte Alibaba zu Beginn mit und macht damit jetzt einen schönen Reibach. Von diesen potentiellen Cash Cows hat Rakuten einige in den Büchern – weltweit. Rakuten ist mit zwei Unternehmen in China vertreten (La Miu, Tuniu), in Singapur gleich mit drei (ViSenze, Coda Payments, Carousell), in Südkorea mit einem (ESTmob) und in den USA mit Slice Technologies, Pinterest, The Grommet und AHALife. Seit längerem ist Rakuten auch in Thailand vertreten und betreibt dort die größte lokale e-Commerce Seite. Ebenso haben sie ein Portfolio an online Marktplätzen (ähnlich zu Ebay) in mehreren Märkten, darunter Frankreich. Viele Märkte werden nach wie vor mit lokalen Marken geführt. In Großbritannien kaufte Rakuten Play.com, einen online Retailer. Die lokalen Marken werden aber sukzessive einem Rebranding unterzogen.

Rakuten hat bereits eine globale Präsenz und baut diese konsequent aus. Die Bilanz ist stark. Rakuten hat das Zeug dazu das neue Amazon zu werden und Amazon in vielen Bereichen anzugreifen und Marktanteile abzujagen. In vielen Märkten ist Rakuten bereits erfolgreicher Konkurrent. Bei Amazons immer neuen Vorhaben fällt das allerdings bisher noch nicht auf. Im Gegensatz zu Amazon wächst Rakuten profitabel und hat Kernkompetenzen definiert. Ebenfalls hebt Rakuten ab, dass sie über online Banking und online Zahlsysteme verfügen. Das ist ein ganz großer Vorteil gegenüber Amazon, die hier erst beginnen den Markt für sich zu entwickeln. Man denke nur daran wie lukrativ Paypal für Ebay ist.

Bei Rakuten passt vieles an mehreren Stellen. Das Unternehmen ist zudem noch vertretbar bewertet. Das kann richtig groß werden.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    ​Rakuten hatte ich bisher übersehen. Wäre nicht auch VIPshop eine Alternative?

    10:09 Uhr, 29.08.2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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