Das Jahr des Büffels für chinesische Aktien
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China zeigte unter größten Corona-Belastungen eine außerordentliche Widerstandsfähigkeit. Entschlossene Reaktionen auf die Pandemie, eine Wirtschaftserholung nach dem First-in, first-out-Prinzip und eine Outperformance chinesischer Aktien heben auch für das bevorstehende chinesische Neujahrsfest die Stimmung und zeichnen ein positives Bild. Das so genannte Jahr des Büffels dürfte auch China stärken. Gerade bei Aktien gibt es drei Schlüsselthemen – die drei Cs. Überblick:
Solide Gewinne mit Potenzial für technische Unterstützung
Chinesische Aktien können weiterhin ein solides Gewinnwachstum erzielen – auch nachdem sie 2020 mit einem Wachstum im niedrigen einstelligen Bereich besser als andere Märkte abgeschnitten haben. Die Konsenserwartungen für das Gewinnwachstum 2021 liegen derzeit bei 17 % für chinesische Onshore-Aktien und 23 % für chinesische Offshore-Aktien.
Wir gehen davon aus, dass chinesische Aktien auch weiterhin ein hervorragendes Gewinnwachstum bieten werden, besonders wenn sich das Wachstumsprofil von China A-Shares durch den Veränderungstrend bei der Sektorzusammensetzung des Onshore-Markts verbessert. Mehr als die Hälfte aller Unternehmen weltweit, von denen in den nächsten drei Jahren ein zweistelliges jährliches Umsatzwachstum erwartet wird, befinden sich in China; meist sind es China A-Shares. Wir erwarten außerdem einen anhaltenden Zufluss wachstumsstarker Unternehmen in das Universum: Die Anzahl der gelisteten A-Shares hat sich seit 2010 verdoppelt. Bei etwa 30 % aller Börsengänge weltweit seit Jahresbeginn handelte es sich um China A-Shares. Viele davon kamen über den STAR-Markt und ChiNext. Diese beiden Technologiebörsen haben mehr als 1.000 Aktien, die meisten in den Sektoren Informationstechnologie und Gesundheitswesen – mit einem Börsenwert von mehr als 2 Billionen USD.
Attraktiv bewertet
Die Bewertungen chinesischer Onshore- und Offshore-Aktien notieren derzeit bei einem KGV von rund 17 beziehungsweise 16, gemessen an den einjährigen Gewinnerwartungen. Diese Werte liegen zwar nahe dem Höchstwert der historischen Spanne für Offshore-Aktien, jedoch nur knapp über dem langfristigen Durchschnitt für China A-Shares. Wir halten höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse für durchaus gerechtfertigt: Chinesische Aktien bieten ein robustes Gewinnwachstumspotenzial in einem globalen Makroumfeld mit wenig Wachstum und niedrigen Zinsen und die Sektorzusammensetzung verändert sich hin zu höher bewerteten Sektoren. Außerdem sind die Bewertungen im Vergleich zu Aktien aus Industrieländern attraktiv, die zu einem Aufschlag von rund 20 % gegenüber chinesischen Aktien notieren.
Zuflüsse von aus- und inländischen Anlegern bieten technische Unterstützung
Die chinesische Wirtschaft wird 2030 voraussichtlich etwa 37 % des globalen BIP ausmachen. Zum Vergleich: Der heutige Anteil liegt bei rund 18 %. Der Markt für A-Shares stellt bereits 12 % des weltweiten Börsenwerts. A-Shares haben jedoch nur einen Anteil von etwa 5 % am MSCI EM Index und von 1 % am MSCI ACWI Index. Gemessen an ihrer Bedeutung für die Weltwirtschaft und ihrem zukünftigen Wachstumspotenzial ist diese Anlageklasse bei Anlegern unterrepräsentiert. Verschiedene Reformen und Initiativen, um den Onshore-Markt zu öffnen und investierbarer zu machen, haben dazu geführt, dass A-Shares kontinuierlich in globalen Aktienindizes aufgenommen wurden; ihr Anteil am MSCI EM Index könnte sogar 27 % erreichen. Wenn ausländische Anleger ihre China-Allokationen weiterhin im Einklang mit den globalen Aktienindizes aufstocken, wie es 2020 zu beobachten war, könnte dies langfristig zu massiven Zuflüssen in die Anlageklasse führen. Tatsächlich sind aktive globale Aktienfonds derzeit in chinesischen Aktien stärker untergewichtet, als sie es in den letzten 20 Jahren je waren.
Gleichzeitig könnten auch einheimische Anleger eine wichtige Rolle spielen, denn ihre verhältnismäßig niedrigen Aktienallokationen dürften als Reaktion auf weniger Schattenbankenprodukte, Beschränkungen von Eigenheimkäufen sowie ein größeres und besseres Universum steigen – vor allem wenn man bedenkt, dass es zu einer Umlistung von mehr ADR in Hongkong kommen könnte. Dies ist an den rekordhohen Zuflüssen im „Südwärtshandel“ des Stock-Connect-Programms 2020 erkennbar. Das ist ein Trend, der anhalten und die Aktienbewertungen weiter beflügeln könnte.
Volatilität mitdenken – Alpha-Potenzial nutzen
Die Märkte bleiben 2021 aufgrund anhaltender Störungen durch die COVID-19-Pandemie und des weiterhin rapiden Tempos technischer Innovationen in vielen Branchen volatil. Die Dispersion am Markt wird dadurch vermutlich steigen, was für aktive Anleger günstig sein könnte. Chinesische Aktien und insbesondere A-Shares bieten angesichts der in dieser Anlageklasse herrschenden Ineffizienz viel Potenzial zur Alphagenerierung. Mit mehr als 4.000 Aktien ist das Universum der A-Shares zwar der zweitgrößte Aktienmarkt der Welt, doch er wird nach wie vor kaum verstanden, denn mehr als 2.000 Aktien werden von Sell-Side-Researchanalysten nicht beobachtet. Darüber hinaus stammen mehr als 80 % des Umschlags am Onshore-Markt von Privatanlegern, was zu einer Fülle an potenziellen Gelegenheiten zur Alphagenerierung führt. Tatsächlich übertreffen 100 % der Manager chinesischer Onshore-Aktien den Index auf lange Sicht. Dies unterstreicht, dass ein aktiver Ansatz notwendig ist, denn passive Ansätze orientieren sich von Natur aus an der Vergangenheit und können die zukunftsgerichteten Wachstumschancen am Markt nicht vollständig widerspiegeln.
Schlüsselthemen kennen – die drei Cs
Wir investieren nach einem langfristig orientierten fundamentalen Bottom-up-Ansatz, erstellen exakte Finanzmodelle und treten in rund 1.000 Meetings pro Jahr in einen aktiven Dialog mit chinesischen Unternehmen. Aus dieser Bottom-up-Perspektive erkennen wir eine Fülle an Gelegenheiten. Wir sehen vor allem drei wichtige Trends, die die überzeugendsten mittel- bis langfristigen Anlagechancen bieten werden. Kaum überraschend haben diese Themen nicht nur den Stresstest von 2020 überstanden, sondern sind noch stärker daraus hervorgegangen:
- Consolidation – Konsolidierung in klassischen Industriezweigen 2. Collaboration – Zusammenarbeit zwischen Online- und Offline-Volkswirtschaften 3. Corporate Innovation – technologisches Aufholen und Vorantreiben
- Consolidation
Während sich China von einem industrielastigen Wachstumsmodell weg entwickelt, beobachten wir eine anhaltende Konsolidierung in reiferen Sektoren, in denen traditionellere Schwerindustrien angesiedelt sind. Die kurzfristigeren Herausforderungen durch COVID-19 werden voraussichtlich dazu führen, dass schwächere und weniger effiziente Unternehmen schneller von reiferen, gut geführten, dominierenden Unternehmen verdrängt werden, die sich global zu wettbewerbsstarken nationalen Marken entwickeln.
Die sogenannte Premiumisierung von Konsumgüterangeboten trägt den entstehenden Ansprüchen einer massiven Bevölkerungsgruppe von Mittelschicht-Konsumenten Rechnung, die bis 2030 auf 900 Millionen Menschen anwachsen könnte (2019: 620 Millionen). China gehört zu den am schnellsten wachsenden Verbrauchermärkten weltweit und wird in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich die wichtigste Triebfeder des globalen Konsumwachstums sein. Der Gesamtkonsum wird sich in den nächsten 10 Jahren schätzungsweise auf 17 Billionen USD, in etwa die Größe des US-Konsums, verdoppeln. Wohlhabendere Verbraucher verlangen nicht nur höherwertige Güter, der Trend zu mehr Konsumqualität hält seit mehreren Generationen an, sondern auch anspruchsvollere Finanzdienstleistungen, die ihre Bedürfnisse erfüllen.
Die globale Pandemie hat diese Trends beschleunigt. Die höhere Marktvolatilität war günstig für die Handelsvolumina. Durch die angebotsseitige chinesische Unterstützung 2020 konnten die Hersteller von Konsumgütern ihren globalen Marktanteil weiter ausbauen. Wir investieren in Hersteller hochwertiger Haushaltsgeräte und Premium-Spirituosen sowie in exklusive Restaurantketten. Außerdem sind wir optimistisch in Bezug auf führende einheimische Makler, verbraucherorientierte Retailbanken und Versicherungsgesellschaften.
- Collaboration
Die Digitalisierung der chinesischen Wirtschaft und der zunehmende Einfluss der mehr als 400 Millionen technologieaffinen Millennials, die mittlerweile mehr als 30 % der Bevölkerung stellen, verändern das Konsumverhalten in China ebenfalls. Online-Verkäufe beispielsweise machen nun etwa 25 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes aus. Die von der Pandemie verursachten Lockdowns haben diesen Trend durch noch schnellere Akzeptanz weiter beschleunigt und in den nächsten fünf Jahren wird der Online-Einzelhandelsumsatz voraussichtlich eine Marktdurchdringung von rund 40 % erreichen. Online-Giganten, die ihre massiven Datensätze nutzen, um ihre Offline-Ökosysteme auszubauen, und herkömmliche Einzelhändler, die Technologien wie Automatisierung und biometrische Zahlungen einsetzen, um ihre operative Effizienz zu steigern, sind daher am besten aufgestellt, um langfristig die Nase vorn zu haben. Im Fokus: Lebensmittellieferdienste, Online-Shopping-Plattformen, E-Commerce-Lösungen und Logistikanbieter, Social-Media-Firmen, Anbieter von Onlinebildung, Reisebüros und Vergnügungsparks sowie Hersteller von Sportbekleidung und Kosmetik.
Fun Fact: Singles’ Day, der zu den Haupteinkaufsfeiertagen in China zählt, hat 2020 bis zum Ende der Hauptaktionen Umsätze von 76 Milliarden USD erzielt und damit acht Mal so viel wie der US-Einkaufsfeiertag Black Friday. Mehr als 2,2 Milliarden Bestellungen wurden während der 11-tägigen Veranstaltungsdauer getätigt, was in etwa der Gesamtzahl der 2010 in China verschickten Pakete entspricht.
- Corporate Innovation
Jahrzehntelang war Wachstum durch starke Kapitalanhäufung gekennzeichnet. Chinas Rolle wurde als weltweiter Knotenpunkt für kostengünstige Produktion charakterisiert. Durch ausländische Investitionen, die Integration in globale Märkte und einen stärkeren Fokus auf echte Innovation durch einheimische Forschung und Entwicklung (F&E) hat China seine Produktionsmöglichkeiten allmählich verbessert und ist innerhalb der globalen Wertschöpfungskette mit der Hilfe einer enormen Anzahl hoch qualifizierter Studienabsolventen aufgestiegen. Dadurch entsteht Wachstum in den Marktsegmenten Automatisierung, Kommunikation, Elektrofahrzeuge (EV) und Gesundheitswesen.
- Automatisierung: China ist weltweit der größte Markt für Automatisierungsprodukte und stellt etwa 20 % des globalen Angebots an Industrierobotern; es ist auch der am schnellsten wachsende Markt mit mehr als 20 % pro Jahr in den vergangenen fünf Jahren. Chinesische Unternehmen installierten 2018 mehr als 150.000 Industrieroboter, während es in Japan etwa 55.000 und in den USA 40.000 waren. Die globale Nachfrage nach industriellen Automatisierungsprodukten wird von steigenden Arbeitskosten, einem zunehmenden Fokus auf Rentabilität und alternden Bevölkerungen nach oben getrieben. Der Bedarf an Automatisierung als eine Form des Risikomanagements wurde durch COVID-19 noch deutlicher und die höhere Marktdurchdringung des E-Commerce weltweit könnte die Nachfrage von Logistikfirmen noch beflügeln. Wir investieren in führende Hersteller von Steuerungen für Industrieautomatisierung, Lasergeräten, 3D-Druckern und kollaborativen Robotern.
- Kommunikation: China hat zudem jetzt schon weltweit eine Führungsposition in der 5G-Innovation mit einem der größten globalen Marktanteile bei 5G-Patenten und 5G-Ausrüstung. Tatsächlich hat China 2019 das größte 5G-Netzwerk der Welt eingeführt, das über mehr 5G-Basisstationen verfügt als die USA und Europa. Steigende Investitionen und die zunehmende Akzeptanz von 5G in China und anderen Ländern dürften einen gesunden Hintergrund für entsprechende Produkte in verschiedenen Anwendungen wie Automatisierung, autonome Fahrzeuge, Internet der Dinge, künstliche Intelligenz und Notdienste schaffen. China verfügt über ein umfassendes und ganzheitliches 5G-Ökosystem, das unseren Erwartungen nach von dem massiven Ausbau neuer Infrastruktur und der steigenden Konsum- und Industrienachfrage profitieren könnte. Wir investieren in weltweit führende Hersteller von Chipsätzen, CPU, Antennen und Infrastrukturausrüstung für 5G-Anwendungen.
- Saubere Energie: Durch massive Investitionen in F&E haben sich chinesische Batterie- und Batteriekomponentenhersteller zu den wichtigsten Lieferanten der großen Automobilhersteller weltweit entwickelt. Mittlerweile hat China die USA überholt und verfügt über den weltweit größten Solarproduktionssektor. Zudem ist China Preisführer bei Solaranlagen und hat Deutschland als größten Binnenmarkt abgelöst. Deutlich höhere Ausgaben für neue Infrastrukturprojekte wie NEV-Ladestationen und saubere Energienetze zusammen mit Regulierungen, Zuschüssen und Steuervergünstigungen dürften dazu beitragen, dass die lokale Akzeptanz nachhaltigerer Lösungen steigt. Gleichzeitig wird die steigende Akzeptanz von NEV und erneuerbaren Energiequellen weltweit dank Unterstützung auf staatlicher und Unternehmensebene voraussichtlich günstige Voraussetzungen für die Nachfrage schaffen. Wir investieren in weltweit führende Hersteller von NEV-Batterien und Batteriekomponenten, Kfz-Kabel und -Stecker, Antriebslösungen und Solarglasmodule.
- Gesundheitswesen: Neben Innovation und Modernisierung trägt die demografische Entwicklung – Chinas Senioren werden sich bis 2050 voraussichtlich auf 480 Millionen verdoppeln und etwa 35 % der Bevölkerung ausmachen – dazu bei, das langfristige Wachstum im Gesundheitswesen anzukurbeln. Die COVID-19-Pandemie gibt bestimmten Segmenten des Gesundheitswesens zusätzlichen kurzfristigen Auftrieb. Wir investieren in Unternehmen bzw. Hersteller von Medizinprodukten und -ausrüstung, Augenkliniken, Auftragsforschungsinstitute sowie Pharmaunternehmen, die Krebsmedikamente herstellen.
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